Schützen & Erhalten - page 25

Schützen & Erhalten · März 2009 · Seite 25
Praxis
Teil 2 Aktuelle Änderungen
der DIN 18195
In den letzten Jahren hat die DIN 18195
viele sogenannte praxiserprobte Baustoffe
aufgenommen. Dies war nicht immer so.
Die Entwicklung der heutigen Abdichtungs-Bau-
stoffe wäre ohne die experimentierfreudigen Bau-
tenschützer des handwerksähnlichen Gewerbes
nicht möglich gewesen. Das Bauhauptgewerbe
war in der Aufbauphase nach dem 2.Weltkrieg mit
Neubau und Großobjekten befasst. Die Drecksar-
beit überließ man gönnerhaft selbsternannten
Fachleuten, die häufig auch aus Berufen kamen,
die mit dem Baugeschehen auch nicht ansatz-
weise etwas zu tun hatten. Dass dies Grundlage
für eine Erfolgsgeschichte werden sollte, war so
nicht vorhersehbar.
Von jeher wird das Leistungsangebot des
Bautenschützers in maßgeblichem Umfange von
der Abdichtung erdberührter Bauteile bestimmt.
Und hier ist der Keller das Maß aller Dinge.
Den Keller im heutigen Sinne hat es früher
nicht gegeben. Er ist niemals zur höherwertigen
Nutzung geplant und gebaut worden. Eine Auf-
wertung erfuhr der Keller erst um die Wende zum
20. Jahrhundert. Damals entstanden Halbkeller.
Es klingt etwas vornehmer, diese als Souterrain
zu bezeichnen.
Es ist verständlich und den Lebensverhält-
nissen geschuldet, dass Keller früher eine gänz-
lich andere Bedeutung hatten. Die Welt ohne
Kühlschrank nutzte die Kühle und Feuchte die-
ser Räumlichkeiten, um Vorräte und Gartenle-
bensmittel einzulagern. Bauliche Kunstwerke
waren die Berg-, Erd- und Felsenkeller für die
Lagerung von Wein und Bier. Viele dieser Vor-
ratsräume wurden unter Wohnhäusern, Ställen
oder Scheunen im Erdreich errichtet. Im länd-
lichen Bereich boten sich dafür häufig Felsfor-
mationen an. Heute werden diese Keller kaum
noch wie im früheren Sinne genutzt. Es entwi-
ckelte sich eine Nostalgie- und Rustikalwelle.
Das Gewölbeambiente war begehrt für Ausstel-
lungs- und Versammlungsräume, Galerien und
Verkaufsräume.
Doch dafür waren die Räumlichkeiten in al-
ler Regel zu nass, zu kühl und zu muffig. Was
heute kein Problem ist – die höherwertige Um-
nutzung – stellte für Menschen noch bis in die
Mitte des letzten Jahrhunderts eine schier un-
lösbare Aufgabe dar. Eine Wende trat ein mit
der Erfindung des dänischen Chemikers Lauritz
Jensen, der sich 1943 eine neue Methode der
Abdichtung gegen Wasser patentieren ließ. Un-
ter dem Namen VANDEX (Wasser raus) gründete
er eine Firma zur Herstellung und zum Vertrieb
dieser neuartigen Abdichtungsmaterialien. Das
Abdichtungsverfahren basiert auf betonverwand-
ten Stoffen in Kombination mit kapillaraktiven
Chemikalien. Hiermit war es nunmehr erstmals
möglich, eindringendes Wasser auch von der
Raumseite zu stoppen.
Dank der außerordentlichen Vorteile und des
hohen Nutzens wurde die neue Abdichtungsme-
thode auch in der Bundesrepublik Deutschland
rasch ein willkommener Problemlöser. Die schnelle
Durchdringung des deutschen Baumarktes wurde
auch begünstigt durch große Baumaßnahmen des
Bundes. Ganze Kasernenkomplexe und Bunkeran-
lagen wurden im erdberührten Bereich mit Dich-
tungsschlämmen abgedichtet. Im zivilen Bereich
waren Tiefgaragen und Wasserbehälter begehrte
Objekte für die aufstrebenden Bautenschützer.
Ausführungsfirmen des Landesverbandes Hamburg
und Schleswig-Holstein im DHBV gehören zu den
Pionieren beim Umsetzen dieser neuen innovati-
ven Abdichtungstechnik in die Praxis.
