Schützen & Erhalten · Dezember 2016 · Seite 77
Die Ex-Press
Berufsinformation des DSV e.V. |
Wissenswertes
Neue Köderausbringung im Kanal
Köder gehen in der Kanalisation
verloren
Ratten sind in abwassertechnischen Anla-
gen schwer zu kontrollieren. Sie finden in der
Abwasserkanalisation gute Lebensbedingun-
gen vor und sie stellen als mögliche Überträger
vieler Krankheiten ein hygienisches und volks-
gesundheitliches Problem dar. Die Bekämpfung
von Ratten erfolgt entweder in Eigenregie durch
die kommunalen Betriebe, oder durch speziali-
sierte Fachbetriebe aus der Schädlingsbekämp-
fungsbranche. Bei dieser Bekämpfung der Schad-
nager werden größere Mengen an Rodentiziden
eingesetzt.
Offizielle Zahlen für den Einsatz von Roden-
tiziden im Kanal in Deutschland liegen nicht
vor. So wurden aber beispielsweise in einer mit-
telgroßen Stadt in NRW (ca. 50.000 Schächte,
Fläche ca. 300 km²) gemäß den Angaben des
Betreibers in einem Jahr mehrere Tonnen Ro-
dentizid in dessen Kanalnetz eingebracht. Dies
erfolgt im Sinn einer koordinierten Bekämpfung
in wiederkehrenden Maßnahmen und ist stell-
vertretend für viele Städte in Deutschland. Es
ist zu vermuten, dass ein Teil der Köder verloren
geht und nicht bis zur nächsten Kontrolle erhal-
ten bleibt oder in der Zwischenzeit von Ratten
gefressen wurde. Die so verlorenen Rodentizide
gelangen früher oder später in die Umwelt, was
natürlich unerwünscht ist.
Neue Boxensysteme können Eintrag
in die Umwelt minimieren
Eine neu entwickelte Technik der Firma ball-
b aus Schwaig bei Nürnberg kann helfen, diese
Gefahren für Mensch, Tier und Umwelt zu mini-
mieren. Dabei werden insgesamt deutlich weniger
Rodentizide zum Einsatz gebracht und trotzdem
die gesamte Rattenpopulation in einem befal-
lenen Gebiet eliminiert.
Die eingesetzten Rodentizidköder werden
nicht mehr wie bisher im Kanal eingehängt,
sondern in einer Köderschutzbox mit dem Na-
men ToxProtect
®
fixiert. Diese Kunststoffboxen
werden mit einer Haltevorrichtung dauerhaft im
Einstiegsschacht zum Kanal befestigt (Bild 1).
Bei Bedarf, wie z. Bsp. bei wechselnden Einsatz-
orten, Reparaturarbeiten im Schacht etc. kann
die ganze Box schnell aus dem Schacht entnom-
men werden, indem sie einfach aus der Befesti-
gungsschine an der Wand ausgeklinkt wird. Sie
ist somit auch kein störendes Hindernis für die
im Schacht arbeitenden Personen.
Durch eine Schwimmerkugel am Boden sind
die Köder bei Regen und steigendem Wasserpe-
gel vor dem Eintrag in den Abwasserstrom gesi-
chert. Dadurch bleiben sie länger attraktiv und
länger verfügbar. Die eingesetzten Ködermateri-
alien werden nicht mehr weggespült, zerfallendes
Ködermaterial wird aufgefangen und ein Eintrag
in die Umwelt ist deutlich verringert.
Sensortechnik protokolliert die
Besuche am Köder
Die ToxProtect
®
hat aber noch weitere ent-
scheidende Merkmale. Über einen Sensor wird
die Aktivität am Köder protokolliert. Die Elek-
tronik der ToxProtect
®
ist nach ATEX (Zone 1)
zum Betrieb in Abwasserkanälen zugelassen. Per
Funksignal können die Besuche der Schadnager
auch bei geschlossenem Kanaldeckel abgerufen
werden. Die dadurch gewonnenen Erfassungs-
daten werden dokumentiert und dienen als
Grundlage für die weitere Maßnahmenplanung
wie z. B. erneute Schachtbelegung, Köderwech-
sel, Einschätzung von Resistenzen etc. Auch ist
mit der ToxProtect
®
ein dauerhaftes Monitoring
möglich, ohne dass direkt Rodentizide einge-
setzt werden müssen.
Die Ködereinheit (Bild 2, im Deckel gelb)
kann mit einem Teleskopstab getauscht werden.
Dadurch lässt sich das Rodentizid kontrollieren
oder tauschen, ohne dass ein Mitarbeiter in den
Schacht hinab muss.
Weitere Informationen zu ToxProtect
®
finden
Sie auf der Webseite des Herstellers
Ein Gastartikel des Produktherstellers,
ball-b GmbH & Co KG.
Anmerkung der Redaktion:
Dies ist eine interessante Erfindung, die si-
cherlich ein wenig Beachtung finden sollte. Wenn
es jetzt verschiedene (erleichterte) RMM für be-
stimmte Rodentizide gäbe, die einem bereits ver-
ringerten Risiko durch technische Maßnahmen
wie die oben vorgestellte Köderbox Rechnung
tragen, haben wir auch wieder die Möglichkeit
zur Innovation.
Das Umweltbundesamt ist in seiner Risikobe-
wertung bei Zulassungen und Rezertifizierungen
grundsätzlich aufgeschlossen, die RMM für einge-
schränkte Einsatzgebiete, wie etwa Innenrauman-
wendungen oder Kanalbelegung zu überdenken.
Hier würde ein deutlich niedrigeres Expositions-
zenario für die Umwelt Spielraum für Erleichte-
rungen in der Anwendung bieten. Man habe bis-
her nur keine entsprechenden Zulassungsanträge
von der Industrie erhalten, heißt es seitens der
Behörde. Dazu müsste dann natürlich auch die
Gute fachliche Anwendung (GfA) mit den dort
vorgegebenen Zeiten angepasst werden.
Wer über Montagearbeiten von Ködern und
Köderstationen in engen Räumen (= sobald der
Kopf im Kanal verschwindet) nachdenkt, sei an
die Arbeitsschutzmaßnahmen der DGUV Informa-
tion 213-001 – Arbeiten in engen Räumen (bis-
her: BGI 534 und BGR 117-1) erinnert. Neben der
notwendigen Fachkunde zum Freimessen des Ar-
beitsplatzes von möglichen (giftigen) Faulgasen
ist während der Arbeit ausreichende Sauerstoff-
zufuhr sicherzustellen.
Köderschutzbox im Schacht montiert
Köderschutzbox mit Schwimmer unten (schwarz) und
tauschbarem Ködersegment (gelb)
Die Aktivität der Köder kann ausgelesen werden, ohne dass dazu der Kanaldeckel
geöffnet werden oder eine Person in den Schacht steigen muss.
(Foto: Sebastian Mies)