Desinfektion von Schimmelpilzbefällen –
wo stehen wir?
Immer wieder taucht die
Frage auf, wie sinnvoll
Desinfektionsmaßnahmen
gegen Schimmelpilzbefälle
sind. Da kann man es sich
einfach machen und in
gängige Leitfäden schauen,
welche erklären, dass von
Desinfektionsmaßnahmen,
Schimmel-Ex usw. abgera-
ten wird. Das ruft Gegner
auf den Plan, welche wie-
derum ihre Produkte als
geeignet bewerben und
dies auch in der einen oder anderen Weise
nachweisen können (oder dies glauben).
Aus wissenschaftlicher Sicht ist kein Platz für
Glaubenskriege, stattdessen sind Fakten zu be-
werten. Fakt ist, dass es wissenschaftliche Krite-
rien und erprobte Methoden gibt, wie die Wirk-
samkeit von Desinfektionsmitteln zu ermitteln
und zu beurteilen ist. Dumm nur, dass diese sich
im Wesentlichen an medizinischen/hygienischen
Parametern orientieren. Wer nun spötteln möch-
te, hat guten Grund dafür. Schaut man sich die
hygienischen Probleme in Krankenhäusern, mul-
tiresistente Keime und nosokomiale Infektionen
an, so ist in der Tat die Vermutung naheliegend,
dass da irgendetwas mit der Desinfektion nicht
hinhauen kann. Die Frage folgt unmittelbar –
was hat das mit Schimmelpilzbefällen auf Bau-
stoffen zu tun?
Eine ganze Menge. Eine naturwissenschaft-
liche Annäherung an das Thema bedarf weitrei-
chender Ausführungen, nämlich:
– Wie wirken Biozide/Antibiotika/Desinfekti-
onsmittel auf die abzutötende Zelle (Target)?
– Wie wird dies standardmäßig geprüft und
was ist ein „gutes Ergebnis“?
–Und welche veränderten
Rahmenbedingungen sind
für Schimmelpilz- aber auch
Bakterienbefälle an und in
Baustoffen anzusetzen?
Das in einem einzigen Ar-
tikel erschlagen zu wollen,
ist ein nahezu unmögliches
Vorhaben. Stattdessen sollen
einige grundlegende Informa-
tionen vermittelt werden, die
den Leser befähigen, selbst
zu entscheiden, ob, wann
und wie durchgeführt eine Desinfektionsmaß-
nahme sinnvoll ist und wann man besser die
Finger davon lässt.
Begriffsklärungen
Der Begriff Desinfektion ist schnell zur Hand,
ebenso wie Desinfektionsmittel für Schimmel,
Haushalt und Bad… Doch was steckt dahinter?
Unter Desinfektion versteht man ganz allgemein
eine Reduktion der Keimzahl, sodass keine In-
fektion mehr stattfinden kann. Eine Desinfektion
umfasst chemische (biozide) oder physikalische
Maßnahmen (z. B. Bestrahlung), als Erfolgskri-
terium wird eine Reduktion um 4–5 log-Stufen
angesetzt.
1,2,4
Das Robert Koch-Institut (RKI)
schreibt hierzu:
Unter Desinfektion versteht man
das gezielte Abtöten von Krankheits- bzw. Fäulnis-
erregern an einem Gegenstand, einer Oberfläche
oder einem lebenden Gewebe mit Hilfe chemischer
oder physikalischer Methoden. Ziel der Desinfekti-
on ist, das Risiko einer Infektion an Mensch und
Tier zu minimieren.
Anhand dieser Definition lässt
sich jedoch schon mal Folgendes ableiten: Eine
Desinfektion ist immer eine Reduktion
um
ein
vorgeschriebenes Maß, aber nicht
auf
ein vorge-
schriebenes Maß, d. h., es liegt kein keimfreier
Zustand vor; es ist lediglich ein mikrobiologisch
unbedenklicher Zustand nachzuweisen.
Man könnte ableiten, dass je höher die Re-
duktionsrate in log-Stufen
(Logarithmus zur Ba-
sis 10, Umkehrfunktion zum Zehnerpotenzieren),
umso besser ist das Desinfektionsverfahren. Al-
lerdings liegt in einer kritiklosen Übernahme der
Reduktion um die entsprechenden log-Stufen
auch eine gewisse Gefahr.
4
Log-Stufen geben
eine Sterilisationswahrscheinlichkeit an und
lassen außer Acht, welche Ausgangkontamina-
tion vorliegt. Dieser Zusammenhang ist in der
Tabelle 1 dargestellt. Wie schon beschrieben,
bleiben je nach der Reduktionsstufe lebensfä-
hige Keime zurück. In der Reduktionsstufe log 6
bleibt von 1 Million Keime gerade mal 1 Organis-
mus am Leben, bei 10 Millionen sind es schon
10 Zellen, die vermehrungsfähig bleiben usw....
Sicherheit über den mikrobiellen Status erhält
man demzufolge nur dann, wenn man auch die
Ausgangskeimzahl kennt und somit abschätzen
kann, welcher lebensfähige Keimgehalt wahr-
scheinlich zurückbleiben wird.
In Prozent In log-
Stufen
Überlebende
Keime
99
2
1 von 100
99,9
3
1 von 1.000
99,99
4
1 von 10.000
99,999
5
1 von 100.000
99,9999 6
1 von 1.000.000
Tabelle 1: Reduktionsstufen und Restkeimgehalt an
vitalen Mikroorganismen.
Leider sind diese Zahlen, wie schon beschrie-
ben, Abtötungswahrscheinlichkeiten, ermittelt
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Bild 5/6: Was bei der Desinfektion alles schiefgehen kann: Auch Desinfektionsmittel selbst können Opfer mikrobieller Attacken werden. Hier dargestellt, das muntere
Treiben von Pilzen und Einzellern (Glockentierchen) bei 600-facher Vergrößerung im Deckel eines Desinfektionsmitteltanks. (Foto: Messal)
Schützen & Erhalten · Dezember 2012 · Seite 24