Rechtsberatung
Bundesregierung plant Gesetzesänderung zur
Reform des Bauvertragsrechts
Die Bundesregierung hat ihren Gesetzent-
wurf zur Reform des Bauvertragsrechts und
zur Änderung der kaufrechtlichen Mängel-
haftung in den Bundestag eingebracht.
Dadurch soll der rechtliche Boden sicherer
werden, auf dem Verträge zwischen Bau-
herren und Baufirmen geschlossen werden.
Die Bundesregierung begründet ihr Vorhaben
damit, dass Bauverträge bisher dem Werkver-
tragsrecht unterliegen, das aber „sehr allge-
mein gehalten“ und „für die komplexen, auf eine
längere Erfüllungszeit angelegten Bauverträge
häufig nicht detailliert genug“ sei. Wesentliche
Fragen des Bauvertragsrechts seien „nicht ge-
setzlich geregelt, sondern der Vereinbarung der
Parteien und der Rechtsprechung überlassen“,
schreibt die Bundesregierung in der Einleitung
des Gesetzentwurfs. Als wesentliches Ziel des
Gesetzentwurfs nennt sie deshalb einen besse-
ren Verbraucherschutz für Bauherren.
Dazu will die Bundesregierung die allgemei-
ne Regelung des Werkvertragsrechts im Bürger-
lichen Gesetzbuch (BGB) um
spezifische Regelungen eines
Bauvertragsrechts ergänzen.
Zu den vorgeschlagenen Ände-
rungen gehört die Einführung
der neuen Rechtsfigur eines
Verbraucherbauvertrages im
BGB. Unter anderem soll der
private Bauherr gegenüber
dem Auftragnehmer ein soge-
nanntes Anordnungsrecht er-
halten, das heißt die Befugnis,
Änderungswünsche zur Bauaus-
führung einseitig anzuordnen.
Außerdem soll das Kündigungs-
und Widerrufsrecht klar geregelt werden.
Weiterer Bestandteil des Gesetzentwurfs ist
die Anpassung des Kaufvertragsrechts an die
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.
Dabei geht es um die Haftung, wenn mangel-
haftes Material verbaut worden ist. In diesem
Fall ist der ausführende Handwerker nach gel-
tender Rechtslage verpflich-
tet, das mangelhafte Material
wieder auszubauen und durch
fehlerfreies zu ersetzen. Der
Handwerker kann aber gegen-
über dem Händler, von dem
er das mangelhafte Material
bezogen hat, nur dessen Er-
satz verlangen und bleibt auf
den Kosten für den Aus- und
Wiedereinbau sitzen. Dies
soll mit dem Gesetzentwurf
zugunsten des Handwerkers
geändert werden.
Der Bundesrat hat am
22.4.2016 eine umfangreiche Stellungnahme zu
dem Gesetzentwurf mit zahlreichen Änderungs-
wünschen beschlossen, welche die Bundesre-
gierung teils ablehnend, teils zustimmend oder
abwägend beantwortet hat.
Weitere Materialien: Deutscher Bundestag;
Bundestagsdrucksache 18/8486
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RA Albrecht W.
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Abdichtungsarbeiten müssen intensiv überwacht werden
Gewährleistungsrechte des Auftraggebers bereits vor Abnahme?
Erhält ein Architekt den Auftrag wichtige
Arbeiten und Schwerpunktarbeiten auf der
Baustelle zu überwachen und intensiv auf
die Bauausführung zu achten, so muss er
die Ausführung von Abdichtungsarbeiten
besonders intensiv überwachen.
Sachverhalt:
Ein privater Bauherr schloss mit einem Bau-
unternehmer einen Bauvertrag zur Errichtung
eines erweiterten Rohbaus eines Einfamilien-
hauses. Unter anderem war eine Abdichtung
gegen nicht drückendes Wasser geschuldet. Be-
sonders während der Ausführungen und vor der
Abnahme der geschuldeten Bauleistungen wur-
den Beanstandungen an den ausgeführten Ab-
dichtungsarbeiten gerügt.
