Previous Page  69 / 80 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 69 / 80 Next Page
Page Background

Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 69

DIE EX-PRESS

Berufsinformation des DSV e.V. |

Aktuelles

verlegt werden, so dass problemlos die Möglich-

keit besteht, während der Begasungsphase die

Gaskonzentration dort festzustellen.

Dieser Punkt wird häufig noch viel zu sehr

vernachlässigt, da davon ausgegangen wird, dass

über die Dosierung immer eine ausreichend hohe

Gaskonzentrationen gewährleistet ist. Aber trotz

guter Abdichtungsmaßnahmen muss bei prak-

tischen Begasungen immer mit Gasverlusten

durch Undichtigkeiten gerechnet werden. Hier

spielen auch weitere Faktoren eine Rolle. So kann

die Adsorption an Waren oder die langsame Pe-

netration durch Begrenzungen der Begasungs-

objekte als Beispiele für Verlustquellen dienen,

die in der Praxis immer eine geringere Gaskon-

zentration als die theoretisch mögliche bedin-

gen. Fazit ist aber, nur wenn im Zielbereich der

Begasung eine ausreichende Konzentration vor-

herrscht, kann sicher von einer erfolgreichen Be-

kämpfung aller Schädlinge ausgegangen werden.

In der Praxis kommt der Messung der Gas-

konzentrationen in jeder Hinsicht eine immense

Bedeutung zu. So ist auch die Überwachung der

Gaskonzentration im Umgebungsbereich von be-

gasten Objekten notwendig. Einerseits wird da-

durch die Sicherheit in Bezug auf Arbeits-und

Umgebungsschutz gewährleistet, andererseits

kann dadurch festgestellt werden, ob und in

welchen Bereichen Gas möglicherweise verloren

geht. Zusätzliche Abdichtungsmaßnahmen kön-

nen dann gegebenenfalls durchgeführt werden,

um die notwendige Gaskonzentration im Bega-

sungsgut sicher zu erreichen.

In Abhängigkeit der verschiedenen Para-

meter, die bei Begasungen eine Rolle spielen –

Beschaffenheit des Begasungsguts bzw.

Begasungsobjekts

ausreichende Abdichtung

Temperatur- und Feuchteverhältnisse

Insektenart und deren Widerstandsfähig-

keitsstatus

Insektenentwicklungsstadium

wird deutlich, welche Bedeutung sowohl Dosie-

rung und Einwirkzeit als auch das Monitoring

der Gaskonzentration haben, um allen Unwäg-

barkeiten durch die genannten Faktoren Rech-

nung zu tragen.

Die Erfahrung der letzten Jahre zeigt aller-

dings, dass bei Phosphorwasserstoffbegasungen

häufig mit zu geringen Gaskonzentrationen ge-

arbeitet wurde. Gründe sind in erster Linie wie

erwähnt zu niedrige Dosierungen oder unzurei-

chende Abdichtungsmaßnahmen. Zu kurze Ein-

wirkzeiten bedingen zusätzlich, dass Begasungen

oftmals keine hundertprozentige Wirksamkeit auf

alle Schädlingsstadien erreichen. Es werden zwar

die sichtbaren aktiven Entwicklungsstadien wie

Imagines und Larven noch abgetötet, aber inak-

tivere Entwicklungsstadien wie Eier und Puppen

können die Behandlungen teilweise überleben

und stellen dann die Quelle für einen Neubefall

dar. Im ungünstigsten Fall führt dieser Neube-

fall zur Selektion toleranterer Insektenstämme.

Nun ist es natürlich auch einfach,bei Fehl-

begasungen mit überlebenden Insekten von To-

leranz und Resistenz zu sprechen, obwohl man

oftmals davon ausgehen kann, dass auch die

geringe Berücksichtigung der oben dargestell-

ten anderen Faktoren für eine unzureichende

Wirksamkeit verantwortlich ist. Da wie erwähnt

häufig auch ein angemessenes Gasmonitoring

vernachlässigt wird, ist es oft unmöglich ein-

zuschätzen, warum eine Begasung nicht zum

Erfolg geführt hat.

Bei eingesetzten Dosierungen von 1 bis 2 g

PH

3

/m³, wie sie in einigen europäischen Ländern

ohne entsprechende ausreichende wissenschaft-

liche Grundlagen immer noch empfohlen werden,

ist es nicht verwunderlich, dass eine ausreichende

Wirksamkeit nicht immer gegeben ist.

