In letzter Zeit erhielt ich wie-
der verstärkt Anfragen zum
formellen Ablauf einer Begut-
achtung im Rahmen einer ge-
richtlichen Beauftragung, ins-
besondere zum Ablauf eines
Ortstermins. Nachfolgend 3
Artikel aus den IfS: „Informa-
tionen“ 3/07 29. Jahrgang
2007 zu den Folgen eines
schlecht vorbereiteten Orts-
termins.
In diesem Zusammenhang verweise
ich auf die IfS-Broschüre „Die Orts-
besichtigung durch Sachverständi-
ge“, Köln, 6. Aufl. 2006. Darin
befinden sich Tipps und Empfeh-
lungen einschließlich Musterschrei-
ben sowie Rechtsprechungsleitsät-
ze, die Sachverständigen in ver-
ständlicher Sprache helfen, Orts-
und Objektsbesichtigung ordnungs-
gemäß durchzuführen und Nach-
teile wie Ablehnung wegen Besorg-
nis der Befangenheit oder Verlust
des Vergütungsanspruchs zu ver-
meiden.
Kurze Ladungsfrist
führt zum Verlust der
Vergütungsanspruchs
Es zeigt sich immer wieder, dass
Sachverständigen bei der Vorbe-
reitung, Durchführung und Auswer-
tung der Ortsbesichtigung zahlrei-
che, teilweise elementare Fehler
unterlaufen. Das mag zu einem Teil
daran liegen, dass der Gesetzge-
ber zu dieser Thematik keine Be-
stimmungen in der ZPO getroffen
hat. Das liegt zum anderen Teil aber
auch daran, dass die Sachverstän-
digen die zahlreichen Informati-
onsangebote der einschlägigen
Literatur, Fachzeitschriften und
Seminare nicht nutzen.
Nachstehend ein krasser Fall
einer Fehlleistung eines vom Ge-
richt bestellten Sachverständigen.
Dieser hat die Benachrichtigung vom
Ortstermin, der am 14. 3. 2000 statt-
finden sollte, am 13. 3. 2000 um
22.52 Uhr dem Prozessbevollmäch-
tigten der Beklagten gefaxt. In die-
sem Fax war noch nicht einmal die
Uhrzeit angegeben. Mit dem Klä-
ger war der Termin lange vorher
abgestimmt worden. Der Sachver-
ständige wurde wegen Besorgnis der
Befangenheit abgelehnt und ging
seines Vergütungsanspruchs in Höhe
von immerhin 3.210,51 Euro ver-
lustig. So hat das OLG Oldenburg
mit Beschluss vom 10. 12. 2003 (AZ:
9 W 53/03) entschieden.
Leitsatz der
Entscheidung
Verletzt der Sachverständige
bei der Vorbereitung der Ortsbe-
sichtigung die Rechte einer Pro-
zesspartei in schwerwiegender Wei-
se, indem er die Ladungsfrist so
kurz ansetzt, dass faktisch eine Teil-
nahme nicht möglich ist, kann er
wegen Besorgnis der Befangenheit
abgelehnt werden und verliert
wegen grob fahrlässiger Pflichtver-
letzung seinen Vergütungsan-
spruch.
Zum Sachverhalt
Zur Durchführung eines Orts-
termins lud der Gerichtssachver-
ständige eine der Parteien so spät,
dass voraussehbar war, dass diese
zum Ortstermin wegen des langen
Anreiseweges nicht teilnehmen
konnte. Daraufhin wurde er als
befangen abgelehnt. Trotzdem war
in der Kostenrechnung eine Ent-
schädigung für den Sachverstän-
digen enthalten. Die hiergegen
eingelegte Beschwerde des Beklag-
ten war erfolgreich.
Aus den Gründen
Die Beschwerde der Bekl. vom
25.11.2003 gegen den Beschl. des
Einzelrichters des LG Osnabrück
vom 17. 11. 2003 ist gem. § 5 11
GKG zulässig, soweit sie sich ge-
gen die unter Ziffer 2 des ange-
fochtenen Beschlusses erfolgte
Zurückweisung der Erinnerung vom
12./24.7.2002 richtet. Gegen die
gleichzeitig nach § 16 ZSEG fest-
gesetzte Sachverständigenentschä-
digung steht der Bekl. keine Be-
schwerde zu (vgl. Hartmann, Ko-
stengesetze, 32. Aufl., 16 ZSEG
Rdnr. 22).
Die zulässige Beschwerde ist
insoweit begründet, als in der an-
gefochtenen Kostenrechnung XI1
vom 02. 07. 2002 unter der lau-
fenden Nummer 2 eine Entschädi-
gung nach dem ZSEG für den Sach-
verständigen M enthalten ist; der
Betrag von 11.561,00 Euro ist um
3.210,51 Euro herabzusetzen. Die
weitergehende Beschwerde ist un-
begründet.
