Arbeiter im direkten Abbruch. Jährlich wird in
Carrara ca. eine Million Tonnen Marmor verarbei-
tet, dabei entstehen drei Millionen Tonnen nicht
verwertetes Material. Das entspricht einem Ab-
bau von etwa 1,5Millionen Kubikmeter Gestein.
Pisa
Eines der weltweit bekanntesten Gebäude
aus Carrara-Marmor ist – wie bereits erwähnt
– der Campanile von Pisa, besser bekannt als
„der schiefe Turm von Pisa“. Die Besichtigung
des 55 Meter hohen, 12 Meter durchmessenden
und aus 14.200 Tonnen weißen Carrara-Marmor
bestehenden Campanile war der Höhepunkt des
fünften und letzten Exkursionstages.
Im Jahr 1185, 12 Jahre nach der Grund-
steinlegung, begann sich der freistehende
Glockenturm des Doms mit Fertigstellung des
dritten Stockwerkes in Richtung Südosten zu
neigen. Sein Baumeister Bonanno Pisano hat-
te nicht bedacht, dass das tonnenschwere Bau-
werk auf einem zugeschütteten Kanal stand.
Erschreckt durch das Absacken, ließ er die Ar-
beiten stoppen, die, aufgrund politischer und
kriegerischer Wirrnisse, erst nach 100 Jahren
wiederaufgenommen wurden. Der neue Architekt
Giovanni di Simone versuchte nun mit den rest-
lichen vier Stockwerken die Neigung zu korrigie-
ren, was dazu führte, dass der Turm, als er 200
Jahre nach Baubeginn vollendet wurde, eine
deutliche Krümmung aufwies.
In den folgenden Jahrhunderten setzte sich
die Neigung des Turmes weiter fort, bis sie im
Jahre 1993 mit mehr als 5,5 Grad und 4,50 m
Schieflage ihren Höhepunkt erreichte. Der Turm
wurde für die Bevölkerung geschlossen und es
folgte eine aufwendige Sanierung, sprich Begra-
digung. Hierdurch gelang es die Schräglage um
rund 0,5 Grad zu verringern, was dazu führte,
dass der Turm um 60 Zentimeter begradigt wur-
de. Die Kosten der Maßnahme beliefen sich auf
rund 28 Millionen Euro.
Als erste Notmaßnahme wurden 850 Tonnen
schwere Bleigewichte an der höheren Seite der
Turmbasis aufgeschichtet, um ein weiteres Kippen
des Campanile zu verhindern. 1999 begann man
dann mit Bohrungsarbeiten. In 20 Meter Abstand
zum Turm wurden Bohrer eingeführt, die über ein
Jahr lang Erdreich aus einer Tiefe von 7,5 Metern
unter dem Fundament entfernten. Durch die Boh-
rungen richtete sich der Turm wieder auf. Um die
Gefahr eines strukturellen Zusammenbruchs wäh-
rend der Bohrungen einzudämmen, wurde der Turm
auf zwei Stockwerken mit 15 mm dicken, kunst-
stoffummantelten Stahlseilen umspannt. Als pro-
blematisch erwies sich vor allem die Zusammen-
setzung des aus Marmorstein gefertigten Mauer-
werks, dessen Hohlzylinder aus einer 20 cm dicken
Innenwand und einer 30 cm dicken Außenwand
besteht. So wurden die Zwischenräume von den
Erbauern mit Materialien unterschiedlicher Her-
kunft und Konsistenz (Steinsplitt, Mörtel, Kiesel,
Erdreich und Bauabfälle) aufgefüllt und mussten
deshalb zunächst durch Injektion mit einer Ze-
mentmischung gefestigt werden.
Heute nach erfolgreicher Sanierung beträgt
die Schieflage mit 4 Grad und einer Auslenkung
Fachexkursion
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