Editorial
Sehr geehrte DHBV-Mitglieder,
ein Jahr der Veränderungen ist vorüber.
Veränderungen in der Welt, in Europa, in
Deutschland, in unserer Branche und in
unserem Alltag.
Der Sommer war beherrscht von der großen Sor-
ge über unsere Zukunft aufgrund der Griechen-
landkrise. Wer erinnert sich heute noch nach
den schrecklichen Ereignissen in Frankreich an
diese Bedrohung? Danach rückte die weltweite
Flüchtlingswelle aus Krisen- und Kriegsgebieten,
die uns alle mehr oder weniger betroffen hat, in
den Fokus der Öffentlichkeit.
Zwischendurch gab es noch innerdeutsche
Themen, wie die „Selbst“Zerlegung unseres größ-
ten Automobilherstellers mit dem Risiko, dass
unser Konjunkturmotor, welcher die Automobil-
industrie seit mehreren Jahrzehnten ist, erlahmt.
Vor dem Hintergrund der damit zu befürchtenden
Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft er-
scheint das Zerreden des Sommermärchens 2006
geradezu als eine unbedeutende Randnotiz.
All diese Themen wurden nun durch die
schrecklichen und verabscheuungswürdigen Er-
eignisse in Paris überlagert. Im Zusammenhang
mit diesen Taten, die durch nichts zu entschul-
digen sind, hat mich die Weltsolidarität mit den
Betroffenen in Paris und in Frankreich am mei-
sten beeindruckt. Der Ausspruch: „Je suis Paris
– Ich bin Paris“ bringt alle Gefühle, Gedanken,
Wünsche und auch Ängste in aller Deutlichkeit
zum Ausdruck.
Es ist zu befürchten, dass die terroristische
Bedrohung und die damit verbundene Angst vor
Anschlägen und Attentaten unseren gewohnten
Alltag nachhaltig beeinflussen werden. Aber
wir, unsere Gesellschaft und unser Wille unser
Leben und unsere Freiheit zu verteidigen, sind
stärker wie die verwerflichen Ideologien einzel-
ner Gruppen. Umso wichtiger ist es, die Dinge,
auch wenn sie vermeidlich sehr dicht nebenei-
nander liegen, nicht zu vermischen und klar zu
unterscheiden. So sind die Verbrechen in Paris
und das Flüchtlingsthema klar voneinander zu
trennen. Man sollte hier immer daran denken,
dass diese Menschen genau aus diesen Gründen
zu uns gekommen sind, weil sie einerseits un-
sere Art zu leben begrüßen und andererseits vor
den Zuständen in ihrem eigenen Land fliehen.
Jeder, der seine Heimat verlässt, tut dies nicht
freiwillig bzw. wird von den Umständen dazu
getrieben. Neben der gezeigten Willkommens-
kultur ist es aber wichtig, auch innerhalb einer
Integration in unser Wertesystem und unsere
Spielregeln des Miteinanders eine entsprechende
Gastkultur zu erwarten.
In der deutschen Wirtschaft, im Bauge-
werbe und auch im Holz- und Bautenschutz ist
seit mehreren Jahren der Fachkräftemangel ein
großes Problem. Dies ist zum einen begründet
durch die geburtenschwachen Jahrgänge und
zum anderen hat es seine Ursachen in der Abkehr
unserer Jugend vom Lehrberuf. Das Handwerk
ist hier besonders stark betroffen, da wir nicht
mehr den gesellschaftlichen Stellenwert wie in
der Vergangenheit haben. Deshalb gibt es seit
einiger Zeit die Imagekampagne des Handwerks
unter Führung des ZDH, der wir uns als DHBV
aktiv angeschlossen haben. Sie hat das Ziel, die
Wichtigkeit des Handwerkes wieder in der Gesell-
schaft aufleben zu lassen und stemmt sich da-
mit gegen den gesellschaftlichen Trend, der die
besseren Zukunftsperspektiven im Studium und
nicht in der handwerklichen Ausbildung sieht.
