

Ausbildung
Neue berufliche Wege für die Gebäudesanierung
Schon jetzt sprechen die Zahlen für sich:
Die Zukunft des Bauens liegt in Deutsch-
land in der Altbausanierung. Denn bereits
heute fließen mehr als die Hälfte aller
Bauinvestitionen in bestehende Gebäu-
de. Im Wohnungsbau ist die Verteilung
der Anteile sogar noch krasser: nur ein
Viertel des Bauvolumens und der Umsät-
ze entfällt auf den Neubau, drei Viertel
sind Modernisierungs- und Instandhal-
tungsmaßnahmen im Bestand – so die
Zahlen des Zentralverbands des deutschen
Baugewerbes.
Der Bedarf an Fachkräften mit gezielter Qua-
lifikation für die Sanierung ist immens und
wächst stetig.
Die Entwicklung war abzusehen. Es ist keine
neue Erkenntnis, dass das Gros der Bauleistungen
sich heutzutage auf den Bestand bezieht. Den-
noch wurden lange die Qualifikationen – insbe-
sondere in den akademischen Berufen, im Bau-
ingenieurwesen und der Architektur − auf den
Neubau ausgerichtet. Der Weg von der Erkennt-
nis zur Umsetzung in die Praxis braucht Zeit –
Qualifikationsangebote müssen entwickelt wer-
den und sich etablieren.
Für das handwerkliche Umfeld ist es ja be-
kannt: seit 2007 gibt es den „Holz- und Bauten-
schützer“ als Ausbildungsberuf, seit 2012 gibt
es den Meister im Holz- und Bautenschützer-
Handwerk. Beide Qualifikationen stehen für die
fachgerechte Umsetzung praktischer Maßnahmen
in Bezug auf feuchte Wände, Bauschäden, Holz-
schäden oder Schimmelpilzbefall.
Bei vielen Objekten sind für Sanierung, Re-
novierung und Umnutzung bestehender Gebäude
umfangreiche Planungsleistungen erforderlich.
Um diesen Aufgaben gerecht zu werden, gibt
es endlich auch einen Studiengang, der seine
Absolventen auf diese Aufgaben vorbereitet:
Mit dem Studiengang „Bauen im Bestand“
wurde in Münster erstmalig ein vollwertiges
Studium im Bauhandwerk geschaffen. Die Ko-
operation der Akademie Bauhandwerk der Hand-
werkskammer Münster mit dem Fachbereich Bau-
ingenieurwesen der Fachhochschule Münster
garantiert eine besondere Praxisausrichtung
der Studieninhalte. Seit 2009 können im Hand-
werkskammer Bildungszentrum Studierende un-
ter besonders attraktiven Rahmenbedingungen
in 6-Semester-Vollzeitform den akademischen
Grad des „Bachelor of Engineering“ erwerben: Mit
nur 25 Studierenden pro Semester wird ein en-
ger Kontakt untereinander und zu den Lehrenden
gewährleistet und ein praxisorientiertes Arbei-
ten in Projekten an Bestandsbauten ermöglicht.
Der Studiengang kombiniert nicht nur Theo-
rie und Praxis, sondern ist mit seinen Inhalten
ganz auf die Besonderheiten der Altbausanie-
rung ausgerichtet, bei der es gilt, Vorhandenes
und Neues in Einklang zu bringen. Diese Inte-
grationsleistung erfordert besondere Kreativität
und Kompetenzen, die sowohl Architekten- als
auch Ingenieurleistungen zusammenführen. Klas-
sische Ingenieurfächer wie Baustofflehre, Statik
oder Bauphysik werden kombiniert mit Architek-
turfächern wie Entwerfen, Baugeschichte oder
Bauaufnahme. Ergänzt wird der Lehrplan durch
Fächer, die in der Praxis der Gebäudemoderni-
sierung eine große Bedeutung besitzen: Bausa-
nierung und Bauerhaltung, Technische Gebäu-
deausrüstung und Betriebswirtschaft.
Für die Absolventen eröffnet sich eine Fül-
le interessanter Karrieremöglichkeiten in Pla-
nung, Bauleitung und Unternehmensführung,
aber auch in angrenzenden Berufsfeldern wie
Produktmanagement, Sachverständigenwesen
oder Arbeitssicherheit. Das Konzept überzeugt
auch am Arbeitsmarkt, denn die bisherigen Ab-
solventen konnten innerhalb kürzester Zeit inte-
ressante Arbeitsangebote finden und annehmen.