Um nunmehr einen tatsächlichen Eindruck

über den allgemeinen Toleranzstatus von Insek-

ten gegenüber Phosphorwasserstoff in Europa zu

erhalten, wurde ein in Griechenland begonnenes

Programm auf verschiedene europäische Länder

ausgeweitet. Das auf drei Jahre anberaumte

Projekt beinhaltet in einem ersten Schritt die

Sammlung und die anschließende Überprüfung

von verschiedenen Vorratsschädlingen auf ihre

Toleranz gegenüber Phosphorwasserstoff.

Hierzu werden von ausgesuchten und inte-

ressierten Institutionen wie Begasungsunter-

nehmen, Mühlen, Lagereibetrieben etc. in den

Ländern Deutschland, Frankreich, Italien, Spani-

en, Ungarn, Großbritannien, Polen, Tschechien,

Bulgarien und der Türkei Insektenproben gesam-

melt. Die Sammlung ist in der Art organisiert,

dass an die Mitwirkenden eine bestimmte Anzahl

Probenbehälter mit einer entsprechenden Anlei-

tung verteilt wurde (Abb. 4). Sie sind angehalten

aus allen Bereichen zu begasender Vorratsgüter

mit Insekten befallenes Vorratsgut an die Uni-

versität von Thessaly in Griechenland zu senden.

Das dortige Institut für Entomologie und land-

wirtschaftliche Zoologie unter Leitung von Pro-

fessor Christos Athanassiou gehört zu einem der

führenden Institutionen in Bezug auf entomo-

logische Forschung im Vorratsschutzbereich. An

der Universität werden die eintreffenden Proben

ausgewertet und mit den erhaltenen Insekten

Zuchtstämme herangezüchtet. Diese sollen dann

anschließend mit verschiedenen Prüfmethoden

auf ihren Toleranzstatus gegenüber Phosphor-

wasserstoff im Vergleich zu normal sensitiven

Stämmen getestet

werden.Um

ein aussagekräf-

tiges Ergebnis zu erhalten, werden in jedem der

beteiligten Länder zwischen 50 und 100 Proben

gesammelt.

Ziel soll sein, einen Eindruck zu bekommen,

inwieweit Toleranzen gegenüber Phosphorwas-

serstoff in Europa vorhanden sind. Sollten Tole-

ranzen in verstärktem Maß festgestellt werden,

wäre auch interessant, ob über die Lokalisie-

rung möglicher Häufungen eventuell Korrelati-

onen zur dortigen Begasungspraxis hergestellt

werden können.

In einem weiteren Schritt des Forschungs-

projekts sollen die verschiedenen Prüfmethoden

zu Resistenz und Toleranz verifiziert werden, um

zukünftig die Möglichkeit zu geben, den Faktor

der Toleranz gegenüber Phosphorwasserstoff

besser einordnen zu können.

Wie bereits erwähnt, ist Phosphorwasserstoff

eine der wenigen Substanzen, die für die Be-

kämpfung von Vorratsschädlingen noch verfüg-

bar sind. Insofern sollte alles dafür getan wer-

den, diesen Wirkstoff zu erhalten. Daher kann

dieses Projekt möglicherweise Hinweise geben,

wie Anwendungen hinsichtlich Dosierung und

Einwirkzeit in Zukunft weiter optimiert werden

können und nicht durch fehlerhaften Einsatz

langfristig eine weitere Möglichkeit für erfolg-

reichen Vorratsschutz aufs Spiel gesetzt wird.

Dr. Gerhard Jakob,

Detia Freyberg GmbH

Abb. 4: Sammelbehälter der Studie

Magnesiumphosphid

Aluminiumphosphid

Umgebungs-/Warenfeuchte

Umgebungs-/Warenfeuchte

Phosphorwasserstoff

Phosphorwasserstoff

pulverförmige Reaktionsprodukte

pulverförmige Reaktionsprodukte

Mg

3

P

2

AlP

6 H

2

O

3 H

2

O

2 PH

3

PH

3

3 Mg(OH)

2

Al(OH)

3

+

+

+

+

Temperatur

Temperatur

Abb.3: Chemische Umsetzung und Freisetzen des PH

3