Rechtsberatung
Pflicht zur Neudeckung eines
Hausdaches aufgrund erheblicher
Blendung des Nachbarn wegen
lasierter Dachziegel
Geht von den lasierten Dachziegeln des
Nachbarhauses eine erhebliche Blendwirkung
aus, so kann das Bauamt den Nachbarn ver-
pflichten das Dach vollkommen neu zu decken.
Dem beeinträchtigten Grundstückseigentümer
kann ein darauf gerichteter Anspruch gegen das
Bauamt zustehen.
(Verwaltungsgericht Baden-Württemberg,
3 S 1654/06)
In dem hier entschiedenen Fall hatte ein
Grundstückseigentümer sein Dach mit lasierten
Dachziegeln eingedeckt. Sowohl die Baugeneh-
migung, als auch die örtliche Bauvorschrift sa-
hen jedoch nicht reflektierende Materialien vor.
In der Folgezeit ging von
dem neugedeckten Dach bei
Sonnenschein eine so erheb-
liche Blendwirkung aus, dass
der Grundstücksnachbar ein
Einschreiten der zuständigen
Baubehörde verlangte. Die
Baubehörde lehnte jedoch ein
Einschreiten ab.
Nachdem der Widerspruch
dagegen erfolglos blieb, erhob
der Nachbar Klage. Das Verwal-
tungsgericht wies zunächst die
Klage ab. Es meinte, der Nach-
bar könne sich mit Jalousien,
Markisen, Sonnenschirmen und Bepflanzungen
ausreichend gegen die Sonnenreflektion schüt-
zen. Die hiergegen eingelegte Berufung hat-
te Erfolg.
Das Berufungsgericht hob das erstinstanz-
liche Urteil auf mit der Begründung die Deckung
mit lasierten Dachziegeln sei rechtswidrig. Zum
einen sei dies durch die Baugenehmigung nicht
gedeckt gewesen und zum anderen habe dies
auch der örtlichen Bauvorschrift widersprochen.
Die örtliche Bauvorschrift diene zwar nicht dem
Nachbarschutz, allerdings habe die Dacheinde-
ckung gegen das nachbarliche Rücksichtnahme-
gebot verstoßen.
Dem Nachbarn sei es nicht zuzumuten sich
durch geeignete Abschirmmaßnahmen gegen
die vom Dach ausgehende Lichtimmissionen zu
schützen. Dem Nachbarn stehe daher ein An-
spruch auf Einschreiten der Behörden zu.
Hauseigentümer hat Anspruch
auf Dachziegel in der Farbe der
Photovoltaikanlage
Hat ein Hauseigentümer einen Anspruch
auf Errichtung einer Photovoltaikanlage auf der
Südseite des Daches, so hat er zugleich einen
Anspruch auf Dachziegel in der Farbe der Pho-
tovoltaikanlage. Die Baubehörde muss ihm da-
her eine Befreiung von der entgegenstehenden
örtlichen Bauvorschrift erteilen.
(Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg,
8 S 2417/05).
In dem der Entscheidung zugrunde liegen-
den Rechtsstreit wollte ein Hauseigentümer sein
ganzes Dach in der Farbe der Photovoltaikanlage
decken und beantragte eine entsprechende Zu-
lassung. Die Anlage war grau-schwarz und be-
fand sich auf der Südseite des Daches. Da die
örtliche Bauvorschrift die Dachziegelfarbe rot
bis rot-braun vorschrieb, lehnte die zuständige
Behörde den Antrag ab. Hiergegen richtete sich
die Klage des Hauseigentümers. Die Berufung
der Behörde wurde zurückgewiesen.
Das Gericht führte zunächst aus, dass der
Hauseigentümer einen Anspruch auf die Instal-
lation einer von der Dachfarbe abweichenden
schwarz-grauen Photovoltaikanlage zugestan-
den habe.
In der Folge seien Abweichungen von Bau-
vorschriften zur Verwirklichung von Vorhaben
zur energetischen Einsparung zuzulassen, wenn
die Abweichung mit öffentli-
chen Belangen vereinbar ist.
Sind solche Anlagen aus tech-
nischen Gründen nicht in roter
oder rot-brauner Farbe erhält-
lich, so müsse die Abweichre-
gelung auch die Farbvorgabe
in der örtlichen Bauvorschrift
erfassen. Nach Auffassung des
Verwaltungsgerichtshofes stehe
es im Widerspruch wenn Photo-
voltaikanlagen auf den Dächern
des Baugebietes zugelassen
werden, die nur in schwarz,
schwarz-grau oder schwarz-
blau erhältlich sind und dennoch eine rote bis
rot-braune Dacheindeckung gefordert wird.
