Schützen & Erhalten · Dezember 2008 · Seite 20
Wie sieht es mit der Honorierung des
Sachverständigenaufwandes aus, der
erforderlich ist für im Nachgang zum
Gerichtsgutachten eingeforderte Stel-
lungnahmen?
Rechtsanwalt Dr. Bleutge, Mitglied der Redakti-
on der IfS-Informationen, hat hierzu unter dem
Titel
„Die Zeit danach – vergütungspflichtig?
Tipps für die Honorierung der Stellungnahmen
zum Ablehnungsgesuch und zu Parteiennachfra-
gen“
in der Ausgabe 4/08 o.g. Zeitschrift einen
äußerst interessanten und aufschlussreichen Ar-
tikel geschrieben.
In diesem Artikel geht er der Frage nach,
welche Leistungen und Aufwendungen dem Sach-
verständigen bei der Erledigung eines Gerichtauf-
trags zu vergüten sind, wenn diese nicht unmit-
telbar der gutachterlichen Leistung zuzurechnen
sind. Da es hierzu keine Regelungen im JVEG gibt,
betrachtet er die Fragestellung aus der Sicht der
Rechtsprechung, was wiederum zur Folge hat,
dass er auf eine Vielzahl sich widersprechender
Gerichtsentscheidungen gestoßen ist.
Nachfolgend sind die wichtigsten Teile des
Artikels bzgl. der Vergütungsfrage zusam-
mengefasst wiedergegeben und zwar für
den Fall, wenn der Sachverständige nach
Ablieferung seines Gutachtens zu kriti-
schen oder ergänzenden Fragen der Pro-
zessparteien Stellung nehmen soll.
Für Bleutge ist es
„schon fast die
Regel, dass der vom Gericht beauftragte
Sachverständige nach Ablieferung seines
Gutachtens einige Zeit später vom Gericht
die Aufforderung erhält, sich mit der kriti-
schen Würdigung einer Prozesspartei aus-
einanderzusetzen und dazu Stellung zu
nehmen.“
Kann der Sachverständige für
den Zeitaufwand seiner Stellungnahme(n)
eine Vergütung nach dem JVEG beanspru-
chen? Bleutge unterscheidet hierfür ver-
schieden Szenarien.
Eigentlich sollten nach seiner Ansicht
keine Vergütungsprobleme auftreten,
wenn der Sachverständige im Sinne des
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG in Zusammenhang
mit dem erstellten Gutachten erneut zu Beweis-
zwecken herangezogen wird, z. B. um Stellung
zu nehmen zur Kritik einer Prozesspartei, um
zusätzliche Fragen zu beantworten, bestimmte
Punkte intensiver zu erläutern oder ein weite-
res ergänzendes Gutachten zu erstellen. Dem ist
allerdings nicht immer so, denn auch bei den
vorgenannten Inanspruchnahmen kommt es zu
Vergütungskürzungen. Begründet wird es damit,
dass die Auffassung vertreten wird,
„die Zeit für
Beantwortung von kritischen oder zusätzlichen
Fragen der Parteien seien von der Zeitvergütung
für das eigentliche Gutachten abgedeckt“.
RA Bleutge verweist zur Thematik der in
Rechnung Stellung von Zeiten für die Schätzung
der voraussichtlichen Gesamtkosten auf einen
Artikel in einer früheren Ausgabe der IfS-In-
formationen (2005, Heft 2, S.
34). In diesem Artikel ist eine
„Übersicht über die Rechtspre-
chung und Literatur“
zu finden,
aus der hervorgeht, dass der
Sachverständige diese Zeiten
in Rechnung stellen kann.
Zur Thematik der Vergü-
tung von Ergänzungs- oder
Nachtragsgutachten führt RA
Bleutge an, dass es hierzu
„kaum gerichtliche Entschei-
dungen oder Literaturstellen“
gibt.
„Lediglich aus Anlass
von Novellierungen des alten ZSEG und des neu-
en JVEG gibt es gerichtliche Entscheidungen und
Kommentierungen, wenn es um die Frage geht,
ob altes oder neues Recht anzuwenden ist“.
Liegt
die Erteilung des neuen Auftrags nach dem No-
vellierungsdatum, gilt immer das neue Recht
(vgl. OLG Düsseldorf, 26.4.2005, DS 2005, 348).
„Auch bei der Ladung zur mündlichen Erläuterung
des schriftlichen Gutachtens handelt es sich um
einen neuen Auftrag“.
