EU-konforme Typisierung von Bekäm-
fungsmitteln gemäß DIN EN 14128
Die DIN EN 14128
[1]
ist keine Prüfnorm, son-
dern eine Anforderungsnorm. Sie wurde geschaf-
fen, um europaweit die Bewertung des - über
die einzelnen Wirksamkeitsprüfungen ermit-
telten – Abtötungserfolgs zu vereinheitlichen.
Sie schreibt dem Hersteller von Bekämpfungs-
mitteln weiterhin eine nach Schadorganismus
aufgeschlüsselte Angabe zur Wirkungsgeschwin-
digkeit (schnell, langsam und verzögert wirkend)
in Abschnitt 5.2.2 vor:
„5.2.2 Es sind die folgenden Typen von in-
sektiziden Produkten zu berücksichtigen:
– schnell wirkende Produkte;
– langsam wirkende Produkte;
– Produkte mit verzögertem Effekt.“
[1]
und zeigt in Tabelle 1 , wie die Auslobung der
Wirksamkeit aussehen sollte:
Die zeitliche Abgrenzung bis zum Erreichen
der geforderten Mortalität ist für jeden Mittel-
Typ ebenfalls klar definiert (siehe Tabelle 2).
Die DIN EN 14128 fordert und ermöglicht
eine transparente, nach Schadorganismus spe-
zifizierte Auslobung der Wirkungsgeschwindig-
keit. Auch die in dieser Norm festgelegten Be-
griffsdefinitionen zur schnellen und langsamen
Wirksamkeit sind eindeutig:
„3.6 schnell wirkende Insektizide
– Insekten bekämpfende Produkte, die bei
Anwendung des geeigneten Prüfverfahrens
den geforderten Abtötungserfolg inner-
halb einer Zeitspanne von 3 Monaten er-
reichen“
[1]
„3.11 langsam wirkende Insektizide
– Insekten bekämpfende Produkte, die bei
Anwendung des geeigneten Prüfverfahrens
den geforderten Abtötungserfolg innerhalb
einer Zeitspanne von mehr als 3Monaten
aber nicht mehr als einem Jahr
erreichen“
[1]
Die Bekämpfungsmittel mit schneller und lang-
samer Wirksamkeit enthalten als Wirkstoff ent-
weder synthetische Pyrethroide (Kontakt-Insek-
tizide) oder Häutungshemmstoffe (Fraßgifte).
Während bei den synthetischen Pyrethroiden die
Wirkungsgeschwindigkeit über die Konzentration
des Insektizids gesteuert wird, benötigen die Häu-
tungshemmstoffe grundsätzlich die längeren Prüf-
zeiten. Diese Wirkstoffgruppe muss sich zunächst
im Körper der Larven anreichern; erst wenn eine
Mindestkonzentration in den Tieren erreicht ist,
wird die Häutung der Larven erfolgreich verhin-
dert
[2,3]
und die gewünschte Mortalität erreicht.
Auch die verzögerte Wirksamkeit ist in der
DIN EN 14128 klar definiert:
„3.4 Bekämpfungsmittel mit verzögertem Effekt
– Produkte, die nicht dahingehend entwi-
ckelt wurden, auf die Zielorganismen eine
unmittelbare Wirkung auszuüben sondern
die entwickelt wurden, erst in einem spä-
teren Stadium des Lebenszyklus zu wirken,
z.B. zum Zeitpunkt des Ausschlüpfens aus
dem Holz“
[1]
und ist beschränkt auf die Wirksamkeit gegen
den Gemeinen Nagekäfer durch Verhinderung
des Käferschlupfs (siehe Tabelle 2). Für den
Hausbockkäfer existiert keine adäquate Prüf-
norm. Die zusätzliche Minderung der Tragfähig-
keit, die die Larven des Hausbockkäfers bis zu
ihrer Verpuppung verursachen, wird allgemein
als nicht hinnehmbar betrachtet.
Bei den Bekämpfungsmitteln mit verzö-
gerter Wirksamkeit handelt es sich i. d. R. um
wasserbasierte Systeme auf Basis synthetischer
Pyrethroide und mit relativ hohem Wirkstoff-
gehalt. Die verpuppungsreifen Larven des
Gemeinen Nagekäfers legen direkt unter der
Holzoberfläche eine „Puppenwiege“ an und
bereiten so ihren Schlupf als Käfer vor. Die
Bekämpfungsmittel mit verzögerter Wirksam-
keit nutzen dieses Verhalten und legen eine
insektizide Sperrschicht im oberflächennahen
Bereich des behandelten Holzes an. Auf die-
sem Wege werden entweder die Larven bei der
Anlage ihrer Puppenwiege und/oder die Puppe
mit Kontakt zum Insektizid und/oder der ge-
schlüpfte Käfer in der insektiziden Sperrschicht
abgetötet. Es ist allgemein akzeptiert, dass
bei einem geringfügigen Befall die zusätzliche
Minderung der Tragfähigkeit, die von den Lar-
ven bis zu ihrer Verpuppung verursacht wird,
hinnehmbar ist.
