Schützen & Erhalten · September 2000 · Seite 15
– Im Übrigen beschränkt sich
die Untersuchungspflicht des
Sachverständigen auf fol-
gende zwei Sachverhalte:
– Mängel, die der Besteller ge-
genüber dem Unternehmer
oder dem Sachverständigen
behauptet hat
– Mängel, die für den Gutach-
ter bei einer Besichtigung
feststellbar sind.
Bei einer Besichtigung fest-
stellbar bedeutet nicht, dass der
Sachverständige beispielsweise
Materialprüfungen, Öffnung von
Bauteilen oder andere Aktivi-
täten vornehmen muss, um die
Feststellbarkeit zu ermöglichen.
Es geht vielmehr ausschließlich
um sichtbare Mängel, dies gilt
auch für die Mängel, die der
Besteller behauptet hat.
8. Wie beendet der
Sachverständige den
Auftrag?
Nach der Durchführung der
Objektsbesichtigung hat der
Sachverständige kein Gutachten
zu erstellen, sondern eine so-
genannte Fertigstellungsbe-
scheinigung auszustellen. Darin
muss er zum Ausdruck bringen,
dass das vom Unternehmer dem
Besteller vertraglich zugesag-
te Werk hergestellt und frei von
sichtbaren Mängeln ist. Ein Mu-
ster für eine solche Bescheini-
gung findet sich in der Anlage
zu diesem Merkblatt.
Kommt er jedoch zu dem
Ergebnis. dass Mängel vorhan-
den sind, kann er keine Beschei-
nigung erteilen. Er muss dann
diese Mängel schriftlich vermer-
ken und sie einzeln unter kur-
zer Beschreibung dokumentie-
ren. Dabei hat er die Mängel
zusätzlich zu qualifizieren (we-
sentlich oder unwesentlich),
weil in § 640 Abs. 1 (neue Fas-
sung) ausgeführt wird, dass die
Abnahme wegen unwesentlicher
Mängel nicht verweigert werden
kann. Ob ein Mangel wesent-
lich ist, hängt von seiner Art,
seinem Umfang und vor allem
seinen Auswirkungen ab. Dies
lässt sich nur unter Berücksich-
tigung der Umstände des jewei-
ligen Einzelfalls beurteilen. Für
die Wesentlichkeit eines Man-
gels kommt es entscheidend auf
die Auswirkungen des Mangels
im Hinblick auf die Gebrauchs-
tauglichkeit des Werkes im Rah-
men seiner Zweckbestimmung
an.
Dem Besteller ist vom Sach-
verständigen – unaufgefordert
– eine Abschrift der Beschei-
nigung zu erteilen. Die recht-
lichen Wirkungen der Beschei-
nigung treten erst mit ihrem Zu-
gang beim Besteller ein.
Deshalb sollte der Sachverstän-
dige die Bescheinigung per Ein-
schreiben mit Rückschein ver-
senden und dem Unternehmer
darüber Mitteilung machen.
Das Gesetz verlangt nicht,
dass der Sachverständige in der
Bescheinigung Ausführungen
darüber macht, wie die Mängel
zu beseitigen sind, welche Zeit
dafür aufzuwenden ist und was
das zusätzlich kostet. Solche
gutachterlichen Leistungen
müssen zusätzlich angefordert
und auch bezahlt werden. Nur
dann wird sich der Sachverstän-
dige auch dazu gutachterlich
äußern. Dieser Gutachterauftrag
hat nichts mit dem Verfahren
zur Erteilung der Fertigstellungs-
bescheinigung zu tun.
9. Wie wird der Sach-
verständige vergütet?
Das Gesetz sieht hierzu keine
Regelung vor. Insbesondere
kommt hier nicht das Gesetz
über die Entschädigung von
Zeugen und Sachverständigen
(ZSEG) zur Anwendung. Vielmehr
kann der Sachverständige Be-
rechnungsmodus und Umfang.
seiner Vergütung bei Abschluss
des Vertrages frei vereinbaren.
