Schützen & Erhalten - page 16

das Reinigen der Schnittfuge und gegebenen-
falls die Herstellung eines Glattstriches, um das
vollflächige Aufliegen der Sperre sicherzustellen.
Anschließend wird die Sperrschicht eingelegt und
die Restfugen mit einem geeignetem Mörtel kraft-
schlüssig verfüllt.“
7)
Allgemein gilt, dass ein wirtschaftlicher Ein-
satz der Seilsäge in Bruchstein- und Mischmau-
erwerken erst ab einer Sägetiefe von ca. 50 cm
sinnvoll ist, da der erhöhte Anschaffungspreis
gegenüber einer Wandsäge und das Einrichten
der Maschinen hohe Rüstzeiten erfordert, die
aber bei erhöhten Wanddicken deutlich schnel-
lere, höhere Schnittleistungen erzielen.
Ergänzend zu maschinell geführten Sägen wie
der Wandsäge und der Seilsäge bieten
handge-
führte Spezial(ketten)sägen
den großen Vor-
teil, dass sie ohne Sägeschienen oder Umlenkrol-
len auskommen. Damit sind Sägearbeiten unter
beengten Verhältnissen in Ziegel- und Sandstein-
Mauerwerke mit diesen Elektrohandkettenfräsen
möglich. Zeitaufwendige Rüstzeiten (Schienen/
Umlenkrollen) fallen bei dieser Art der handge-
führten Mauerkettensäge nicht an.
Mauersägearbeiten sind
Traditionsverfahren
Das Mauersägeverfahren ist eine etwa 100
Jahre alte Technik zur Erneuerung der Sperrebe-
nen im Mauerwerk. Unser Verbandsmitglied In-
golf Georgy aus Blankenhain- Niedersynderstedt
stellte den Artikel der Zeitschrift für Volkskunde,
ländliche Wohlfahrtspflege, Heimat- und Denk-
malschutz „Badische Heimat“ aus dem Jahr 1914
zur Verfügung, der die Anfänge des Mauersäge-
verfahrens am Objekt des Münster von Überlingen
detailgetreu beschreibt.
8)
Im Jahre 1910 bekam der
Architekt Hans Kriner den
Auftrag in Überlingen am Bo-
densee das
„auf unsere Tage
gekommene“
altehrwürdige
Münster zu sanieren. Nach
gründlicher Begutachtung
stellte sich heraus, dass die
Mauern des Münsters in Über-
lingen aus dem weichen Mo-
lassesandstein erbaut wurden,
„der von den umliegenden Hö-
henzügen gebrochen und her-
beigeführt worden ist“.
Dieser Sandstein weist in der Regel eine ge-
ringe Härte und ein lockeres Gefüge auf, kann
nur wenig Druck und Witterungsprozessen stand-
halten. Bemooste, abgeblätterte, von
„Mauersal-
peter und Steinfraß“
zermürbte Werksteine der
Mauern und Säulen, waren ein deutliches Zei-
chen für vom Boden aufsteigende Feuchtigkeit,
die es zu bekämpfen galt. Zu dem kam begüns-
tigend hinzu, dass das Münster kein Entwässe-
rungssystem besaß und sich so das Wasser auf
einer Fläche von 2000–3000m² ungehindert
ausbreiten konnte. Demzufolge war der kapilla-
re Wasserauftrieb in den Mauern und Säulen bis
zu einer Höhe von 3m vorgedrungen. Unter dem
Fußboden befand sich schwerer und feuchter Hu-
mus, der den Holzfußboden sowie das gesamte
Gestühlwerk beschädigte. Der modrige Geruch
im Innern des Münsters war ein durchdringend,
aufdringliches Indiz für den katastrophalen Zu-
stand des Gebäudes.
Sanierung des Überlinger
Münsters
Folgender Arbeits- und Sanierungsablauf wur-
de von Herrn Kriner festgelegt: Als erstes wur-
de ein Entwässerungssystem eingebaut. Danach
folgte die Abtragung des 80–100 cm tiefen Hu-
musbodens. Die beschädigten Fundamente wur-
den durch Beton und Stahlarmierungen ersetzt.
