Schützen & Erhalten - page 25

Während in der industriellen Fertigung
eine Planung durch vorgegebene Stück-
zahlen und Abnahmezeitpunkt relativ
zeitnah und gesichert erfolgen kann,
machen in Baubetrieben Faktoren wie das
Wetter, schwankende Auslastungsgrade
und immer kürzer werdende Auftragsvor-
laufzeiten eine Planung und Steuerung
sehr schwierig.
Nicht selten erfolgt die Unternehmenssteuerung
über das Bankkonto oder den monatlichen steu-
erlichen Aufzeichnungen (betriebswirtschaftliche
Auswertung BWA der Datev).
Diese beziehen sich auf einen abgelaufenen
Zeitraum und sind für eine Steuerung nur wenig
geeignet. Auch fehlen in diesen Darstellungen
oft entscheidende Größen wie die Angefangenen
Arbeiten (Teilfertige Arbeiten), die das „Betriebs-
ergebnis“ wesentlich beeinflussen können. Des
Weiteren muss beachtet werden, dass bspw. bei
Einzelunternehmen die „Aufwendungen“ für den
Unternehmer, seine Entnahmen, im ausgewiese-
nen Ergebnis nicht berücksichtigt sind. Weitere
Aufwendungen und Kosten, wie Abschreibungen
oder Kosten der Bilanzerstellung, werden im Re-
gelfall erst im Rahmen des Jahresabschlusses er-
mittelt und unterjährig nicht aufgeführt.
Oftmals kommt erst mit der Bilanzerstellung,
Mitte des Folgejahres, das böse Erwachen, dass
etwas schief gelaufen ist. Für korrigierende Maß-
nahmen ist es dann zu spät.
Nicht unkritisch ist es, wenn versucht wird
auf Basis dieser Bilanz die Grundlagen der Kal-
kulation abzuleiten. Wurden zwischenzeitlich
Investitionen getätigt oder die Mitarbeiteran-
zahl hat sich verändert, wirkt sich das direkt
auf die Kostensituation und die Kalkulations-
ansätze aus. Hat sich beispielsweise die Anzahl
der produktiven Mitarbeiter reduziert, steigt in
direkter Abhängigkeit die Kostenbelastung je
Produktivstunde.
Nach wie vor wird im Handwerk mit dem
breiten Daumen kalkuliert, nicht selten mit dem
Argument, dass der „Marktpreis“ akzeptiert
werden muss. Generell ist es richtig, dass sich
der Betrieb an den Marktgegebenheiten auszu-
richten hat. Aber abgesehen von dem Umstand,
dass bei der Nachfrage, was denn der ortsübliche
Marktpreis sei, bei vier befragten Unternehmen
vier unterschiedliche Angaben gemacht wer-
den, ist es hilfreich seine individuelle preisli-
che Schmerzgrenze zu kennen. Denn manchmal
kann mehr Geld verdient werden, wenn man ei-
nen Auftrag ablehnt.
Erfahrungen im Maler- und Lackiererhandwerk
zeigen beispielsweise auf, dass gerade 50% der
Aufträge kostendeckend sind, bei 30% der Auf-
träge der Betrieb drauflegt und nur 20% einen
Gewinn erzielen. Diese 20% müssen dann die
Verlustaufträge abdecken.
So erklärt sich u.a., warum in diesem Gewerk
die Wirtschaftlichkeit (Umsatzrentabilität) im
Durchschnitt gerundet nur 3% beträgt.
Der in der Theorie häufig zu lesende Ge-
winnaufschlag in der Kalkulation von 10% hat
seinen Ursprung mehr in der Einfachheit der Re-
chenbarkeit dieser Größe, als in einer konkreten
Kosten- und Ertragsberechnung.
Werden dann den Mitarbeitern noch Zeit-
vorgaben für die Baustelle mitgegeben, nicht
selten in Form von Minutenwerten, erfüllt das
betriebswirtschaftlich gesehen den Tatbestand
einer vorgetäuschten Genauigkeit.
