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Die Ex-Press

Berufsinformation des DSV e.V.

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Wissenswertes

Unsere Neue Reihe:

Insektizide

Die Zulassung von Insektiziden als

Biozide läuft. Eine kleine Suchanfrage

zu den bislang noch nach der Biozid-

Meldeverordnung gemeldeten Produkten

macht die „Machtverhältnisse“ schnell

klar:

196 Treffer zum Suchbegriff: Deltamethrin, 810

Treffer zu Pyrethrine, und bei Permethrin

steigt die Suchanfrage aus, man

erhält als automatische Antwort

„Es wurden zu viele Einträge ge-

funden. Bitte verfeinern Sie

Ihre Suche“. (Zum Vergleich:

Suchbegriff: Fipronil, – 34

Treffer. BAuA, Datum der

Abfrage, 06. 08. 2015)

Abhängig von den ermit-

telten Risiken wird sich zei-

gen, ob gesonderte Anwen-

dungsbestimmungen, RMM oder

eine gute fachliche Anwendung

die jeweilige Zulassung ergänzt.

Grund genug, unsere neue Reihe

„Insektizide“ mit Pyrethrinen und Pyrethroiden

beginnen zu lassen. In den folgenden Ausga-

ben von DIE EX-PRESS stehen Neonicotinoide

und Carbamate, und schließlich Phenylpyrazole

sowie Methopren und Pyriproxyfen im Fokus.

Pyrethrine und Pyrethroide

Historie

Man blickt auf Jahrzehnte intensiver For-

schung zurück. Ausgangspunkt war in den

späten 1940er Jahren, der Wunsch, die wirk-

samen Inhaltsstoffe von Pyrethrum (Crysan-

themum cinerariae-folium) synthetisch her-

zustellen. Ein erstes Pyrethroid war Allethrin.

Nach und nach kamen in faszinierender Weise

mehr Erkenntnisse hinzu, welche halfen, mit

intelligenter Synthesechemie die Wirkstoffe

an die heutigen Anforderungen anzupassen

(z.B. bezüglich Bioakkumulation, biologische

Abbaubarkeit).

Chemie

Chrysanthemensäure (und Pyrethrumsäure)

sind monocyclische Terpene, streng genommen

Terpenoide, die einen Dreiring enthalten. In Form

ihrer Ester treten diese Verbindungen in den Blü-

ten von Pyrethrum (Chrysanthemum cinerariae-

folium) auf. Bei diesen natürlichen Estern, den

Pyrethrinen hat man schon vor langer Zeit eine

Insektizid-Wirkung erkannt. Gewöhnlich sind die

cis-Isomeren aktiver als die trans-

Verbindungen.

Pyrethroide sind in

ihrer Struktur von der

Grundstruktur der

Chrysanthemensäure

abgeleitete Verbin-

dungen. Durch die

Einführung unter-

schiedlicher funktio-

neller Gruppen konn-

ten Optimierungen

erzielt werden. Mit Del-

tamethrin gelang ins-

besondere deshalb ein

Durchbruch, weil sich das

aktivere Isomer auskristallisieren und

damit im technischen Maßstab isolieren ließ.

Eigenschaften

Gegenüber Pyrethrinen sind diverse Pyre-

throide lichtstabiler, damit wird die Langzeit-

wirkung erhöht. Gerade auch Deltamethrin ist

im Vergleich zusätzlich um ein Vielfaches gün-

stiger als Pyrethrine, was die Wirksamkeit gegen

Insekten im Verhältnis zur Giftigkeit bei Säuge-

tieren anbelangt. In dieser Kombination mit der

höheren Selektivität wird das 1975 gefundene

Pyrethroid so brauchbar.

Anwendungen

Pyrethrine, Tetramethrin, Transfluthrin, al-

pha-Cypermethrin, lambda-Cyhalothrin, Resme-

thrin, Deltamethrin, Permethrin, tau-Fluvalinate

und viele weitere finden weltweit Einsatz in der

Landwirtschaft und im Gesundheitsschutz.

Pflanzenschutzmittel auf der Basis dieser

Wirkstoffe werden gegen saugende und beißende

Insekten verwendet und sichern Ernteerträge.