Allerdings wurde mit diesen konstruktiven Maß-
nahmen noch nicht das Problem der kapillaren
aufsteigenden Feuchtigkeit gelöst. Dem Architek-
ten Herrn Kriner war aber bewusst, dass, wenn
man tatsächlich mit einer
„Trockenlegung und
Sanierung dieses wertvollen Baudenkmales Ernst
machen wollte“,
es nur einen Weg gab, dies zu
erreichen. Es musste eine dau-
erhafte solide Mauerwerksab-
dichtung zwischen allen Mau-
ern- und Säulenelementen in
horizontaler Ebene eingebaut
werden. Dem Architekten war
bekannt, dass es ein Patent für
ein sinnvolles neues Verfah-
ren von der Firma Stadler und
Geyer aus München gab, um
nachträglich Horizontalsperren
einzubauen. Als Querschnitts-
abdichtung sollte ein Material
eingesetzt werden, was dauer-
haft den kapillaren Feuchtetransport unterbindet.
Für damalige Verhältnisse kam nur Walzblei als
Dichtung in Frage, als Schutz wurde die 1mm
starke Bleischicht zwischen zwei Asphaltpapp-
schichten eingebettet. Um die Horizontalabdich-
tung fachgerecht einbringen zu können, kam das
neuartige Mauersägeverfahren vom Stadler und
Geyer zum Einsatz (Bild 1).
Dazu wurde mit einer elektrischen Säge-
maschine ein Schnitt über die gesamte Mauer-
werksbreite mit einer Fugendicke von 12–15mm
durchgeführt. Die Gesamtfläche der Säulen und
Mauern betrug ca. 350m², die komplett von
drei Mauersägemaschinen durchtrennt wurden.
Als Schnittwerkzeuge wurden Sägeblätter mit
2–3 Meter Länge hergestellt. Nachdem die Sä-
gemaschinen auf Gleisen aufgestellt wurden,
konnten die Sägeschnitte ausgeführt werden.
Aufgrund der großen Schnittbreiten konnte der
Sägefortschritt nur auf 30–50 cm vorangetrie-
ben werden. Der Schnitt wurde vom Gesteins-
sägemehl befreit und die vorgeschriebene Ab-
dichtungsschicht über die gesamte Mauerdicke
eingebaut. Um Setzungen zu vermeiden wurden
3–4 cm Flacheisen mit hoher Kraft eingetrieben.
Die Fugen wurden mit Holz an beiden Seiten
verschlossen, mit Wasser gespült und anschlie-
ßend mit Zementmörtel solange befüllt bis alle
Hohlräume hohlraumfrei verschlossen waren.
Nach 2–3 Tagen war der Mörtel soweit erhär-
tet, dass man die Holzverschalung abnehmen
konnte und die Mauer von überstehenden Mör-
telresten gereinigt wurde. Hans Kriner äußerte
sich wie folgt nach der Anwendung:
„Bei dem
Umfang dieser Arbeiten und Schwierigkeiten an
diesem Bauwerk ist das Verfahren und die Arbeit
dieser Isolierung umso höher einzuschätzen, als
weder eine Betriebsstörung oder ein Unfall zu
verzeichnen war. Noch irgendwelche neue Risse,
Setzungen oder Verschiebung im Gebäude selbst
hervorgerufen worden sind.“
Vergl.
9)
Schon nach einem Jahr waren deutliche Fort-
schritte in der Austrocknung der Mauern zu ver-
zeichnen und auch nach fast 100 Jahren wurden
keine weiteren Abdichtungsmaßnahmen gegen
aufsteigende Mauerfeuchtigkeit benötigt.
Ausführungstechnik fahrbare
Mauer(ketten)sägen
Diese Art der Mauerquerschnittsfräse wur-
de als Weiterentwicklung speziell für das wirt-
schaftliche Schneiden in Mauerwerken mit im
Mauerwerksquerschnitt durchgehenden Lager-
fugen konzipiert. Schienenrüstzeiten entfallen
bei dieser gebräuchlichsten der fahrbaren Mau-
ersäge. Für den Transport kann der Schwenkarm
mit Fräskopf und Sägekette demontiert werden
und ermöglicht die rasche Baustelleneinrichtung.
Horizontale Schnitte bis zu einer Tiefe von 1,2m
sind ausführbar. Speziell Kellerecken können mit
diesem Schwenkarm auch von innen problemlos
geschnitten werden. Dieser horizontal schwenk-
bare Fräskopf ermöglicht das Freilegen des be-
nötigten Fugraums selbst in Arbeitsgräben mit
geringerer Breite.
10)
1
Es schreibt
für Sie:
Rainer
Spirgatis
Fachbereichs-
leiter Bauten-
schutz
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Bautenschutz
Schützen & Erhalten · Dezember 2008 · Seite 16
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