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Sachverständige
Zum Beitrag von Wolfgang Böttcher
Stellungnahme zu „Alternativen Hausschwammsanierung aus der Sicht des Sachverständigen − Teil 2“
(Schützen & Erhalten, Ausg. Dezember 2014)
Sehr geehrter Herr Böttcher,
mit Interesse habe ich Ihre Ausführung in
der Ausgabe 4 von „Schützen & Erhalten“ zu
meinem Artikel gelesen.
Vorab ist festzustellen, dass ich keinen wis-
senschaftlichen Bericht verfasst habe, sondern
ich habe einen Erfahrungsbericht geschrieben.
Ich werde auch keine zusammenhängenden Un-
tersuchungsdaten mitteilen, weil das dann als
„Bedienungsanleitung“ verstanden werden kann.
Die von mir angesprochenen Sanierungstechniken
setzen voraus, dass der Anwender oder Initia-
tor die Lebensbedingungen des Hausschwamms
kennt und somit auch die Situation vor Ort ein-
schätzen kann.
Nicht umsonst habe ich darauf hingewiesen,
wie ich zu meinen Erkenntnissen gekommen
bin. Die von mir angesprochenen Sanierungs-
verfahren sind über meine Haftpflichtversiche-
rung abgedeckt.
Was an der einen Ziegelsteinwand funktio-
niert, kann bei einer ähnlichen Situation gefähr-
lich sein. Ich arbeite überwiegend in denkmal-
geschützten Gebäuden, wo es eine andere Fra-
gestellung als z. B. in Mietshäusern gibt. Allein
schon die Bemerkung zu unsinnigen Maßnah-
men lässt vermuten, dass die Fragestellungen
zum Erhalt von Bausubstanz in der Denkmal-
pflege fremd sind.
In Ihrer Anmerkung1 bezweifeln Sie die Tro-
ckenheit einer Wand, die auf 50 °C aufgeheizt
wurde. Das habe ich oft genug gemessen. Aller-
dings stimmt die Aufheizzeit von 20min nicht,
so habe ich es auch nicht geschrieben. Um die
50°C in der Mitte einer z. B. 30 cm dicken Wand
zu halten, braucht man unter Umständen je nach
Feuchtigkeit mehrere Tage bis diese Temperatur
erreicht ist.
Aus der vereinfachten Wärmegleichung ist
abzuleiten, dass 1kg Wasser von 99°C auf 100°C
1kcal Energie benötigt. Um nun aus diesem hei-
ßen Wasser von 100 °C ohne Druckveränderung
Wasserdampf von 100°C zu erzeugen, ist mehr
als die 500-fache Energiemenge notwendig.
Ähnlich verhält es sich mit der Verdunstung bei
niedrigeren Temperaturen.
Solange also das Wasser verdunstet werden
soll, muss es Energie aufnehmen, ohne dass
deshalb der Baustoff wärmer wird. Erst gegen
Ende des Trocknens wird die Wand warm bei den
genannten Verfahren. Deshalb habe ich ja ge-
schrieben, dass die Temperatur bei 50 °C min-
destens 20min gehalten werden soll und nicht,
dass innerhalb von 20min die Wand auf 50°C er-
hitzt werden soll. Ich habe keine groß angelegte
Grundlagenforschung betrieben, sondern zuerst
gerechnet und dann objektbezogen gearbeitet.
Diese Austrocknung der Wand ist auch nicht
bei jedem Mauerwerk möglich. Vor Beginn der
Trocknung wurden vor Ort mit dem CM-Messgerät
die Feuchten überprüft. Es lagen Feuchten von
6–16% in Ziegelsteinwänden und Kalksandstein-
wänden vor. Bei porenhaltigem Mauerwerk habe
ich diese Technik bisher ohne Erfolg angewendet,
die Versuche mit Bims waren positiv.
Diese Mauerwerke waren soweit trocken bei
50°C, dass ich mit dem CM-Messgerät zwischen
3% und 4% Feuchtigkeit nachweisen konnte.
Da die Wand aber nicht sofort abkühlt und noch
ziemlich viel Energie enthalten ist, geht die
Verdunstung des Wassers anschließend weiter.
Ob die von mir vorgeschlagenen Alterna-
tiven für Sie sinnvoll sind, kann ich nicht beur-
teilen. Bisher waren alle meine Trocknungsver-
suche positiv, das heißt, es wurde danach kein
Hausschwammwachstum mehr festgestellt. Al-
lerdings richte ich mich mit meiner Beurteilung
zu den Lebensbedingungen des Hausschwamms
nicht unbedingt nach der geltenden Literatur
oder gar den geltenden Vorschriften, sondern
ich habe eigene Erfahrungen mit Hausschwamm
gesammelt, die sich in der Praxis für mich pri-
ma umsetzen lassen. Meine Erfolgsquote bei
der Hausschwammbekämpfung liegt bei 100%.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass
immer mehr Kollegen bei der Hausschwammbe-
kämpfung eigene Wege gehen, wie ich erst kürz-
lich bei einem Tagesseminar festgestellt habe.
Zu der natürlichen PC-gesteuerten Austrock-
nung kann ich nur sagen, dass es zwei unter-
schiedliche Aspekte gibt, was Wirtschaftlichkeit
bedeutet. Um in einem Schloss, um das es sich
hier handelt, Tag und Nacht gemäß den Um-
weltparametern sachgerecht zu trocknen, sind
mindestens zwei Hausmeister im Schichtdienst
erforderlich.
Was Sie als unsinnige Maßnahme abstem-
peln, ist eigentlich das Grundprinzip der Haus-
schwammbekämpfung: eine trockene Wand. Auf
alle Fälle werden in Zukunft nach der DIN 68 800
Teil 4 anschließend nach der Hausschwammbe-
kämpfung im Bohrlochtränkverfahren mehr Wän-
de künstlich getrocknet.
Auf das Thema Wandtemperierung möchte
ich nicht tiefer eingehen. Ihre Vorstellung, dass
man die Wand an einer Stelle erhitzt und da-
durch das Wasser nur an eine andere Stelle ver-
lagert wird, widerspricht der praktischen Erfah-
rung, die genügend Architekten im Umgang mit
Altbausubstanz gemacht haben. So werden z. B.
am Rhein bei Gebäuden, die regelmäßig über-
flutet werden, Wandtemperierungen eingebaut
und nach dem Hochwasser die Wände mit einer
Vorlauftemperatur von bis zu 95°C getrocknet.
Anschließend wird mit sehr viel niedrigerem Vor-
lauf das Gebäude geheizt.
Letztendlich wird bei der Wandtemperierung
der Wand nichts anderes gemacht, als dass die
Wand durch und durch erwärmt wird, bei der
Trocknung aber mit mehr Energie. Bei der „nor-
malen“ Wandtemperierung dauert die Trocknung
der Wand deutlich länger, aber sie wird trocken.
Dass dieses System nicht nur an den Stellen am
Mauerwerk eingesetzt wird, wo der Hausschwamm
gerade wächst, ist selbstverständlich. Es ist auch
kein System, das überall einzusetzen ist.
Das alleinige Verfahren, mit dem jeglicher
Hausschwamm bekämpft werden kann, gibt es
nicht. Genau das soll mein Artikel zeigen, dass
auch andere Verfahren erfolgversprechend sind,
allerdings muss man genau wissen, was man da
tut. Grundsätzlich wird bei allen angesprochenen
Verfahren eine trockene Wand hergestellt und
beibehalten.
Mit freundlichen Grüßen
Joachim Wießner,
Sachverständigenbüro für Holzschutz,
Lastrup
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Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 21