Streitverkündung – was ist das?
Streitverkündung ist ein Mittel des deutschen
Zivilprozessrechts mit dem ein bisher nicht Be-
teiligter – ein sogenannter Dritter – förmlich von
einem anhängigen Prozess benachrichtigt wird.
Durch die Streitverkündung wird die Beteiligung
des Dritten an einem bereits laufenden Prozess
herbeigeführt. Der Zweck ist die Bindung des
Dritten an die Entscheidung dieses Prozesses
im Hinblick auf einen etwaigen Folgeprozess
gegen den Dritten.
Anlass der Streitverkündung ist, dass eine
Partei in dem laufenden Prozess einen für sie
ungünstigen Ausgang befürchtet, andererseits
aber erwarten kann einen Anspruch gegenüber
dem Dritten geltend machen zu können.
Der Streitverkündete, also der Dritte, dem
der Streit verkündet wurde, kann dem Streit auf
Seiten des Klägers oder des Beklagten beitreten.
Er kann den Streit auch weiter verkünden, ohne
ihm selbst beitreten zu müssen.
Beispiel für eine Streitverkündung durch
den Kläger: Der Auftraggeber nimmt einen
Handwerker wegen eines Mangels in Anspruch.
Dieser wendet ein, es läge in Wirklichkeit ein
Planungsfehler des Architekten vor. In diesem
Fall empfiehlt es sich für den Auftraggeber dem
Architekten den Streit zu verkünden.
Beispiel für eine Streitverkündung durch den
Beklagten: Der Käufer macht gegenüber dem
Bauträger Mängel geltend. Dieser verkündet dem
Subunternehmer den Streit. Sollte der Käufer mit
seiner Gewährleistungsforderung obsiegen, hat
der Bauträger einen Anspruch gegenüber dem
Subunternehmer.
Ob die Streitverkündung als solche zulässig
war, wird erst im Folgeprozess geprüft.
An einem Bauvorhaben sind meistens meh-
rere beteiligt, wie zum Beispiel der Architekt,
der Statiker, verschiedene Bauunternehmer oder
Baubetreuer oder andere Sonderfachleute.
Deshalb ist es häufig schwer zu ermitteln wer
für einen Schaden verantwortlich ist.
So kann es sein, dass mehrere Verursacher
für den selben Schaden alternativ verantwortlich
gemacht werden können, ohne dass eine Partei
Rückgriffansprüche gegenüber einem Dritten
hat. Außerdem kommen Ausgleichansprüche aus
§426BGB wegen gesamtschuldnerischer Haftung
in Betracht. Deshalb kommt es im Bauprozess
häufig zu einer Streitverkündung im Sinne von
§72 ZPO. Wird der Streit verkündet, kann man
dem Rechtsstreit beitreten. In diesem Falle kann
der Intervenient (also derjenige, der dem Streit
beigetreten ist) Angriffs- und Verteidigungsmit-
tel vorbringen.
Tritt der Streitverkündete nicht bei, so wird
der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortge-
setzt. Er kann sich dann allerdings in einem Fol-
geprozess nicht mehr darauf berufen, dass der
Rechtsstreit falsch geführt worden ist.
Zusammenfassung: Zur Streitverkündung
könnte man auch sagen, man lädt einen Dritten
ein, dass er dem Prozess beitritt, da er etwas
zur Sache sagen kann. Der Streitverkündete kann
sich aussuchen, ob er mitmachen möchte oder
nicht. In dem Fall gilt jedoch das Ergebnis des
Prozesses dann für oder gegen ihn. Also egal,
ob er dabei war oder nicht.
Das bedeutet, dass er möglicherweise für ei-
nen Schaden im Vorprozess verantwortlich ge-
macht wird und tritt er dann nicht dem Prozess
bei, um sich beispielsweise zu verteidigen, so
muss er in dem eventuell folgenden Schaden-
ersatzprozess gegen sich gelten lassen, dass er
im Vorprozess als Schadensverursacher festge-
stellt wurde.
Es schreibt
für Sie
RA Albrecht W.
Omankowsky
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Schützen & Erhalten · Dezember 2013 · Seite 25