Schützen & Erhalten · März 2009 · Seite 21
Fachbereiche
Arbeitskreis Heißluft
In den letzten Jahren häufen sich Meldun-
gen an den DHBV Arbeitskreis „Thermische
Holzschädlingsbekämpfung“ über Auswurf
von Fraßmehl bei fachgerecht thermisch
behandelten Hölzern. So schreibt ein
Fachkollege:
„…In mehreren Fällen kam es einige Monate
nach einer Heißluftbehandlung wieder zu neuem
Fraßmehlauswurf. Die jeweiligen Bauherren waren
natürlich alarmiert und haben Ausführungsmängel
reklamiert – verständlich. Ich spreche von Fällen,
bei denen ich mir aber 100%ig sicher bin, dass in
den betreffenden Holzteilen die Abtötungstempe-
ratur bei weitem überschritten wurde. Es ist anzu-
nehmen, dass bei einer Heißluftbehandlung auch
alle Prädatoren, die im Holz oder außerhalb im
Raum vorhanden sind, in allen Entwicklungsstadi-
en abgetötet werden. Als Erklärung bleibt also nur,
dass diese Prädatoren nach der Heißluftbehand-
lung zurückkehren, um den im Holz steckenden,
abgetöteten Larven nachzustellen, dass sie also
auch „Aas“ fressen. In einem Fall von starkem
Hausbock-Befall konnte ich nach der Heißluftbe-
handlung im darauffolgenden Sommer zwar ge-
waltige neue Fraßmehlspuren fotografieren, nach
Aussage des Bauherrn waren aber keine Fraßge-
räusche mehr zu hören (die zuvor deutlich ver-
nehmbar waren), und nach wieder einem halben
Jahr war der Spuk beendet…“
Die Hinweise in der Fachliteratur und be-
sonders auch aktuelle Untersuchungen und Be-
obachtungen weisen klar darauf hin, dass die
Fraßmehlhäufchen also die Aktivitätsspuren
den Antagonisten der tierischen Holzzerstörer
zuzuordnen sind. In Fachkreisen ist dies auch
hinreichend bekannt, führt aber zu der um-
kehrschlüssigen Annahme, dass diese Präda-
torenspuren einen sicheren Hinweis auf einen
Lebendbefall darstellen. Dies scheint aber mit-
nichten der Fall zu sein.
Zwangsläufig führt das zu der Frage, welche
Aussagekraft die gefundenen Fraßmehlhäufchen
sowie die Ausmehlungsfahnen an senkrechten
Flächen haben. Lässt ein Auftauchen dieser
Spuren wirklich auf eine Vitalität des Befalls
schließen? Ist es dann umkehrschlüssig so, dass
ein Fehlen dieser Spuren auf einen erloschenen
Befall hindeutet?
Es erscheint besonders dem gewissenhaf-
ten Fachmann oder Sachverständigen überaus
schwierig diese Fragen wirklich korrekt zu be-
antworten. Natürlich ist die Frage der Vitalität
mit der Feststellung von Fraßgeräuschen oder
mit dem Fund lebender Larven oder Käfer sehr
einfach „positiv“ zu beantworten. Wobei die
Einschätzung des Befallsumfangs und der zu-
künftigen Gefährdungsentwicklung damit noch
nicht abschließend geklärt ist. In den meisten
Fällen mangelt es jedoch an diesen eindeutigen
Hinweisen. Es ist allerdings verständlich, wenn
der Auftraggeber trotzdem auf einer korrekten
Beantwortung dieser Frage besteht, da in vielen
Untersuchungsfällen von der Beantwortung die-
ser Frage die Sinnhaftigkeit oder zumindest die
Höhe der weiteren Investitionen abhängt.
Abgesehen von dem „positiven“ Untersu-
chungsergebnis durch Fund von lebenden Larven
oder Käfern sowie z. B. klaren Fraßgeräuschen
der Hausbocklarven sind die Möglichkeiten, die
Frage einer aktuellen Vitalität kurzfristig zu be-
antworten, meist stark eingegrenzt.
