Fachbereiche
Sachverständige
der Baua-Zulassungen bzw. dem Ablaufdatum
bei. Die Anzahl der zugelassenen Biozid-Produkte
wird damit auf absehbare Zeit nicht zunehmen.
Die Neufassung der DIN 68800 trägt diesem
durch den Verweis auf die jeweils zuständige na-
tionalen Behörden Rechnung.
Und es geht noch weiter:
Für weitere Komplikationen kann in diesem
Zusammenhang die Bauproduktenrichtlinie
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ge-
nannt werden. Diese fordert, dass von einem
Bauprodukt, jedem zum dauerhaften Verbleib
in einem Gebäude, also auch einem Holzschutz-
mittel, keine Freisetzung von Inhaltsstoffen in
die Raumluft erfolgen darf. Geprüft wird dieses
durch das AgBB-Schema.
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Aufgrund dessen hatte das DIBt für die da-
malige Verlängerung der Altzulassungen spezi-
elle Prüfkammermessungen verlangt. Bekämp-
fende Borsalzpräparate, die zur Erhöhung der
Löslichkeit der Borsalze und zur Verbesserung
der Eindringung in trockenes Holz verschie-
dene Hilfsstoffe enthielten, die in gewöhnlichen
Wandfarben, die bisher noch keiner Prüfung un-
terliegen, üblich sind, konnten hier erhebliche
Schwierigkeiten bekommen.
Insgesamt hat damit die Anzahl der zur Ver-
fügung stehenden Holzschutzmittel stark abge-
nommen. Einzelne, insbesondere bekämpfende
Produktlinien stehen überhaupt nicht mehr zur
Verfügung. Dies kann den Holzschützer in der
Praxis vor erhebliche Probleme stellen, da ihm
einfach Lösungsmöglichkeiten für sein Pro-
blem fehlen.
Dies ist durchaus politisch gewollt, da die
neue DIN 68800 dem konstruktiven Holzschutz
einen eindeutigen Vorrang vor dem chemischen
Die Neufassung der Holzschutznorm 68800
wurde bereits bei der Entwurfsfassung
sehr intensiv und kontrovers diskutiert.
Und diese Diskussion hält weiter an, wie
auch der Beitrag von Georg Brückner in
der vorliegenden Ausgabe von „Schützen
& Erhalten“ zeigt. Viele inhaltliche Details
sind in verschiedenen Foren kritisiert
worden und müssen hier gar nicht wieder-
holt werden. Es sei beispielhaft auf die
Anmerkungen von Robert Bosch-Laaks zur
Bauphysik (Sachverständigentagung des
DHBV Okt. 2012 in Stuttgart) verwiesen.
Nun stellt sich aber auch die Frage nach
der rechtlichen Bedeutung der DIN 68800
für die Erfüllung eines Werkvertrages:
Begründet die Einhaltung einzelner Re-
gelungen vielleicht sogar einen Mangel?
Oft stellt sich nach Abschluss der Arbeiten die
Frage, ob ein Werk mangelhaft sei. Neben tat-
sächlichen Fehlern geht es dabei zunehmend
um die Kürzung der Rechnung zur Reduktion
der Baukosten.
Vertragsrechtliche Bedeutung von Normen
– oder was ist „Holzschutz nach DIN 68800“?
Holzschutz einräumt. Für den Neubau ist dies
sicher meist nicht verkehrt. Im Altbau können
aber Probleme an Balkenköpfen und anderen
konstruktiv ungünstigen Bauteilen auftreten, die
mit den zulässigen Holzschutzmitteln nicht mehr
zu lösen sind. Neue Ideen, auch unter Überar-
beitung der Anforderungen des Denkmalschutzes
sind erforderlich und auch möglich.
Wenn sich nun die Bautenschützer entspannt
zurücklehnen wollen, muss leider darauf hinge-
wiesen werden, dass die Holzschutzmittel nur
ein erster Schritt sind. Zukünftig werden über
die REACH-Verordnung
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alle Chemikalien einem
entsprechenden Zulassungsverfahren unterzo-
gen werden und die Bauprodukte-Richtlinie wird
ebenfalls gelten.
Dr. André Peylo,
Ö. b. u. v. Sachverständiger für Holzschutz,
Lauenburg
1 Biozid: Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder
mehrere Biozid-Wirkstoffe enthalten, in der Form,
in welcher sie zum Verwender gelangen, die dazu
bestimmt sind, auf chemischem oder biologischem
Wege Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken,
unschädlich zu machen, Schädigungen durch sie zu
verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen
2 Für den Nicht-tragenden Bereich (Anstriche) wurde
auf freiwilliger Basis die Prüfung der RAL-Gütege-
meinschaft nach den gleichen Grundsätzen durch-
geführt.
3 In Deutschland ist dies die Baua, Bundesanstalt für
Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin,
, die
zwar schon vorher bestand, sich aber bisher nicht
mit Holz- und Holzschutzmitteln befasst hatte.
4 Frau Merkel erklärte als Umweltministerin in der Re-
gierung Kohl eine Umsetzung der Biozidrichtlinie in
etwa 2–3 Jahren. Inzwischen ist die Biozidrichtlinie
selber durch die Biozidverordnung ersetzt.