Für alle Bekämpfungsmittel-Typen kann da-
von ausgegangen werden, dass der gemäß EN
14128 innerhalb der Prüfzeit ermittelte Abtö-
tungserfolg nur bedingt in die Praxis übertragen
werden kann. Nur selten wird am Bekämpfungsob-
jekt ein vollständiger Abtötungserfolg innerhalb
der Zeit erreicht, die unter Laborbedingungen
gemäß Prüfnorm ermittelt wurde. In der Praxis
kann davon ausgegangen werden, dass ein voll-
ständiger Abtötungserfolg bestenfalls nach der
gemäß Norm angewandten Prüfzeit erreicht wird.
Er sollte sich aber erfahrungsgemäß spätestens
nach der zweifachen Prüfzeit eingestellt haben.
Dieser Zeitrahmen liegt für alle drei Bekämp-
fungsmittel-Typen innerhalb der gesetzlichen
Gewährleistungsfristen. Wird er überschritten,
dann sollte die sachgemäße Verarbeitung des
Mittels überprüft und/oder eine kritische Be-
trachtung der Eignung des Bekämpfungsmittels
vorgenommen werden.
Typisierung von Bekämpfungsmittel
gemäß DIBt
Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt)
bewertet die Eignung von Holzschutzmitteln, die
für die Anwendung im bauaufsichtlich geregelten
Bereich vorgesehen sind. Fester Bestandteil des
Zulassungsverfahrens ist eine gesundheitliche
und umweltbezogene Bewertung der Mittel durch
die zuständigen Behörden. Zur Beurteilung der
technischen Eignung sind die Bewertungskrite-
rien in den „Zulassungsgrundsätzen für Holz-
schutzmitteln“
[7]
festgelegt.
Eine äußerst fragwürdige Gleichstellung von
Hausbock und dem Gemeinen Nagekäfer findet
sich in Abschnitt 4.3.1 dieser „Zulassungsgrund-
sätze für Holzschutzmittel“:
„4.3.1 Allgemeine Prüfbedingungen ...
– ... für Wirkstoffe, von denen bekannt ist,
dass sie sowohl für Hausbock und für An-
obien wirken, genügt eine auf den Haus-
bock ausgerichtete Prüfung.“
[7]
Es ist seit über 30 Jahren bekannt, dass ältere
Larven des Gemeinen Nagekäfers gegenüber Pyre-
throiden deutlich weniger empfindlich reagieren
als die des Hausbockkäfers
[8]
und – mit Perme-
thrin als Insektizid – etwa 50% mehr Wirkstoff
für einen Abtötungserfolg benötigt wird. Mit der
Festlegung in Abs. 4.3.1 ermöglicht das DIBt
Beispiel für ein System zur Beschreibung der Wirksamkeit eines Bekämpfungsmittels gegen Käfer
Tabelle C.1
Insektenart
Hylotrupes (C-H)
Anobium (C-A)
Hylotrupes und
Anobium (C-I)
Typ des Bekämpfungsmittels:
schnell wirkend
o
o
o
langsam wirkend
o
o
o
mit verzögerter Wirkung
o
o
o
Wirksame Menge
g/m² oder ml/m²
xxx
xxx
xxx
Schadinsekt:
Hausbockkäfer
(Hylotrupes bajulus L.)
Gemeiner Nagekäfer
(Anobium punctatum De Geer)
Prüfnorm:
DIN EN 1390
DIN EN 48
DIN EN 370
Prüfzeit (in Wochen)
Prüfzeit (in Wochen)
Prüfzeit (in Wochen)
Bezeichnung
der Wirkungs
geschwinddigkeit
gemäß
DIN EN
14128
gemäß
RAL-GZ
830
gemäß
DIBt
gemäß
DIN EN
14128
gemäß
RAL-GZ
830
gemäß
DIBt
gemäß
DIN EN
14128
gemäß
RAL-GZ
830
gemäß
DIBt
schnell wirkend 12
12 oder
24
12
8
8 oder
16
12
langsam wirkend 24
nicht
vor
gesehen
52
16
nicht
vor
gesehen
52
verzögert wirkend nicht
vor
gesehen
52
52
max. 52 max. 52 52
Fachbereiche
Sachverständige
Tabelle 1: Beschreibung der Wirksamkeit von Bekämpfungsmitteln (aus: DIN EN 14128)
[1]
Tabelle 2: Gegenüberstellung der Anforderung an die Wirkungsgeschwindigkeit der verschiedenen
Bekämpfungsmittel-Typen gemäß DIN EN 14128, RAL-GZ 830 und DIBt.
Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 23