Schützen & Erhalten · September 2000 · Seite 6
DIE FACHBEREICHE
Holz- und Brandschutz
Strahlfüßiger Tintling
(Coprinus radians)
Dieser eher „harmlose“
Pilz tritt in Einzelfällen in
Gebäuden auf. Unser Au-
tor Ekkehard Flohr hat ihn
zum Thema seiner Reihe
über holzzerstörende Pil-
ze gemacht.
Erscheinungsform
Das Myzel des Strahlfüßigen
Tintlings besitzt eine fuchsro-
te bis rostrote Färbung. Es liegt
dem Substrat in zottiger, un-
regelmäßiger Gestalt an und
erinnert an einen filzigen Be-
lag oder an ein Fell. Dieses wird
Ozonium genannt. Auf dem Bil-
dern 3 und 4 ist dieses Myzel
an der Unterseite einer Holz-
balkendecke zu erkennen.
Das Myzel muss nicht
zwangsläufig gebildet werden.
Oftmals erscheinen nur die
Fruchtkörper in der bekannten
klassischen Form mit Stiel und
Hut (siehe Bild 1).
Der Stiel kann bis zu 10 Zen-
timeter lang sein. Er ist hohl
und besitzt eine weiß glänzende
Färbung. Der Hut ist anfangs in
der Mitte ockerbraun gefärbt
und wird zum Rand hin weiß-
lich. Die Hutoberfläche ist mit
Velum (hüllbildende Schicht, die
später als Flocken auf dem Hut
zurückbleibt – ähnlich wie beim
Fliegenpilz) bedeckt. Mit zuneh-
mendem Alter bildet sich vom
Rand her eine Längsfaltigkeit
aus.
An der Unterseite befinden
sich Lamellen, die anfangs weiß,
später bräunlich verfärbt sind.
Als Besonderheit besitzt der
Pilz die Fähigkeit, im Alter zu
„zerfließen“. Dabei bildet er eine
dunkle bis schwarze Flüssigkeit,
die sich wie ein Tintenklecks von
der Umgebung abhebt (Namens-
gebung). Die Schwarzfärbung
resultiert aus der Farbe der Spo-
ren (siehe Bild 2).
Vorkommen
Sehr hohe Holzfeuchten
(oberhalb des Fasersättigungs-
bereiches) sind erforderlich, um
dem Pilz das Wachstum zu er-
möglichen. Das Temperaturop-
timum liegt um 26 Grad Celsi-
us.
Die Gattung der Tintlinge
nennt man nicht zu unrecht
auch „Mistpilze“. Die Mehrzahl
dieser Pilze kommen oft auf
Kuhmist, Dunghaufen und frisch
gedüngtem Boden vor. Der
Strahlfüßige Tintling hingegen
wächst auf sehr feuchtem Holz.
Man findet ihn in Ställen,
Schuppen, Gewächshäusern,
Kellerräumen, Fachwerkkon-
struktionen und ab und an auch
im Bereich von Nässestellen
unter Waschbecken und Du-
schen.
Eigene Beobachtungen zu-
folge tritt er auch an frei be-
witterten Brennholzstapeln auf.
Dort überwächst er mehrere
Scheite und durchzieht den
Hohlraum mit seinem rostbrau-
nen Ozonium (Bild 5).
Ein Holzabbau findet sehr
zögerlich statt, sodass seine Zer-
störungskraft als gering einzu-
schätzen ist. Der Pilz erzeugt
im Holz eine Art Weißfäule.
Wirtschaftliche
Bedeutung und
Bekämpfung
Seine wirtschaftliche Bedeu-
tung ist auf Grund der gerin-
gen Zerstörungskraft geringfü-
gig. Vielmehr ist sein Auftre-
ten ein Indikator für sehr hohe
Holzfeuchte. Zudem können die
befallenen Holzteile durch an-
dere holzzerstörende Organis-
men geschädigt sein. Dann wird
in den meisten Fällen das Holz
auch ausgebaut, sodass eine
Bekämpfung irrelevant ist.
So wie bei allen anderen
Basidiomyceten hat das Holz
durch entsprechend chemische
Imprägnierung (in Abhängigkeit
der Gefährdungsklasse) einen
ausreichenden Schutz vor dem
Angriff des Strahlfüßigen Tint-
lings.
Dieser eher „harmlose“ Pilz
tritt in Einzelfällen in Gebäu-
den auf. Die imposante Erschei-
Bild 1: Fruchtkörper im Bauschutt
Bild 2: Spuren „zerfließender“ Fruchtkörper auf dem Ozonium Bild 3: Ozonium an
Bild 4:
Detail
aus der
Holzbalken-
decke
Bild 5:
Detail
vom
Ozonium