So ist die Beantwortung der Frage nach der
Vitalität des Befalls bei einem eindeutigen Fund
(Larve, Fraßgeräusche) von Seiten des Untersu-
chenden zugegebenermaßen schon mit einem
„erleichterten Gefühl“ verbunden, da hier jegli-
che unangenehme Ungewissheit ausgeschlossen
ist. Dem Fehlen solcher eindeutigen Hinweise
folgt jedoch schon meist die doch recht unan-
genehme Auftraggeberfrage: „ Können Sie einen
Lebendbefall ausschließen?“
Gerade hier beginnt der steinige Pfad auf
der Suche nach eindeutigen Antworten. Folgen-
de vielzitierte, empfohlene und natürlich auch
angewandte Stationen und Pfade dieses Unter-
suchungsweges lassen sich hier auflisten:
Kurzfristig abprüfbare Untersuchungsdetails
„frische“ Ausschlupflöcher
„frische“ Fraßgänge“
„frischer“ Mehlauswurf
„eindeutige“ Fraßgeräusche
Langfristig abprüfbare Untersuchungs-
details (Monitoring)
neue Ausschlupflöcher
neuer Mehlauswurf
festgestellte Holzschädlinge in Käferform
A – Kurzfristig abprüfbare
Untersuchungsdetails
A 1 „frische“ Ausschlupflöcher
Das Auffinden „frischer“ Ausschlupflöcher
wird zwar oft als sicheres Kriterium einer Be-
fallsvitalität aufgeführt, hat bei genauer Be-
trachtung in vielen Fällen jedoch nur eine be-
schränkte Aussagekraft. Die Aussage, dass un-
ter diversen Ausschlupflöchern eines als „frisch“
eingestuft wird, basiert im Wesentlichen auf
drei Merkmalen:
a) das Ausschlupfloch erscheint innen heller
als die umliegenden Ausflugslöcher
b) das Ausschlupfloch zeigt bei genauer Betrach-
tung (z.B. durch eine Leuchtlupe, Boreskop
o. ä.) im Vergleich zu anderen Ausschlupflö-
chern wenig bzw. keine Inkrustationen oder
Verschmutzungen.
c) Aussagen von dritter Seite (z. B. „... die wa-
ren vorher noch nicht da!“)
Die Feststellung a) erscheint am unsichersten,
da die unterschiedliche Helligkeit der inneren
Ausschlupflochoberfläche die verschiedensten
Ursachen haben kann und keine verlässliche
Aussage über das Entstehungsalter des Aus-
schlupfloches geben kann. So bleibt es offen,
ob die unterschiedliche Innenfärbung auf län-
ger zurückliegende allgemeine Verschmutzung
(Putz, Umräumaktionen, handwerkliche Tätig-
keiten, etc) der älteren Ausschlupflöcher zu-
rückzuführen ist und die vermeintlich „frischen“
Ausschlupflöcher vor etlichen Jahren, oder da-
nach entstanden sind. Auch ist zu beachten,
dass schon eine Veränderung der Lichtverhält-
nisse am Untersuchungsort die unterschiedliche
Dunkelung der Löcher bewirken kann. So kann
eine zwischenzeitliche Lichtabschirmung (z. B.
durch einen Karton, Raumabtrennung etc.) ein
Nachdunkeln bzw. Oxidieren der inneren Holzo-
berfläche verzögern.
Die einzige Aussage, die hier annähernd
zuverlässig erscheint, ist die, dass die helleren
Ausschlupflöcher jüngeren Entstehungsdatums
sind. Diese helleren Ausschlupflöcher jedoch als
„frisch“ zu bezeichnen entbehrt eines sicheren
Beweises. Daher sollte sich die Aussage bei die-
sem Merkmal darauf beschränken, dass hellere
Ausschlupflöcher meist jüngeren Entstehungs-
datums sind als die dunkleren Ausschlupflöcher.
Ein Rückschluss auf Befallsvitalität, der allein
auf dieser Aussage basiert, erscheint zumindest
reichlich unsicher.
Ähnlich verhält es sich mit dem Merkmal
unter b). Auch hier gibt es vielfältig denkbare
Ursachen für fehlende Verschmutzungen inner-
halb des Ausflugsloches. Daher sollte sich die
Aussage zum Verschmutzungsgrad der Ausflugs-
löcher darauf beschränken, dass weniger ver-
schmutzte Ausflugslöcher wahrscheinlich jünge-
ren Entstehungsdatums sind als die „sauberen“
Ausflugslöcher.
Die oft erlebbare Aussage wie unter c) ist
nach Erfahrungen des Verfassers ein nur sehr we-
nig verlässliches Kriterium zur Vitalitätsbeurtei-
lung. Allein schon das psychologische Kriterium
Betrachtungen zu Vitalitätsuntersuchungen bei
tierischem Holzschädlingsbefall
Insektenbekämpfung und Holzsanierung in der Praxis