Schützen & Erhalten · Dezember 2007 · Seite 14
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Rainer
Spirgatis
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leiter Bauten-
schutz
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ten abtöten oder deren Wachstum
unterbinden oder hemmen.
„Nach
heutigen Erfahrungen sind je nach
Rezeptur der Beschichtung die was-
serlöslichen Giftstoffe nach 2–6 Jah-
ren ausgewaschen. Danach müssen
neue Giftdepots aufgebracht wer-
den“,
so erläuterte Dr. Uwe Erfuhrt
die „Dauerhaftigkeit“ von Bioziden
in Fassadenbeschichtungen anläss-
lich seines Vortrags „Algen und Pil-
ze – Mit Gift in die Sackgasse“ im
Forum „Praxis Altbau 2007“ auf der
Bau 2007. Bei jährlichen 180.000
t Fassadenfarben und ca. 360.000
t verarbeiteten Edeldünn- und Putz-
systemen in Deutschland betrage,
lt. Dr. Erfurth, die ausgewasche-
ne Menge von Bioziden (Umwelt-
giften) ca.
„5.000 Tonnen“.
(5)
Sanierung bereits
befallener Flächen
Die Regelausführung wird wie
folgt unter Beachtung der Hinweise
des verwendeten Herstellers emp-
fohlen:
Zunächst wird die Reinigung
der befallenen Flächen mittels ge-
eigneter Gerätschaft, vorzugsweise
mit dem Dampf- oder Hochdruck-
reiniger, durchgeführt. Dass durch
den Einsatz des Hochdruckreinigers
Mikroorganismen tief in den Un-
tergrund „getrieben“ und nicht
ab-/ausgewaschen werden, muss
angenommen werden. Schutzmaß-
nahmen zum Auffangen des Rei-
nigungswassers sind vorzusehen.
Die anschließende Trocknungszeit
muss für die darauf folgende Bio-
zidbehandlung ausreichend bemes-
sen werden. Als oberste Prämisse
gilt: Abtöten um jeden Preis, und
entsprechend erfolgt die Fassaden-
schutzbeschichtung 2-fach
„mit
einem biozid ausgerüstetem Sys-
tem.“
(7)
„Klein aber clever“
...so beschreibt Dr. rer. nat.
Constanze Messal die Algen- und
Pilzproblematik auf Fassaden und
die Anpassungsfähigkeit von Mi-
kroorganismen an die sich verän-
dernden Lebensräume, um schließ-
lich als
„etablierter Biofilm“
gift-
resistent zu überleben.
„In einem Biofilm leben ver-
schiedene Mikroorganismen zusam-
men. Das erhöht die Überlebens-
chance der einzelnen Arten. Die Fas-
sadenbewohner verfügen über sehr
dicke Zellwände, viele schleimen sich
zudem ein. Das bedeutet, dass die
Zellen nicht so schnell austrocknen,
nicht übersalzen und vor einer Schä-
digung durch Sonnenlicht geschützt
sind…Algen können sich durch Bil-
dung von Carotinoiden (Rotverfär-
bung) vor Sonnenbrand schützen.
Schleimhüllen schützen die Mikro-
organismen vor chemischen Angrif-
fen, neutralisieren etwa Biozide oder
extreme pH-Werte, innerhalb der Po-
pulation stürzen sich „Opferzellen“
in den Kontakt mit dem Biozid und
schützen so das Innere des Biofilms.
Abgetötete Mikroorganismen werden
durch Überlebende und Neuange-
wehte überwachsen, versiegeln quasi
die Oberfläche und machen eine
biozide Wirkung unmöglich. Mikro-
organismen können Toleranzen ent-
wicklen. Darunter versteht man eine
antrainierte Unempfindlichkeit ge-
genüber Bioziden.“
(8)
Zusammenfassung
Die konventionelle Giftkeule
vermag die Problematik von Algen-
und Pilzbefall auf Fassaden nicht
zu beheben. Nur
„Was trocken ist,
bleibt algen- und pilzfrei“
(9)
, so
lautet die abschließende Fachre-
gel über Algen und Pilze auf Fas-
saden des Fachverbandes WDV-
Systeme. Bleibt die Frage, wie kann
diese Erkenntnis umgesetzt wer-
den.
FACHBEREICHE
Bautenschutz
Ausblick auf Teil III
Sind Putze- und Beschichtungs-
systeme mit optimiertem Feuchte-
haushalt, bei denen die Verdun-
stung/Austrocknung gleich schnell
oder schneller abläuft als die Feuch-
tigkeitsaufnahme die Lösung des
Problems?
Sind derartige Systeme mit
„Feuchtemanagement“ hydropho-
bierten, oder gar ultrahydropho-
bierten Anstrichsystemen auf Fas-
saden vorzuziehen?
Quellen:
1) Technische Informationen Algen und
Pilze auf Fassaden, Fachverband WDV-
Systeme, Fremersbergerstr. 33, 76530
Baden-Baden, 2.1 Allgemeines
2) s.o., 5 Zusammenfassung
3) s.o., 2.5 Materialspezifische Einflüsse
4) Prof. Dr. Dr. Helmuth Venzmer u. a.,
Vortrag „Feuchtefilme – Biofilme“, Alt-
bausanierung 1 „Feuchteschutz“ anläss-
lich der 18. Hanseatischen Sanierungs-
tage vom 8.–10. November 2007,
ISBN 978-3-4410-16652-
8,
ISBN
978-3-8167-7452-5
5) Dr. Uwe Erfurth, IBF Institut für Bau-
tenschutz S.L.
Vortrag anlässlich des Forums Praxis Alt-
bau 07, Bundesarbeitskreis Altbauer-
neuerung e.V. am 16.01.07 mit dem
Titel
„
Algen und Pilze- Mit Gift in die
Sackgasse“, Tagungs CD unter
6) vergl. 1, 4.2 Behandlung befallener
Flächen
7) s.o.
8) Dr. rer. nat. Constanze Messal, Der Bio-
korrosion auf der Spur
MICOR Gesellschaft für mikrobielle Pro-
zesse und Materialkunde mbH,
AgroBioTechnikum, Thünenplatz 1,
18190 Groß Lüsewitz; Fachartikel aus
Maler 4/2007, „klein aber clever“,
9) siehe 2
Bildnachweise:
1) Titelbild: sanierte Fassadenfläche auf
der Nord-Westseite
Marke DEITERMANN, maxit Group,
Datteln
2) Deckblatt: Technische Informationen
Algen und Pilze auf Fassaden
3) Hausnummer 6
das Designer Netz-
werk, Haltern am See
4) Reinigung der Fassade mit Hochdruck-
reiniger
das Designer Netz-
werk, Haltern am See
Bild 4: „Reinigung der Fassade mit Hochdruckreiniger“