Dass sich ein fehlendes Steuerungsinstrumen-
tarium im betrieblichen Erfolg niederschlägt, be-
legt auch eine Studie des Zentrums für Insolvenz
und Sanierung Mannheim. In dieser Untersuchung
wurden Insolvenzverwalter nach den wichtigsten
Insolvenzursachen befragt. Hauptursache hier-
bei, ein fehlendes Controlling.
Auch wenn in Betrieben des Holz- und Bau-
tenschutzes der Erhalt und die Sanierung im Vor-
dergrund ihrer Tätigkeit stehen, betriebswirt-
schaftlich gesehen werden nur Stunden verkauft.
Je mehr Stunden am Markt, sprich dem Kunden,
verkauft werden können, desto günstiger fällt
das Betriebsergebnis aus.
Ein handwerksgerechtes Controlling stellt da-
her die Produktivstunden und deren Kostenbelas-
tung in den Mittelpunkt der Steuerung.
In einem ersten Schritt werden die voraus-
sichtlich zur Verfügung stehenden Produktiv-
stunden ermittelt. Hierbei geht die Anzahl der
Mitarbeiter ebenso ein, wie die für das Planjahr
anfallenden Feier- und Urlaubstage, an denen
nicht gearbeitet wird. Des Weiteren wird der
bisherige Krankenverlauf analysiert und zukünf-
tig zu erwartende Ausfallzeiten durch Krankheit
in die Berechnung einbezogen. Als Faustformel
kann gelten, dass je produktivem Mitarbeiter und
Jahr ein Krankenstand von durchschnittlich 7–8
Krankentagen als üblich angesehen werden kann
(ohne Sondereinflüsse wie Arbeitsunfälle). In den
weiteren Schritten wird dann die aktuelle Kosten-
belastung je Produktivstunde berechnet.
Es erfolgt eine Unterteilung der Kosten in
sogenannte variable und fixe Kosten. Variable
Kosten stehen in einem direkten Bezug zum Lohn
(bspw. lohngebundene Kosten, wie die Sozialver-
sicherungsbeiträge des Arbeitgebers); fixe Kosten
(bspw. Miete), die auch zeitabhängige Kosten
genannt werden, fallen in erster Linie für den
Gesamtbetrieb an. Bei den fixen Kosten werden
in der Planung Neuinvestitionen, Preisverteue-
rungen oder Einsparungen berücksichtigt.
Durch diese auf die
zukünftige
Kostenbe-
lastung ausgerichtete Planung stehen dem Be-
trieb alle notwendigen Informationen für die
Steuerung zur Verfügung. Seine voraussichtliche
Kapazität, die direkten Kosten, die anfallen,
wenn gearbeitet wird und die Belastung durch
fixe Kosten. Durch die Trennung der Kosten in
variable und fixe Anteile können folgende unter-
nehmerische Fragen beantwortet werden,
bevor
das Planjahr begonnen hat:
– Wie groß muss, wie klein darf der Betrieb
bei der jeweiligen Preissituation sein?
– Wie wirken sich Investitionen auf das Er-
gebnis aus, was kann sich der Betrieb nur
leisten?
– Wo liegt die preisliche Schmerzgrenze, wann
lohnt es sich einen Auftrag abzulehnen?
– Hat der Betrieb, ausgehend von seiner Kos-
tenbelastung und der Marktpreissituation
überhaupt eine Chance auf Gewinn?
– Wann erreicht der Betrieb seine Gewinn-
schwelle?
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Betriebswirtschaft
Steuern statt Blindflug, Controlling im Handwerk
Anteile der Tätigkeiten an der Anwesenheitszeit auf Baustellen.
Die wichtigsten Insolvenzursachen – Ergebnisse einer Faktorenanalyse.
Schützen & Erhalten · September 2010 · Seite 25
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