Dem Sachverständigen M steht
für seine Tätigkeit in diesem Ver-
fahren ein Vergütungsanspruch nicht
zu, da er durch Beschluss des LG
vom 19. 6. 2000 für befangen er-
klärt wurde und seine Ablehnung
grob fahrlässig verschuldet hat. Nach
Übernahme des Gutachtenauftrags
entstandene Ablehnungsgründe las-
sen den Entschädigungsanspruch
des Sachverständigen entfallen,
wenn das von ihm erstattete Gut-
achten nicht verwertet werden kann
und der Sachverständige diesen
Umstand durch grob fahrlässiges
oder vorsätzliches Verhalten herbei-
geführt hat. Dies wird in der Recht-
sprechung dann angenommen, wenn
der Sachverständige zur Durchfüh-
rung eines Ortstermins nur eine der
Parteien lädt (OLG München, NJWRR
1998, 1687) und sich damit wil-
lentlich über elementare Regeln des
Berufsausübung als Gerichtssachver-
ständiger hinwegsetzt.
Dabei kann es dahinstehen, ob
schon die unterbliebene Bekannt-
gabe des Ortstermins am 16. 2.
2000 ausgereicht hätte. Spätestens
bei der Ansetzung des Termins am
14. 3. 2000 hat der Sachverstän-
dige die Rechte der Bekl. in schwer-
wiegender Weise verletzt, indem er
ihr die Möglichkeit einer Teilnah-
me an dem Termin faktisch genom-
men hat. Ausweislich der Faxpro-
tokolle hatte der Sachverständige
– wenn auch wegen der falschen
Telefonnummer im Ergebnis vergeb-
lich – die Bekanntgabe des Orts-
termins vom 14. 3. 2000 am 13.
3. 2000 um 22.52 Uhr die Pro-
zessbevollmächtigten der Bekl.
gefaxt. Er musste davon ausgehen,
dass diese Nachricht die Bekl. frü-
hestens am 14. 3. erreichen wür-
de und ihr wegen der weiten An-
reise eine Teilnahme nicht mög-
lich sein würde. Die Bekanntgabe
ist aber auch deshalb nicht ord-
nungsgemäß, weil in dem Anschrei-
ben zwar das Datum, aber keine
Uhrzeit der Besichtigung genannt
ist. Da der Termin mit der ande-
ren Seite – offensichtlich – abge-
stimmt war, ist der Grundsatz der
Waffengleichheit verletzt. Der Sach-
verständige M hat elementare
Pflichten seines Amtes nicht be-
achtet und die im Verkehr erfor-
derliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße verletzt. Dass ihm
der Termin selbst durch den wei-
teren (Unter-)Sachverständigen B
erst am 13. 3. mitgeteilt worden
war, vermag den Vorwurf der gro-
ben Fahrlässigkeit nicht zu entkräf-
ten. Denn als gerichtlich bestell-
ter Sachverständiger war Herr M
für ein faires und ordnungsgemä-
ßes Verfahren verantwortlich und
hätte – falls anders die Möglich-
keit der Teilnahme nicht hätte si-
chergestellt werden können – auf
eine Verlegung des Termins hin-
wirken müssen. Auf Grund der Ab-
lehnung waren die von ihm er-
brachten Leistungen in dem Ver-
fahren unverwertbar mit der Folge,
dass ihm ein Anspruch auf Entschä-
digung, der in die Kostenrechnung
mit einem Betrag von 3 210,51 Euro
eingegangen ist, nicht zusteht. Die
weitere Beschwerde gegen den
Kostenansatz wegen der Entschä-
digung des Sachverständigen D ist
nicht begründet. Der Beschwerde
der Bekl. ist insoweit zuzustimmen,
dass der Sachverständige das Er-
gebnis seiner Untersuchungen in
dem Gutachten vom 10. 12. 2001
in sehr knapper Weise darstellt und
deshalb vom Leser hinsichtlich des
Verständnisses erhöhte Anfor-
derungen zu erbringen sind. Gleich-
wohl sind die Ausführungen/Fest-
stellungen aus sich heraus ver-
ständlich und fachlich nachvollzieh-
bar. Dass in beiden Instanzen eine
mündliche Erläuterung des Gutach-
tens durch den Sachverständigen
erwogen, aber letztlich nicht durch-
geführt wurde, steht dem Entschä-
digungsanspruch nicht entgegen.
Fundstelle: DS 2004, S. 263
Ortstermin
FACHBEREICHE
Sachverständige
Schützen & Erhalten · Dezember 2007 · Seite 18