Schützen & Erhalten · März 2000 · Seite 46
BLICK IN DIE BRANCHE
Aus verfahrenstechnischer Sicht
Der qualifizierte Fachmann ist gefragt
Wohl kaum ein Thema wur-
de in den letzten Jahren
so kontrovers und emo-
tionsgeladen diskutiert
wie das des Holzschutzes.
Hiermit und mit dem, was
den Holz- und Bauten-
schützer in Zukunft er-
wartet, setzt sich Werner
Roßkopf, Bau-Fachjourna-
list auseinander.
Oftmals orientierte man sich
allzu sehr an Produkten und
Verfahren, die längst nicht mehr
Stand der Technik waren. Und
dies, obwohl gerade im Holz-
schutz beachtliche Fortschritte
erzielt wurden, sowohl was die
Wirkstoffe als auch die Verfah-
ren anbelangt.
Unverändert ist allein der
Ausgangspunkt: Holz ist ein
organischer Werkstoff, der im
Kreislauf der Natur wächst und
vergeht. Verbautes und verar-
beitetes Holz wird auch künf-
tig unter bestimmten Bedin-
gungen von Pilzen und Insek-
ten angegriffen. Wenn wir die
aus Holz angefertigten Bauteile
möglichst lange in ihrem Wert
erhalten wollen, so müssen wir
in diesen natürlichen Kreislauf
eingreifen und Holz vor seinen
Feinden schützen beziehungs-
weise diese im Falle eines Be-
falls wirksam bekämpfen.
Neue Wirkstoffe
Holz lässt sich auf verschie-
dene Arten schützen. Am be-
kanntesten sind der bauliche
und der chemische Holzschutz.
Allen gegenteiligen Behauptun-
gen zum Trotz gibt es zum
chemischen Holzschutz nach
wie vor in vielen Fällen noch
keinen verantwortbaren Ersatz.
Zudem sind die Hersteller stän-
dig bemüht, sowohl bestehen-
de Wirkstoffe zu verbessern als
auch neue Wirkstoffe zu ent-
wickeln, die im Sinne des
Schutzes von Verarbeiter und
Verbraucher noch differenzier-
ter und auf den Einzelfall ab-
gestimmt eingesetzt werden
können. Damit lassen sich che-
mische Holzschutzmaßnahmen
nicht nur effektiver, sondern
auch sicherer für den Menschen
und schonender für die Umwelt
durchführen.
kämpfungsmaßnahmen wie bei-
spielsweise die Begasung oder
die Heißluftbehandlung. Die
Anwendung letzterer ist mit Si-
cherheit überaus wirksam
bei Insektenbefall, bei einer
Schwammbekämpfung aber nach
Ansicht der meisten Fachleu-
te problematisch. Am wirksam-
sten ist hier nach wie vor der
Einsatz von Bioziden. Zuneh-
mende Bedeutung werden da-
bei aber Verfahren erlangen,
die einen möglichst umwelt-
und anwenderschonenden Ein-
satz der Mittel ermöglichen. Als
Beispiel sei hier das Schaum-
verfahren genannt.
Bei der Schaumtechnologie
werden Holzschutzmittel durch
Vermischen mit Druckluft in eine
Schaumform überführt. Der auf
die jeweilige Oberfläche aufge-
tragene Schaum zerfällt lang-
sam und gibt dabei die gebun-
dene Schutzmittellösung an das
zu behandelnde Bauteil ab. Die
Verschäumung von Holzschutz-
mitteln weist gegenüber den
herkömmlichen Schutzbehand-
lungen von befallenen Bautei-
len wie Spritzen und Sprühen
eine ganze Reihe von Vortei-
len auf: So verfügt der Schaum
über hervorragende Haftungs-
eigenschaften auf Holz und
Mauerwerk sowie über beson-
ders vorteilhafte Transportme-
chanismen. Auf diese Weise
verursacht das Verfahren nahezu
keine Schadstoffbelastung der
Luft. Dadurch werden auch -
und dies ist für eine Sanie-
rungsbaustelle, auf der eine
Vielzahl von Arbeiten gleich-
zeitig ausgeführt werden müs-
sen besonders wichtig - andere
Gewerke nicht in ihrer Arbeit
beeinträchtigt.
Das Verfahren bewirkt zu-
dem einen erheblichen verbes-
serten Schutzeffekt, da auch
schwer zugängliche Bauteile
wie Unterdielenräume, Balken-
„Der Holzschutz der Zukunft
wird ein ‚integrierter Holz-
schutz‘ sein.“
Ein Beispiel hierfür sind die
„Insekten-Wachstumsregulato-
ren“, also Wirkstoffe, die ganz
gezielt in den Entwicklungspro-
zess von Holzschädlingen ein-
greifen. Sie zeichnen sich da-
bei durch einen völlig
neuartigen Wirkmechanismus
aus und stellen somit eine in-
novative Alternative zu den
bisher zur Bekämpfung holzzer-
störender Insekten eingesetz-
ten Wirkstoffen, wie beispiels-
weise den Pyrethroiden, dar.
Wachstumsregulatoren wirken
beispielsweise, indem sie ver-
hindern, dass sich aus den im
Holz abgelegten Eiern lebens-
fähige Larven entwickeln be-
ziehungsweise eine Häutung
der Larven erfolgen kann. Dazu
reichen schon kleinste Ein-
bringmengen aus. Was jedoch
am wichtigsten ist: Der Wirk-
stoff greift dabei ganz selek-
tiv in insektenspezifische
Stoffwechselvorgänge ein, die
bei den Nicht-Zielorganismen,
also beispielsweise bei Wirbel-
tieren, überhaupt nicht vorhan-
den sind.
Von den Wachstumsregula-
toren ist es dann nur ein kleiner
Schritt zu dem, was man als
biologischen Holzschutz be-
zeichnet. Auch hier geht es um
die Nutzung von Lebensvor-
gängen zur Abwehr von Holz-
schädlingen. Beispiele hierfür
sind der Einsatz von Pilzen, die
das Holz nicht selbst schädi-
gen, einen späteren Befall aber
wirksam verhindern, oder der
Einsatz von Sexuallockstoffen
zur Abwehr von tierischen
Schädlingen.
Ein anderer Ansatz ist die
gezielte Modifizierung des Hol-
zes, etwa durch Acetylierung
oder Hitzebehandlung. In bei-
den Fällen wird versucht, die
Holzsubstanz so zu verändern,
dass sie für holzschädigende
Organismen nicht mehr attrak-
tiv ist. Erste Erfolge wurden
auch bereits mit der Einlage-
rung wasserlöslicher, dünnflüs-
siger Harze erzielt, die im Holz
sehr fein vernetzen und so den
Schädlingen den Zugang zur
Holzsubstanz versperren. Vor
einem breiten Einsatz solch al-
ternativer Methoden stehen
allerdings noch umfangreiche
Forschungs- und Entwicklungs-
arbeiten. Dennoch ist eines si-
cher: Künftig wird es
den
Holz-
schutz nicht mehr geben,
sondern ein Nebeneinander
unterschiedlichster Maßnah-
men, die – geschickt kombi-
niert – einander unterstützen
und so den erstrebten Schutz-
effekt sicherstellen. Der Holz-
schutz der Zukunft wird daher
ein „integrierter Holzschutz“
sein.
Neue Verfahren
Zum integrierten Holz-
schutz zählen auch die ver-
schiedenen physikalischen
Verfahren im Rahmen von Be-