Sabine Heine,
Handwerkskammer Bildungszentrum Münster
Absolvent:
Andreas Brundiers,
30 Jahre alt
Abschlüsse:
Ausbildung zum
Tischler,
Bachelor of
Engineering
„Bauen im Bestand“
„Das Studium am HBZ Münster war für mich
eine sehr interessante und zudem richtungswei-
sende Zeit. Die im Verhältnis zu anderen Hoch-
schulen geringe Anzahl an Kommilitonen machte
das Studium sehr „familiär“. Aufgrund dieser ange-
nehmen Lernsituation ließen sich die anstehenden
Themen sehr intensiv und detailliert erarbeiten.
Darüber hinaus war vor allem die Kombina-
tion aus Theorie und Praxis in dem Studiengang
für meine fachliche Weiterentwicklung entschei-
dend. Hierzu gehören zum einen die Erkenntnisse
aus umfangreichen, praxisbezogenen Projektar-
beiten und zum anderen interessante Exkursionen
zu gerade aktuellen Objekten in der Umgebung.
Abschließend bleibt noch zu erwähnen, dass
der enge Kontakt, den das Handwerkskammer
Bildungszentrum zu Fachverbänden, Verarbeitern
und Produktherstellern hegt, mir einen optima-
len Start in mein Berufsleben ermöglicht hat.“
Gegenwärtiger Arbeitgeber/aktuelle
Tätigkeit:
„Seit September 2012 bin ich bei der Firma
Remmers Baustofftechnik GmbH in Löningen als
Produktmanager für den Bereich Bauten- und
Fassadenschutz tätig. In den nun schon zwei-
einhalb Jahren in diesem Unternehmen konnte
ich meine im Studium erworbenen Fähigkeiten
vom ersten Tag an voll einbringen.“
Absolvent:
Peter Ossadnik,
27 Jahre alt
Abschlüsse:
Ausbildung zum
Holz- und
Bautenschützer,
Bachelor of Engineering
„Bauen im Bestand“
Für mich war klar, bevor ich ein Studium zum
Bauingenieur beginne, möchte ich praktische
Erfahrungen auf der Baustelle sammeln. Dazu
absolvierte ich mit großer Begeisterung den zu
diesem Zeitpunkt neuen Ausbildungsberuf des
Holz- und Bautenschützers. Wie der Zufall es
wollte, erfuhr ich während der Ausbildung vom
Studiengang „Bauen im Bestand“. Nach kurzer
Recherche war mir klar: das passt alles sehr gut
zusammen − so kann ich meine beruflichen Mög-
lichkeiten sinnvoll erweitern.
Ich habe sehr viel Fachwissen und Kontakte
hinzugewonnen, wurde von den Dozenten kom-
petent angeleitet und habe dies als eine Zeit
persönlicher und fachlicher Weiterentwicklung
in ausgesprochen angenehmer Atmosphäre
empfunden.
Gegenwärtiger Arbeitgeber/aktuelle
Tätigkeit:
„Ich bin derzeit als freiberuflicher Sachver-
ständiger für das Sachverständigenbüro Becker &
Partner GbR in Bergisch Gladbach tätig und wer-
de dort zu komplexen Problemstellungen heran-
gezogen, die theoretische Kenntnisse und prak-
tische Erfahrungen erfordern. Mein Anspruch ist
es, für jedes Projekt individuell eine norm- und
regelgerechte, aber auch in der Praxis umsetz-
bare, Lösung zu finden.“
Absolventin:
Anne Overs,
25 Jahre alt
Abschlüsse:
Abitur (2008),
Bachelor of
Engeneering
„Bauen im Bestand“
(2012, erster Jahrgang),
Master „Energieeffizientes und Nachhaltiges
Bauen“ (2014, erster Jahrgang)
„Nach meinem Abitur war ich auf der Suche
nach einem Studium, das Praxis und Theorie ver-
eint. Eher zufällig bin ich auf den Studiengang
„Bauen im Bestand“ gestoßen. In drei Studien-
jahren konnte ich mir eine unglaubliche Fülle an
Fachwissen aneignen, das sowohl von den Do-
zenten als auch von meinen Kommilitonen kam.
Die zusätzlichen Seminarangebote rundeten den
Bachelor ab, sodass ich beste Voraussetzungen
für den sich anschließenden Masterstudiengang
hatte. Im Master war es mir dann möglich die
Grundlagen aus dem Bachelor anzuwenden, z.B.
als wissenschaftliche Hilfskraft im Mikrobiolo-
gielabor oder in meiner Masterarbeit zum The-
ma Schadensanalyse. Den guten Kontaktmög-
lichkeiten aus dem Bachelor verdanke ich auch
meine derzeitige Anstellung.“
Gegenwärtiger Arbeitgeber/aktuelle
Tätigkeit:
„Seit 2014 bin ich bei der Heinrich Reinert
Bauunternehmung GmbH & Co. KG in Reken im
Bereich Kalkulation und Bauleitung tätig.“