5 GHS, Global-Harmonised Systems, vom 16. Dezember
2008 Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europä-
ischen Parlaments und des Rates über die Einstu-
fung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen
und Gemischen zur Änderung und Aufhebung der
Richtlinien 67/548/EWG und 1999/45/EG und zur
Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006. Vor-
stehender Name der Verordnung lässt zudem die
fehlende Übersichtlichkeit in der Bezeichnung der
EU-Verordnungen erahnen.
6 Die Richtlinie 67/548/EWG ist die Grundlage unserer
nationalen Gefahrstoffverordnung. Die Richtlinie wird
regelmäßig dem technischen Fortschritt angepasst
(ATP), so zum 31. Mal Ende 2008.
7 Richtlinie des Rates vom 21. Dezember 1988 zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschrif-
ten der Mitgliedstaaten über Bauprodukte (89/106/
EWG).
8 Ausschuss zur gesundheitlichen Bewertung von
Bauprodukten AgBB-Bewertungsschema für VOC aus
Bauprodukten; Juni 2012.
9 REACH: Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 vom 1. Juni
2007 in Kraft getreten. REACH steht für Registra-
tion, Evaluation, Authorisation and Restriction of
Chemicals.
Literatur
– Becker, G., 1959: Beitrag zur Kenntnis der Wirk-
samkeit von Borverbindungen als Holzschutzmittel
gegen Insekten und Pilze. Holz Roh- Werkstoff 17,
484–489.
– Holzschutzmittelverzeichnis 2009: Hrsg: Deutsches
Institut f. Bautechnik, Erich Schmidt Verlag, Berlin,
224S.
– Kliegel, W. (Hrsg.) 1980: Bor in Biologie, Medizin
und Pharmazie. Springer-Verlag, 900S.
– Peylo, A. 1997: Bewertung der Auswaschgefährdung
von nicht fixierenden wasserlöslichen Holzschutz-
mitteln auf Borbasis sowie mögliche Alternativan-
wendungen zu chromathaltigen Holzschutzmitteln.
Bundesforschungsanstalt f. Forst u. Holzwirtschaft,
Institut für Holzbiologie und Holzschutz, Arbeitsbe-
richt 1/97. 135 S.
– Peylo, A., 1998: Bor im Holzschutz − Breites Wir-
kungsspektrum und geringe Humantoxizität. Der
praktische Schädlingsbekämpfer 50 (11) 17–20.
– Peylo, A. 2000: Bor im Holzschutz − Gibt es neue
Erkenntnisse? Der praktische Schädlingsbekämpfer
52 (4) 28–31.
– Peylo, A. 2005: Sind Borverbindungen im Holzschutz
effektiv und zeitgemäß? Holz Roh-Werkstoff 63,
414–416.
– Zerener, H. 1874: Verfahren zum Schutz gegen Haus-
schwamm. Patentschrift 378. Kaiserliches Patentamt
Berlin.
der Verwendung technisch getrockneter Hölzer
ohne chemischen Holzschutz in der GK1. Dabei
werden jedoch auch weitere wichtige Aspekte
angesprochen:
Was sagt die Norm?
Gemäß Absatz 5.2.1 kann in der Gebrauchs-
klasse 1 (GK1, alt: Gefährdungsklasse, Gefähr-
dung durch Insekten) auf chemischen Holzschutz
verzichtet werden, wenn die Bauteile kontrol-
lierbar bleiben (dreiseitig frei) oder vollstän-
dig insektendicht verkleidet sind. So stand es
schon in der alten Fassung von DIN 68800-3
(1990). Neu ist, dass gemäß 4.2.1 bei Brett-
schichtholz und technisch getrockneten Hölzern
in den GK 1 und 2 erfahrungsgemäß ein Bau-
schaden nicht zu erwarten ist. Zusätzlich wird
in der Norm betont, dem baulichen Holzschutz
den Vorrang zu geben und möglichst auf Chemie
zu verzichten, während zuvor konstruktiver und
chemischer Holzschutz gleichrangig dargestellt
worden waren.
Ein Werk ist dann mangelhaft, wenn es nicht
die vereinbarte Beschaffenheit aufweist oder –
wenn nichts vereinbart wurde – nicht die zu er-
wartende, übliche Beschaffenheit aufweist. Eine
typische Formulierung aus der täglichen Praxis
ist hier die Baubeschreibung für einen Dachstuhl
eines neu zu errichtenden Einfamilienhauses:
„Holzschutz nach DIN 68800“ oder manchmal
sogar noch verkürzt auf „Holzschutz nach Norm“.
Wie soll dieser Dachstuhl nun aussehen, che-
mischer Holzschutz: Ja oder Nein?
Ist also nichts Besonderes vereinbart, gelten
nach langläufiger Rechtssprechung die „allgemein
anerkannten Regeln der Technik“ als Maßstab.
DIN-Normen können grundsätzlich diese allge-
meinen Regeln widerspiegeln, aber auch deut-
lich dahinter zurückbleiben.
Zur Frage, ob die Neufassung der DIN 68800
eine allgemein anerkannte Regel der Technik ist,
liegt ein sehr interessantes Rechtsgutachten
von Prof. Dr. Thode, Richter am BGH, im Auftra-
ge der Deutschen Bauchemie vor. Der Schwer-
punkt dieses Gutachtens liegt auf der Erörterung
Schützen & Erhalten · März 2013 · Seite 22