OLG Celle, 6.7.2005, DS 2005, 307 = JurBü-
ro 2005, 550 u. S.657. Handelt es sich um eine
Ergänzung des Gutachtens, bei dem der Auftrag
vor dem Novellierungsdatum erteilt wurde, dann
gilt auch für das Ergänzungsgutachten das alte
Recht. Hierzu verweist der Autor auf die Kom-
mentierungen von Meyer/Höver/Bach, 24. Aufl.
2007, Rdn. 24.4 und Bleutge, Kommentar zum
JVEG, 4. Aufl. 2008, § 24, Rdnr. 6.
„Diese Problematik, ob altes oder neues Recht
gilt, weil es sich um eine Fortsetzung des alten
Auftrags handelt oder weil ein neuer Auftrag erteilt
wurde“,
hilft nach Auffassung von RA Bleutge
für die Beantwortung der Frage,
„ob nachträglich
erbetene Stellungnahmen zu kritischen Parteif-
ragen, zu Ergänzungen oder zu Zusatzproblemen
vergütungsfähig sind“
nur bedingt weiter. Dass
der Sachverständige trotzdem
nachträglich beauftragte o. g.
Leistungen in Rechnung stel-
len kann,
„wenn es sich nicht
um die Nachbesserung schuld-
haft verursachter Fehler han-
delt“,
darauf weisen laut RA
Bleutge mehrere Rechtsspre-
chungen und eine Literatur-
quelle hin.
OVG Berlin, 7. 12. 2004,
IfS-lnformationen 2005,
Heft 3, S. 31
„In diesem Fall hatte der
Sachverständige die Fragen im Beweisbeschluss
vollständig beantwortet. Die zusätzlichen Fragen
des Gerichts wurden als Erweiterung des ersten
Beweisbeschlusses gewertet, so dass insoweit
auch ein weiterer Vergütungsanspruch entstanden
war. Das Gericht stellte im Übrigen grundsätzlich
fest, dass der Vergütungsanspruch des Sachver-
ständigen ohne Rücksicht auf die Verwertbarkeit
des Gutachtens entsteht. Nur dann, wenn der
Sachverständige schuldhaft die Unverwertbarkeit
herbeiführt, bekommt er auch für seine er-
forderlichen Nachbesserungsarbeiten keine
Vergütung.“
KG, 21. 2. 2007, DS 2007, 230
„Grundsätzlich ist der dem Sachverstän-
digen erteilte Auftrag dann erfüllt, wenn er
ein mangelfreies und damit verwertbares
Gutachten vorlegt. Wird später ein Ergän-
zungsgutachten verlangt, ist das ein neuer
Auftrag, der dann auch nach dem Vergü-
tungsrecht zu bezahlen ist, das am Tag der
neuen Auftragserteilung in Kraft war.“
VGH München, 10. 10. 2005,
juris §25 JVEG
„Wenn das Ergänzungsgutachten des-
halb eingeholt wird, weil eine Nachbesse-
rung wegen Unvollständigkeit des Gutach-
tens erforderlich ist, gibt es keine Vergü-
tung. Diese Rechtslage ist insbesondere
dann gegeben, wenn das Gutachten nicht
nachvollziehbar begründet ist. Deshalb
wurde im vorliegenden Fall vom Gericht
nur die Zeit vergütet, die den verwertbaren Teil
des Gutachtens betraf.“
OVG Berlin, 7.12.2004, IfS-lnformationen
2005, Heft 3 S. 31 = juris ZuSEG §3 Abs. 1
„Haben die Fragen nach Erstattung des Gut-
achtens nicht eine Nachbesserung zum Inhalt und
waren sie auch nicht Gegenstand des ursprüngli-
chen Beweisbeschlusses, hat der Sachverständige
einen Entschädigungsanspruch für die zusätzli-
che Arbeit. Dies gilt auch dann, wenn das Gericht
deshalb um Erläuterungen bittet, weil es das ur-
sprüngliche Gutachten in einzelnen Punkten für
noch nicht überzeugend hält.“
In der Literatur hat der Autor folgende
KommentarsteIle bei „Ulrich (Der gerichtliche
Sachverständige, 12. Aufl. 2007, Rdn. 859) ge-
funden:
Es schreibt
für Sie:
Dipl. Holzwirt
Georg Brückner
Fachbereichs-
leiter Sachver-
ständige
Roggenkamp 7a
59348 Lüdinghausen
Telefon: (0 2591) 949653
Telefax: (02591) 949654
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Honorierung des Sachverständigenaufwandes