Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 75
DIE EX-PRESS
Berufsinformation des DSV e.V. |
Wissenswertes
nicht Einwegkleidung) zu waschen, bzw. durch
einen Dienstleister waschen zu lassen.
Hat die Leiche bereits länger gelegen und ist
bei warmer Witterung verstorben, findet man zu-
nächst Fliegen in großer Zahl. Andere Schädlinge
(z.B. Speckkäfer) stellen sich erst deutlich spä-
ter ein, oder werden gefunden, wenn Sie bereits
vor Ableben der Person in der Wohnung waren.
In solch einem Fall lohnt es sich mit einer In-
sektizidbehandlung zu beginnen. Während der
Einwirkzeit muss sichergestellt sein, dass die
Wohnung in diesem Zeitraum von niemand an-
derem mehr betreten wird.
Im Anschluss kann man mit der Desinfektion
beginnen. Generell ist bei ausgetretenem Blut
immer davon ausgehen, dass dieses infektiös ist.
Die meisten Erreger halten sich in getrocknetem
Blut nicht sehr lange, es gibt aber durchaus ei-
nige Viren und Bakterien, die über mehrere Tage,
auch in getrocknetem Blut, noch ansteckend sein
können. Das Marburg-Virus schafft es beispiels-
weise auf 4–5 Tage, und auch Hepatitis-Viren
halten sich einen längeren Zeitraum. Für diese
Arbeiten sind die Technischen Regeln für Bio-
logische Arbeitsstoffe zu beachten (TRBA 400).
Die BAuA bietet Handlungsanleitungen zur gu-
ten Arbeitspraxis beim Umgang mit Biostoffen,
verweist aber schnell auf die Allgemeinangaben
in der Biostoffverordnung. Als Arbeitgeber muss
man zusätzlich über Nadel- und Schnittverlet-
zungen bei der Tatortreinigung nachdenken.
Einige Firmen setzen Formaldehyd als Des-
infektionsmittel ein und nebeln damit die kom-
plette Wohnung ein. Dazu braucht es allerdings
nicht nur einen Desinfektorenschein oder eine
spezielle Sachkunde nach TRGS 522 (für Formal-
dehyd), auch ist der Einsatz nur in Ausnahmefäl-
len notwendig. Die meisten Erreger lassen sich
mit weniger gefährlichen Desinfektionsmitteln
wie PX-Ornikill oder Kohrsolin abtöten. Lediglich
bei einer Tuberkulose- oder MRSA-Erkrankungen
lohnt sich der Griff zu Formaldehyd. In diesem
Fall wird das zuständige Amt jedoch eine Desin-
fektion anordnen und den Schädlingsbekämpfer
vorab davon in Kenntnis setzen. Die TRGS 522
Raumdesinfektion ist aber vielen Auflagen un-
terworfen, damit andere Personen nicht gefähr-
det werden. Neben der personellen Ausbildung
mit der o.g. Sachkunde, ist auch viel technisches
Gerät erforderlich wie etwa ein Verdampfer zum
Ausbringen und zum Neutralisieren des Formalins.
Da die Desinfektion i.d.R. nur für Stellen
gedacht ist, an denen Körperflüssigkeiten aus-
gelaufen sind, reicht es das Desinfektionsmit-
tel in flüssiger Form, mittels Spritz-, Schaum-
oder Wischverfahren auszubringen. Hat jemand
sehr viel Blut verloren, sollte dieses unter Ver-
wendung von Desinfektionsmittel weggewischt
werden. Dies funktioniert jedoch nur auf glatten
Oberflächen. Auf rauen Oberflächen oder Texti-
lien hilft meist nur die endgültige Entsorgung.
Leichenflüssigkeit oder Blut, das in Matratzen
oder gar den Boden eingesickert ist, lässt sich
im Regelfall nicht entfernen. Eine Entfernung
der kontaminierten Wand- und Bodenbeläge bis
hin zum Entkernen der Wohneinheit ist mitun-
ter die sinnvollste Option. Nicht nur unter Ge-
sundheitsaspekten, sondern auch um den Geruch
loszuwerden. Größere Mengen Blut werden am
einfachsten mit einem Industriesauger für Flüs-
sigkeiten aufgesaugt.
Eine Reinigung der Wohnung ist flächen-
deckend vorzunehmen. In vielen Fällen findet
eine generelle Grundsanierung der Wohnung
statt oder ein zusätzliches Reinigungsgewerk
ergänzt die Arbeiten des Schädlingsbekämpfers.
Den genauen Umfang der Reinigung spricht man
im Vorfeld mit dem Auftraggeber ab. Zumindest
nach bereits verdorbenen Lebensmitteln, die ein
Herd für mögliche Schädlinge darstellen, sollte
Ausschau gehalten werden. Wünscht der Auf-
traggeber eine Reinigung der Wohnung durch
den Schädlingsbekämpfer reichen herkömmliche
Reinigungsmittel vollkommen aus.
Ein größeres Augenmerk verdient die Til-
gung des Verwesungsgeruches. Um diesen so-
weit wie möglich aus der Wohnung zu entfer-
nen, setzt man am besten Geruchsabsorber ein.
Diese kann man entweder im flüssigen Zustand
gezielt ausbringen oder als Beutelform in der
Wohnung aufhängen. Eine weitere Möglichkeit
ist der Verbleib eines Ozon-Gerätes im Objekt,
um einen Effekt über einen längeren Zeitraum
zu erzielen. Da der eigentliche Geruch jedoch
erst nach Entsorgung der kontaminierten Stel-
len, wie Matratze, Kleidung und Bodenbeläge
verschwindet, ist grundsätzlich jede geruchsü-
berdeckende Maßnahme nicht als nachhaltig zu
betrachten. Stoffe wie Vorhänge oder Tapeten
nehmen den Leichengeruch besonders stark auf
und sollte daher entsorgt werden. Spätestens im
Winter, wenn die Heizung in Betrieb genommen
wird, kann der Geruch sehr schnell wieder her-
vorkommen. Um mögliche Appartment-Nachbarn
im Mehrfamilienhaus für eine gewisse Zeit vor
dem Verwesungsgeruch zu verschonen kann man
Maskomal anwenden. Bei der Anwendung sollte
unbedingt niedrig dosiert werden, da der Ge-
ruch mitunter sehr penetrant erscheinen kann.
Ein bis zwei unverdünnte Tropfen sollten in so
einem Fall reichen.
Der gesammelte Müll der Wohnung ist nach
kommunalen Auflagen zu entsorgen. Das gilt ins-
besondere für Gegenstände, die mit Körperflüssig
keiten des Verstorbenen in Kontakt gekommen
sind. In seltenen und extremen Fällen, bei denen
noch flüssiges Fett oder auch Blut aufgesaugt
werden musste, ist die gesonderte Entsorgung zu
betrachten. Infektiöses Blut muss über Müllver-
brennungsanlagen entsorgt werden. Nicht jede
Anlage nimmt diese Art von „Müll“ jedoch an.
Daher sollte sich im Vorfeld informiert werden,
ob eine Müllverbrennung Müll nach AS 18 01 03
(infektiöser Müll) annimmt. Da viele Städte keine
Müllverbrennung oder gesonderte Sammelstelle
anbieten, können von der Stadt Ausnahmen zur
Entsorgung erteilt werden. Für Kleinmengen wer-
de diese in aller Regel auch erteilt. Am besten
informiert man sich bei der Stadtverwaltung wie
die Regelung für die Kommune lautet.
Daniel Altmann
Mitunter sind Fliegen die ersten Hinweise, dass in einem Mehrfamilienhaus etwas passiert ist.