Betriebswirtschaft
Kurzprofil Autor:
Wolfgang Krauß, Diplom Be-
triebswirt, seit über 22 Jah-
ren in der betriebswirtschaft-
lichen Beratung von Hand-
werksbetrieben tätig.
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Weichselbrunn 8
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RA Andreas Becker
Fachanwalt für Bau- und
Architektenrecht
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Wenn die eigenen Kapazitäten voll ausge-
lastet sind, beim befreundeten Kollegen
es gerade etwas mau aussieht, liegt der
Gedanke nahe, dessen Mitarbeiter auf
den eigenen Baustellen einzusetzen. So
muss der Kollege keine Mitarbeiter frei-
stellen und der eigene Betrieb kann auf
qualifizierte Arbeitnehmer zurückgreifen.
Eine auf den ersten Blick für beide Seiten
sinnvolle Lösung. Stellt sich hierbei nur
die Frage, was ist erlaubt, welchen recht-
lichen Anforderungen muss entsprochen
werden und zu welchen Konditionen wird
der Einsatz verrechnet.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen dieser „Leih-
arbeit“ sind im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz
(AÜG) geregelt. Eine Leiharbeit liegt vor, wenn
ein Arbeitgeber (Verleiher) einen Arbeitnehmer
(Leiharbeiter) an einen Dritten (Entleiher) ge-
werbsmäßig zur Arbeitsleistung überlässt. Die
gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in
Betrieben des Baugewerbes für Tätigkeiten, die
üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden,
ist allerdings grundsätzlich unzulässig. Eine Aus-
nahme hiervon bildet die Kollegenhilfe, wenn fol-
gende Voraussetzungen erfüllt sind. Der Verleiher
und der Entleiher sind innerhalb des Baugewer-
bes tätig und unterliegen den gleichen Rahmen-
und Sozialkassentarifverträgen und dies beim
Verleiher seit mindestens drei Jahren. Wichtig
ist auch, dass (gemäß § 1a AÜG) im Falle der
Kollegenhilfe der Verleihbetrieb weniger als 50
Beschäftigte hat. Die Anzahl der Mitarbeiter bei
dem entleihenden Betrieb hingegen unterliegt
keiner Reglementierung. Dann kann der Ver-
leihbetrieb zur Vermeidung von Kurzarbeit oder
Entlassungen einen Arbeitnehmer, sofern dieser
einverstanden ist und er nicht speziell zum Zweck
der Überlassung eingestellt wurde, bis zu einer
Dauer von zwölf Monaten dem Kollegenbetrieb
überlassen. Auch wenn hierfür keine Erlaubnis
erforderlich ist, muss die Arbeitnehmerüberlas-
sung allerdings bei der Bundesagentur für Ar-
beit (§ 1a Abs. 2 AÜG) angezeigt werden. In der
Anzeige sind anzugeben:
1. Anzeigender: Name (Firmenname), Anschrift
2. Angaben zur Person des Arbeitnehmers: Vor-
und Familiennamen, Wohnort und Wohnung,
Tag und Ort der Geburt des Arbeitnehmers,
3. Art der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tä-
tigkeit und etwaigen Pflicht zur auswärtigen
Leistung,
4. Beginn und Dauer der Überlassung
5. Entleiher: Firma und Anschrift des Entleihers.
Ein Formular kann unter
oder unter
/
heruntergeladen werden.
Sofern die rechtlichen Hürden genommen
sind, stellt sich die Frage beim Verleiher, was
kann ich denn vom Kollegen für die „Verleih-
stunde“ verlangen? Auf der einen Seite ist man
natürlich froh eine Einsatzmöglichkeit für den
Mitarbeiter zu haben, auf der anderen Seite lau-
fen die Lohn- und darauf anfallenden Sozialko-
sten weiter. Auch darf die „Verleihstunde“ für
den Kollegen nicht zu teuer werden, da dieser
die Leistung ja auch wieder bei seinem Auftrag/
Kunden unterbringen muss.
Im nachfolgend beschriebenen Beispielbe-
trieb (Verleihbetrieb) sieht der „übliche“ Kalku-
lationsansatz wie folgt aus:
Mittellohn
14,50 Euro/
Stunde
Zuschlag Mittellohn für
lohngebundene Gemein-
kosten (AG-Anteil Sozial-
versicherung, Berufs-
genossenschaft, Kassen-
beiträge+Umlagen etc.)
