Schimmelpilze sind nicht die bösen Inva-
soren, die es auf unsere Wohnräume und
unsere Gesundheit abgesehen haben. Sie
machen einfach ihren Job. Sie räumen
auf. Dumm nur, dass sie gerade dort
aufräumen wollen, wo wir uns häuslich
niedergelassen haben. Noch dümmer, dass
wir ihnen hierbei ökologische Nischen
anbieten. Verstärkend kommt hinzu, dass
Pilze aufgrund der ihnen eigenen Features
(Sonderausstattung) ihre Möglichkeiten
gnadenlos ausnutzen und bestens ge-
wappnet gegen Abwehrmaßnahmen, diese
ziemlich alt aussehen lassen. Was immer
wir uns also einfallen lassen, um die
kleinen Biester aus dem Innenraum zu
vertreiben, das Imperium der Pilze wird
zurückschlagen und seinen Lebensraum
rückerobern.
Schimmelpilze und Habitat
Die Lebensansprüche von Pilzen sind un-
prätentiös. Eine Kohlenstoffquelle, Wasser, et-
was Nährstoffe und Spurenelemente, das reicht
schon. Übliche Bezugsquelle ist hierbei abge-
storbene Biomasse. Pilze gelten daher auch
als Resorbenten. Sie sind in der mikrobiellen
Schleife die Müllabfuhr. (2, 3) Bei vitaler Bio-
masse haben es die Pilze schwer, sich zu eta-
blieren. Viele Pflanzen verfügen zur Abwehr über
fungizid wirkende natürliche Abwehrstoffe wie
Tannine oder Terpene (3). Pilzspezies, die sich
besser als andere über diese Hürden hinwegset-
zen konnten, werden als pathogen bezeichnet.
Während niedere Tiere der Ordnungen Bryozoa
und Porifera sowie Mollusten noch eigene fun-
gizide Naturstoffe synthetisieren können, ver-
fügen höhere Tiere und der Mensch nicht mehr
über diese Fähigkeiten. Hier übernehmen spe-
zielle Zelltypen, wie Makrophagen, die Abwehr.
Im Endeffekt bedeutet dies, dass jeder seinen
Platz kannte, nur schwache Individuen befallen
wurden und ansonsten das Prinzip der friedlichen
Koexistenz praktiziert wurde.
Vertreibung aus dem Paradies
Das Prinzip der friedlichen Koexistenz wur-
de empfindlich gestört, als den Pilzen mit dem
menschlichen Wohnverhalten ungewollt ein neues
Substrat angeboten wurde. Was soll ein Pilz da
machen, das biologische Programm sagt ein-
deutig – tote Biomasse muss abgebaut werden!
Und nichts anderes ist ein Baustoff aus Sicht
der Pilze – eine nichtvitale Kohlenstoffquelle,
ob nun aufgrund der Zusammensetzung oder der
Konditionierung durch die Nutzung. Gerne wol-
len wir durch zusätzliche fungizide Ausstattung
einen vitalen Organismus vortäuschen, doch die
Pilze erkennen schnell den Betrug. (7, 14, 16)
Das erzeugt einen evolutionären Selektions-
druck, d. h. nur der Clevere überlebt. Und Pilze
sind sehr clever!
Das Imperium schlägt zurück
Die Rückeroberung erfolgt durch Anpassung
an die Oberfläche, wobei auch auf den pH-Wert
keine Rücksicht genommen wird. Pilze zeigen den
Studien zufolge keine großen Ansprüche an den
pH-Wert des Substrates (Baustoff). Es gibt keine
Hinweise dafür, dass hohe pH-Werte Pilzwachs-
tum bremsen (2). Im eigenen Labor konnte auf
Mörteln mit einem Oberflächen-pH von 11,5
massives Pilzwachstum erzeugt werden (7, 8).
Bewiesen ist lediglich, dass bestimmte Enzyme
bevorzugt im sauren Bereich gebildet werden.
Auch die Produktion von Metaboliten (mikro-
bielle Stoffwechselprodukte) ist pH-abhängig,
aber derart, dass bei pH 2,5–3,5 bevorzugt Ci-
tronensäure produziert wird, während im alka-
lischen Milieu Oxalsäure entsteht (2).
Neben dem Stoffwechsel passen sich auch die
Zellmorphologien an den alkalischen Untergrund
an. Pilze wachsen dann nicht mehr filamentös,
Es schreibt
für Sie:
Dr. rer. nat.
Constanze
Messal
Fachbereichs-
leiterin
Schimmelpilze
Neubrandenburger Str. 33
18055 Rostock
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Telefax: (0381) 637-28281
E-Mail:
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Schimmelpilze
Das Imperium schlägt
zurück – faszinierende
Einblicke in das Leben der
Schimmelpilze
Grün fluoreszierende Bakterien der Gattung Burkhol-
deria bei der Arbeit: Als endofungale Symbionten
produzieren sie für den Schimmelpilz
Rhizopus microsporus das Mykotoxin Rhizoxin.
(aus 10)
Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 22