Der Bauunternehmer wandte ein, nicht man-
gelhaft gearbeitet zu haben und beseitigte die
Beanstandungen nicht. Der Bauherr nimmt da-
raufhin die Beklagte auf Zahlung eines Kosten-
vorschusses in Höhe der voraussichtlichen Män-
gelbeseitigungskosten in Anspruch.
Das OLG Brandenburg (4 U 26/12) hat hierzu
ausgeführt: „Grundsätzlich entstehen die werk-
vertraglichen Gewährleistungsrechte erst mit Ab-
nahme der Werkleistung. Ausnahmsweise können
dem Besteller schon vor der Abnahme Mängel-
rechte zustehen, etwa dann, wenn der Unterneh-
mer sein Werk als fertig gestellt angesehen und
abgeliefert hat, der Auftraggeber die Abnahme
wegen Mängeln verweigert und der Unternehmer
die Mängelbeseitigung endgültig verweigert.“
Diese Auffassung entspricht auch der Recht-
sprechung des OLG Hamm und des OLG Köln.
Das OLG führt aus, dass der geltend gemach-
te Kostenvorschussanspruch zur Mängelbeseiti-
gung die fehlende Abnahme der Arbeiten durch
den Beklagten nicht entgegensteht.
Die werkvertraglichen Mängelrechte und der
Anspruch auf Kostenvorschuss entstünde zwar
grundsätzlich erst mit Annahme der Werkleistung.
Ausnahmsweise bestehen die Mängelrechte erst
vor der Abnahme, wenn der Unternehmer – wie
im vorliegenden Fall – sein Werk als fertig ge-
stellt ansieht und abgeliefert hat, der Auftrag-
geber allerdings die Abnahme verweigern kann
und der Unternehmer die Mängelbeseitigung
endgültig verweigert. Das Gericht sah so einen
Ausnahmetatbestand im vorliegenden Fall. Dem
Bauherrn wird der verlangte Kostenvorschuss zur
Mängelbeseitigung zugesprochen.
Zugleich rügte das Gericht die Bauüberwa-
chung des Architekten. Seine Haftung sei nach
Ansicht des Gerichts auch nicht wegen der ge-
ringen Höhe des vereinbarten Honorars begrenzt.
Der Haftungsumfang bestimme sich grundsätzlich
nicht nach der Höhe der vereinbarten Leistung.
Er richte sich vielmehr nach dem vertraglichen
Leistungssoll.
Im vorliegenden Fall war ausschlaggebend,
ob und mit welcher Intensität der Architekt die
Arbeiten hat überprüfen müssen. Die handwerk-
liche Ausführung einer Bitumendickbeschichtung
sei insbesondere bei drückendem Wasser oder
aufstauendem Sickerwasser keine handwerkliche
Selbstverständlichkeit, die nicht besonders über-
wacht werden müsse.
Der Architekt hätte hier vielmehr besonde-
re Aufmerksamkeit walten lassen müssen. Da er
dies unterlassen habe, müsse er für die entstan-
denen Schäden haften.
Stellungnahme:
Die Frage nach Mängelrechten vor der Ab-
nahme bei Abschluss eines BGB-Werkvertrages
wird kontrovers diskutiert. Zum Bestehen von
Mängelrechten vor der Abnahme gibt es keine
höchstrichterliche Entscheidung des Bundesge-
richtshofes. Mit der vorliegenden Entscheidung
steht das OLG Brandenburg jedoch im Einklang
mit bereits ergangenen Entscheidungen des OLG
Hamm und des OLG Köln. Besonders zu beach-
ten ist, dass der Unternehmer, der einen BGB-
Werkvertrag abgeschlossen hat und vor Abnahme
seiner Leistungen die Beseitigung von Mängeln
endgültig ablehnt, in das Risiko läuft, dass der
Auftraggeber die Mängel selbst beseitigen lässt
oder für die Mängelbeseitigung einen Kosten-
vorschuss verlangt.
Dass im vorliegenden Fall auch – wegen der
besonderen Bedeutung der Abdichtungsarbeiten
− der Architekt mit in die Haftung genommen
wird, ist noch einmal eine besondere Nuance
dieser wirklich wichtigen Entscheidung.
OLG Brandenburg,
Urteil vom 22.12.2015, 4 U 26/12
Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 27