90% = 13,05 Euro/
Stunde
Zuschlag Mittellohn
für leistungsbedingte
Gemeinkosten (Spritkosten,
Reparaturen, Hilfs- und
Betriebsstoffe etc.)
30% = 4,35 Euro/
Stunde
Zuschlag Mittellohn für fixe
Gemeinkosten (Verwaltung,
Miete, Abschreibungen
etc.)
90% = 13,05 Euro/
Stunde
= Kostensatz
44,95 Euro/
Stunde
Gewinnaufschlag auf den
Kostensatz
2% = 0,90 Euro
Stunde
Verrechnungssatz netto
45,85 Euro/
Stunde
Kollegenhilfe und ihre Verrechnung
Eine juristisch/betriebswirtschaftliche Betrachtung
Die Untergrenze eines möglichen Verrech-
nungssatzes muss zumindest die Kosten abde-
cken, die beim Verleihbetrieb direkt entstehen.
Dies ist einmal der Stundenlohn des Mitarbeiters
und die darauf anfallenden lohngebundenen Ge-
meinkosten (Sozialabgaben, AG-Anteil, Kassen-
beiträge, Berufsgenossenschaft etc.).
Ausgehend von dem Beispiellohn in Höhe von
14,50 Euro und darauf anfallende Lohngebundene
Gemeinkosten von 90% fallen insgesamt direkte
Kosten in Höhe von 27,55 Euro die Stunde an.
Werden in irgendeiner Form Fahrgelder gezahlt,
so sind diese zusätzlich zu berücksichtigen. Die-
se Höhe stellt die rechnerische Untergrenze dar.
Sonstige Kosten, wie anfallende Verwaltungsko-
sten oder gar ein Gewinnaufschlag sind in die-
sem Betrag noch nicht berücksichtigt.
Sogenannte Leistungsbedingte Gemeinkosten
fallen beim Verleihbetrieb nicht mehr an, da der
Mitarbeiter für die Zeit der Verleihung mit den
Werkzeugen des Entleihers arbeitet und auch in
dessen Betriebsprozess, wie dessen eigene Mit-
arbeiter eingebunden ist.
Allerdings verursacht der Mitarbeiter, auch
wenn er für eine Zeit beim Kollegen arbeitet,
bei seinem Heimatbetrieb immer noch einen
gewissen Verwaltungsaufwand für Buchhaltung
etc. Diesen rechnerisch zu greifen, ist in der
Praxis allerdings nur schwer möglich und setzt
eine kostenrechnerische Ausrichtung des Be-
triebes voraus, die nur in den seltensten Fällen
gegeben ist.
Würden alle fixen Gemeinkosten der Verwal-
tung in Höhe eines Zuschlages von 90% auf den
Lohn angesetzt werden, so wären im Beispiel
nochmals 13,05 Euro an Kosten zu berücksich-
tigen. Der „Verleihsatz“ stiege dann auf 40,60
Euro/Stunde an.
Dieser Verrechnungssatz dürfte für den Ent-
leiher im Regelfall aber schon uninteressant
werden, da für ihn beim Einsatz des Mitarbei-
ters zusätzlich zu den „Entleihkosten“ noch die
Kosten für Sprit, Hilfs- und Betriebsstoffe etc.
entstehen. Wären diese so hoch wie beim Verlei-
her (Leistungsbedingte Gemeinkosten je Stunde
4,35 Euro) so stiege sein Kostensatz beim Einsatz
des Kollegenmitarbeiters auf 44,95 Euro (40,60
Euro Einkaufspreis zzgl. anfallender leistungsbe-
dingter Gemeinkosten in Höhe von 4,35 Euro).
Ein darüber hinausgehender Gewinn ist bei die-
sem Wert noch nicht berücksichtigt.
Welcher Verrechnungssatz am Ende vereinbart
wird, ist letztlich abhängig von der Ausgangssi-
tuation des jeweiligen Betriebes. Interessant ist
das Modell der Kollegenhilfe auch, wenn beide
Betriebe einen unterschiedlichen konjunkturellen
Verlauf haben und auf diese Art und Weise dem
Mitarbeiter eine durchgängige Beschäftigung
ermöglicht werden kann.
Schützen & Erhalten · Dezember 2012 · Seite 30