Eine Vorgabe in staatlichen
Gebührenordnungen wie der
HOAI dürfte es nicht geben, weil
diese Tätigkeit erst neu vorn
Gesetzgeber eingeführt wird.
Da der Sachverständige vom
Unternehmer beauftragt wird.
muss ihn dieser auch bezahlen.
Der Besteller kann allerdings
dem Unternehmer gegenüber zur
Übernahme der Lasten verpflich-
tet sein, beispielsweise, wenn
er mit der Abnahme oder der
Zahlung des Werklohnes im
Schuldnerverzug ist.
Wird eine Vereinbarung über
die Vergütung bei Abschluss des
Vertrages nicht getroffen, gilt
nach § 633 BGB die übliche
Vergütung als vereinbart. Hält
der Sachverständige das Verfah-
ren nach § 641a nicht ein oder
stellt er eine fehlerhafte Be-
scheinigung aus, hat er keinen
Anspruch auf Vergütung.
10. Wie haftet der
Sachverständige?
Der Sachverständige haftet
für die Erteilung einer fehler-
haften Bescheinigung om glei-
cher Weise wie für
die Erstat-
tung eines fehlerhaften Gutach-
tens bei Privatauftrag. Es kommt
also Vertragshaftung in Be-
tracht. Innerhalb von sechs
Monaten muss der Sachverstän-
dige – ohne Verschulden und
kostenlos – eine fehlerfreie Be-
scheinigung erteilen. Bei Vor-
liegen von Verschulden hat er
den Geschädigten – Unterneh-
mer oder Besteller – den da-
durch verursachten Schaden zu
ersetzen. Auch wenn der Ver-
trag nur mit dem Unternehmer
geschlossen wurde, so haftet er
nach Vertragsgrundsätzen auch
dem Besteller gegenüber (sog.
Dritthaftung).
Ein vertraglich vereinbarter
Haftungsausschluss für die Fälle
leichter Fahrlässigkeit kann die
Haftung abmildern; er gilt auch
gegenüber dem Besteller. Eine
entsprechende Vertragsklausel
sollte sich der Sachverständi-
ge jedoch von einem versier-
ten Rechtsanwalt formulieren
lassen, weil der Bundesgerichts-
hof beispielsweise für sogenann-
te Kardinalpflichten einen Haf-
tungsausschluss in AGB (Muster-
verträge) für einfache Fahr-
lässigkeit nicht für wirksam
ansieht.
Auf jeden Fall sollte der
Sachverständige über eine an-
gemessene Berufshaftpflichtver-
sicherung verfügen.
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
Tagung des
DHBV in Kassel
im Oktober
Die Mitglieder des Fachbe-
reichs „Sachverständige treffen
sich auch dieses Jahr wieder zu
ihrer Herbsttagung in Kassel.
Termin ist der 12. bis 14. 10.
2000. Die Mitgliederzahl im
Fachbereich ist mittlerweile auf
fast 100 angestiegen. Es ist
damit zu rechnen, dass zahlrei-
che Mitglieder an der Tagung
teilnehmen. In Zusammenhang
mit dem beschränkten Platzan-
gebot im Hotel Gude verweise
ich darauf, dass nur wenige freie
Plätze für Gäste, die an der Ta-
gung teilnehmen möchten, zur
Verfügung stehen. Ich bitte
deshalb um Ihr Verständnis, dass
nicht jede Gästeanmeldung be-
rücksichtigt werden kann.
Folgende Themen (Arbeits-
titel) werden auf der Tagung am
Freitag den 13. 10. (Ist das
nicht ein schönes Datum?) be-
handelt:
– Neues von holzzerstören-
den Insekten
– Holzzerstörende Pilze –
Was passiert beim Abbau
des Holzes?
– Der Sachverständige als
Schiedsgutachter und
Schiedsrichter
– Schadenserkennung und
Analytik im Abdichtungs-
bereich
– Trockenlegung von Bau-
werken mit den „Staren-
kästen“