Da aber keine Gesellschaft ohne eine gleichmä-
ßige Aufgabenverteilung existieren kann, ist
es wichtig, duale Studiengänge, in denen Stu-
dium und Handwerk zusammengeführt werden,
zu etablieren und das Interesse der Jugend am
Handwerk zu fördern.
Neben diesen Bemühungen, die wichtig sind
und auch sehr aktiv betrieben werden, muss man
aber auch neue Wege zur Sicherung der hand-
werklichen Zukunft gehen. Einer dieser Wege
ist die Öffnung des Handwerks für Flüchtlinge,
Asylbewerber und Geduldeten mit guter Bleibe-
perspektive. Das Baugewerbe kann hier aktiv die
Integration erleichtern und gleichzeitig die vor-
handenen Potentiale für den Arbeitsmarkt und
für die Fachkräftesicherung nutzen. Damit kann
die Ausbildung ein wichtiger erster Schritt für
eine erfolgreiche Integration der Zuwanderer in
die deutsche Gesellschaft sein.
Auch wir im Holz- und Bautenschutz haben
in unseren Unternehmen Probleme, die zurzeit
sehr gute Auftragslage und den damit verbun-
denen Arbeitsanfall mit den vorhandenen Fach-
kräften zu bewerkstelligen. Wenn man sich nun-
mehr den Altersdurchschnitt unserer Mitarbeiter
in unseren Unternehmen genauer betrachtet,
weiß man, dass sich diese Probleme in der Zu-
kunft noch verschärfen werden. Wie also kön-
nen wir junge Menschen für unseren Beruf und
unser Gewerk finden und sie dafür begeistern?
Wie schwierig dies ist, sehen wir als Verband an
unseren Ausbildungsstandorten. Unser Stand-
ort in Weimar, mit optimalen Bedingungen,
um eine qualitativ hochwertige Ausbildung im
Holz- und Bautenschutz sicherzustellen, ist in
diesem Jahr aufgrund fehlender Auszubildender
geschlossen worden. Daher haben wir am Ende
des Jahres eine Initiative gestartet, am Ausbil-
dungsstandort Weimar eine Ausbildungsklasse
aus Zuwanderern zu etablieren. Wir hoffen, dies
mit Beginn des neuen Schuljahres im Sommer
2016 zu erreichen, um Flüchtlingen eine Chan-
ce zu eröffnen und damit gleichzeitig unserer
Branche neue Fachkräfte zu sichern. Mit all den
Facetten unseres Ausbildungsprogramms, wie
Gesellenausbildung, Meisterausbildung, Techni-
ker, Bachelor, Vorarbeiter sowie den zahlreichen
Qualifikationslehrgängen, haben wir immerhin
eine durchgehende Berufsperspektive mit be-
sten Zukunftsaussichten zu bieten.
An dieser Stelle möchte ich mich bei Ihnen
allen für das gewährte Vertrauen in meine Per-
son als Ihren Verbandspräsidenten bedanken.
Ich freue mich sehr auf die bevorstehenden
Herausforderungen im Team mit allen aktiven
Mitstreitern, amtlich sowie auch ehrenamtlich.
Auch ihnen danke ich für ihren Einsatz, das ge-
zeigte Engagement, ihre unaufhörliche Energie
und Kreativität.
Nun bleibt mir zum Schluss, Ihnen allen, Ih-
ren Familien und Angehörigen sowie Ihren Part-
nern und Mitarbeitern ein paar besinnliche Tage
und ein frohes Weihnachtsfest zu wünschen. Ich
wünsche Ihnen ebenso herzlich einen guten Start
ins neue Jahr 2016 und freue mich schon jetzt
Sie auf der einen oder anderen Veranstaltung un-
seres DHBV im kommenden Jahr wiederzusehen.
Ihr Verbandspräsident
Gero Hebeisen
Foto:
123rf.com· Rashid Valitov