Eine große Bedeutung kommt der Malariapro-

phylaxe zu. Moskitonetze mit insektizider Aus-

stattung leisten hier einen wertvollen Beitrag.

Aus dem Schädlingsbekämpfungsalltag sind

Pyrethrine- und Pyrethroidhaltige Produkte ge-

läufig, die gegen Fliegen, Schaben, Bettwanzen

oder Vorratsschädlinge wirken und entsprechend

formuliert sind. Pyrethrine sind im ökologischen

Landbau nach Verordnung (EG) 834/2007 zu-

gelassen. Dies betrifft Anwendungen im Vor-

ratsschutz.

Für Verbraucher werden Insektensprays gegen

Fliegen und weitere fliegende und kriechende

Insekten angeboten. Für die Behandlung von

Kopfläusen werden in Apotheken Präparate mit

Pyrethrum verkauft. Schließlich kommen die

Wirkstoffe für die Behandlung von Haustieren

beispielsweise bei Flohbefall zum Einsatz.

Wirkweise

Die Verbindungen gelten allesamt als Kon-

taktinsektizide. Dies bedeutet, dass das Insekt

mit dem Produkt, gespritzt ausgebracht

oder vernebelt in Berührung kom-

men muss. Putzen sich die Tiere,

nehmen sie verstärkt den Wirk-

stoff auf. Daneben existiert

ein „vergrämender Effekt“.

Im Laborversuch meiden bei-

spielsweise Käfer der Art Si-

tophilus zeamais mit Delta-

methrin behandeltes Getreide.

Physiologisch setzt die der

Wirkmechanismus an den Nerven

und Muskelfasern an. Dabei wird

die Durchlässigkeit der Natrium Ka-

näle an den Synapsen erhöht, was die Wei-

terleitung von Aktionspotentialen entlang der

Axone von Nervenzellen beeinflusst. Es kommt

zur Übererregung der Zellen und in manchen

Fällen zur Blockierung der Nerven.

Synergist piperonyl butoxid

Mit dem Verständnis des Metabolismus von

Pyrethrinen und Pyrethroiden erschließt sich

auch die Wirkung (ev. Notwendigkeit) von Pi-

peronylbutoxid und erklärt die Mengenver-

hältnisse bei Produkten mit diesem Zusatz.

Im Organismus ist das Enzym Cyto-

chrom P450 Oxigenase in den Abbau der

Verbindungen involviert. Sowohl das Py-

rethrin oder Pyrethroid als auch Pipero-

nyl butoxid sind Substrate für dieses En-

zym. Piperonybutoxid in ausreichenden

Mengen, blockiert das Enzym. Damit kann

das Gift dauerhaft nicht abgebaut werden. Die

Selektion resistenter Insekten setzt vermutlich

ebenfalls hier an. Eine weitere Rolle spielt die

‚Pyrethroid-Esterase‘. Die Kenntnis dieser Schalt-

stellen hilft bei einem Resistenz-Management.

Pyrethroide und die Naturstoffe Pyrethrine

sind aus der Schädlingsbekämpfung nicht weg-

zudenken. Es existiert eine große Zahl an Ver-

tretern dieser Substanzklasse. Dabei kann man

nur vermuten, dass in den Schubladen der For-

schungs- und Entwicklungsabteilungen der che-

mischen Industrie noch viele weitere Derivate

schlummern und ihrer Evaluierung als Insektizid

entgegensehen.

Strukturformeln:

„Pyrethrine I Structural Formulae.V.1“ von Jü – Eigenes Werk. Lizen-

ziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons – https://commons.

wikimedia.org/wiki/File

:Pyrethrine_I_Structural_Formulae.V.1.svg#/

media/File:Pyrethrine_I_Structural_Formulae.V.1.svg

„Allethrin color“ von Leyo – Eigenes Werk. Lizenziert unter Gemein-

frei über Wikimedia Commons -

https://commons.wikimedia.org/wiki/

File:Allethrin_color.svg#/media/File:Allethrin_color.svg

Terpene sind allgemein flüchtige intensiv rie-

chende Verbindungen – Naturstoffe, die beim

Zerreiben von Pflanzenmaterial freiwerden.

Menthol, Geraniol, Limonen, oft zeigen die

Namen schon den Geruch an. Geraniol findet

auch als insektizider Stoff Anwendung.