Schützen & Erhalten · Juni 2016 · Seite 19
Fachbereiche
Schimmelpilze
Es schreibt
für Sie:
Dr. rer. nat.
Constanze
Messal
Fachbereichs-
leiterin
Schimmelpilze
Neubrandenburger Str. 33
18055 Rostock
Telefon: (0381) 637-28280
Telefax: (0381) 637-28281
E-Mail:
messal@dhbv.dem²). Eine TRBA für die Ge-
bäudesanierung gibt es nicht.
Wir wären demnach nach
BioStoffV dazu gezwungen,
uns durch alle Paragraphen
zu handeln, hilfsweise ande-
re TRBAs heranzuziehen und
danach unsere Gefährdungs-
beurteilung zu erstellen. Sehr
mühselig. Sehr umständlich.
Sehr aufwendig. Häufig ge-
radezu unmöglich. Denn der
Arbeitgeber muss nach §4
(3) Folgendes ermitteln (5):
Identität, Risikogruppen-
einstufung und Übertragungswege der Biostoffe,
deren mögliche sensibilisierende und toxische
Wirkungen und Aufnahmepfade, soweit diese
Informationen für den Arbeitgeber zugänglich
sind; dabei hat er sich auch darüber zu infor-
mieren, ob durch die Biostoffe sonstige die Ge-
sundheit schädigende Wirkungen hervorgerufen
werden können,
1. Art der Tätigkeit unter Berücksichtigung
der Betriebsabläufe, Arbeitsverfahren und
verwendeten Arbeitsmittel einschließlich
der Betriebsanlagen,
2. Art, Dauer und Häufigkeit der Expositi-
on der Beschäftigten, soweit diese Infor-
mationen für den Arbeitgeber zugänglich
sind…
Das heißt eigentlich messen. Geht das nicht
auch einfacher? Natürlich, denn freundlicher-
weise wird in der BioStoffV mit dem § 6 (2) fol-
gendes an die Hand gegeben (gekürzt):
Kann bei
diesen Tätigkeiten eine der Informationen nicht
ermittelt werden, weil das Spektrum der auftre-
tenden Biostoffe Schwankungen unterliegt oder
Art, Dauer, Höhe oder Häufigkeit der Exposition
wechseln können, so hat der Arbeitgeber die für
die Gefährdungsbeurteilung und Festlegung der
Schutzmaßnahmen erforderlichen Informationen
insbesondere zu ermitteln auf der Grundlage von…
sonstigen gesicherten arbeitswissenschaftlichen
Erkenntnissen.
Aha. Das bedeutet, wir dürfen qualifiziert
schätzen. Das machen wir, indem wir gesicher-
te arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse einfach
bei der BG Bau abfragen. Und wo hat die BG Bau
diese Erkenntnisse her? Indem Sanierungsmaß-
nahmen messtechnisch begleitet wurden und
hier die Exposition für typische Tätigkeiten bei
der Sanierung von Schimmelschäden ermittelt
wurde (10). Und damit sind wir wiederum auf
der sicheren Seite, was uns eigene, aufwendige
Messungen erspart und uns ein Tool an die Hand
gibt, unsere Tätigkeiten im Rahmen von Proben-
nahme, Sanierung aber auch Feinreinigung und
Bauteiltrocknung abschätzen zu können.
Um die gesetzlichen Vorgaben in der Sa-
nierung von Schimmelpilzschäden einhalten zu
können, was letztendlich bedeutet, die BioStoffV
umzusetzen, kann man sich folgende Eselsbrü-
cke merken:
Drüber immer, drunter nimmer!
Wer
sich also an die DGUV-Information hält, kann
sicher sein, dass genau diese Mindestanforde-
rungen eingehalten und umgesetzt wurden! Und
das führt in der Praxis zur sogenannten Vermu-
tungswirkung. Die Einhaltung der DGUV-I unter-
stellt ohne Beweis die Unschuld des Arbeitge-
bers. Es tritt eine Beweislastumkehr ein: Nicht
mehr der Ausführende muss nachweisen, dass er
alles richtig gemacht hat (weil sich das strin-
gent aus der Anwendung der DGUV-I herleitet),
sondern es muss bewiesen werden, dass nicht
alle Maßnahmen im Sinne des Arbeitsschutzes
ergriffen wurden. Und im Rahmen einer ausführ-
lichen Dokumentation, die ja mit der Erstellung
einer Gefährdungsbeurteilung und Betriebsan-
weisung vorliegt, wird das echt schwer. Bedeu-
tet am Ende des Tages mehr Sicherheit für den
Arbeitgeber aber auch für die Arbeitnehmer, an-
dere Beschäftigte und Dritte.
Dann ist da noch etwas. Im Schimmel-Leit-
faden (UBA 2016) wird der professionelle Um-
gang mit Schimmel aus Sicht des Sanierungs-
ziels, insbesondere aus Sicht des Verbrauchers
besprochen (11, 12). Die Auswirkungen von
Biostoffen auf den Schimmel-Profi spielen da-
bei keine Rolle, sondern anerkannte Regeln der
Technik zur Wiederherstellung einer zumutba-
ren Innenraumhygiene. Davon unterscheidet
sich die DGUV-I insofern, dass hier nicht das
erhöht
Gefährdungs-
klasse 1
Gefährdungs-
klasse 2a
Gefährdungs-
klasse 2b
hoch
sehr hoch
Gefährdungs-
klasse 3
Dauer der
Tätigkeit
<2h
>2h
Bild 2: Die neu definierten Gefährdungsklassen der DGUV-I 201-028 nach Bonner 2016
(10): Für die Festlegung der einzelnen Gefährdungsklassen wurde der technische Kontroll-
wert der TRBA 214 vereinbart sowie der allgemeine Staubgrenzwert herangezogen.