Der Neubauboom konnte die enorme Nach-
frage nach Wohnraum kaum decken. So ging
man zusätzlich dazu über, aus alter Bausub-
stanz durch Aus- und Umbau sowie Umnutzung
das Wohnungsangebot zu verbessern. Vorbei die
Zeiten der unansehnlich und muffig riechenden
Kellerräume. Die Dichtungsschlämme und andere
innovative Abdichtungssysteme boten jetzt die
Möglichkeit, zusätzlichen Lebensraum in den Ge-
bäudeuntergeschossen zu schaffen. Inzwischen
gehören die mineralischen Dichtungsschläm-
men zu den bewährtesten Abdichtungsmateria-
lien. Es macht keinen Unterschied, ob der Was-
serdruck aktiv oder negativ ansteht. So ist es
erklärlich, dass sie für das tägliche Baugesche-
hen unverzichtbar sind. Bei sachgerechter Zu-
sammensetzung und richtigem Auftrag sind sie
wasserundurchlässig.
Die Erfindung der Dichtungsschlämme war
eine Initialzündung für weitere, heute nicht
mehr wegzudenkende Abdichtungssysteme. Erst
dadurch wurde es möglich, die verschiedenen
Wasseraufnahmemechanismen mit darauf ab-
gestimmten Methoden dauerhaft in den Griff
zu bekommen. Feuchtigkeits- und schadsalzbe-
lastetes Mauerwerk zu sanieren, also trocken zu
legen, ist heutzutage für den versierten Bauten-
schützer keine Herausforderung mehr. Schließlich
weiß er diejenigen Wasseraufnahmemechanismen
auszuschalten, die zu der erhöhten Feuchtigkeit
geführt haben. Hilfreich dabei ist die ständige
Fortentwicklung und Ergänzung der entspre-
chenden Produkte.
Diesen alternativen, effektiven Abdichtungs-
stoffen und Abdichtungsverfahren fehlte natür-
lich die Grundlage in Form von Richtlinien und
DIN-Normen. Die Bautenschützer haben sich im-
mer wieder weit aus dem Fenster gelehnt, um
Abdichtungserfolge sicherzustellen. Diese per-
manente Neugierde, das Beschreiten andersar-
tiger Wege, das Erarbeiten neuer Einsatzfelder
und der ständige Erfahrungsaustausch mit der
Industrie haben dazu geführt, dass in entspre-
chenden Arbeitsgremien Arbeitsunterlagen für
die Planer und ausführenden Spezialfirmen er-
arbeitet wurden. Zum Glück ist in den letzten
Jahren Bewegung in die erstarrten Strukturen
der DIN 18 195 „Bauwerksabdichtung“ gekom-
men. Ohne die aktive Mitarbeit und die unver-
zichtbare Praxiserfahrung der Bautenschützer
wäre das alles nicht möglich gewesen.
In dieser Aufbruchstimmung wurde vor über
50 Jahren der Beruf des Bautenschützers ge-
boren. Vorausschauende Praktiker gründeten
schließlich den Deutschen Holz- und Bauten-
schutzverband (DHBV). Erst später kamen heu-
te bedeutende Hersteller von bauchemischen
Produkten auf den Markt. Den Weg dafür haben
die Bautenschützer bereitet. Häufig belächelt
und als zweite Wahl abgetan. Aber das ist in-
zwischen Geschichte.
Die Norm 18195 regelt Abdichtungen im Neu-
bau. Sie umfasst aber nicht automatisch generell
alle Abdichtungsmaßnahmen im Bauwesen.
So werden folgende Bereiche ausgeschlos-
sen:
– die Abdichtung von nicht genutzten und von
extensiv begrünten Dachflächen (siehe DIN
188531)
– die Abdichtung von Fahrbahnen, die zu öf-
fentlichen Straßen oder zu Schienenwegen
gehören, z. B. Fahrbahntafeln
– die Abdichtung von Deponien, Erdbauwerken
und bergmännisch erstellten Tunneln
– nachträgliche Abdichtung in der Bauwerks-
erhaltung oder in der Baudenkmalpflege, es
sei denn, es können hierfür Verfahren ange-
wendet werden, die in dieser Norm beschrie-
ben werden.
– Bauteile, die so wasserundurchlässig sind,
dass die Dauerhaftigkeit des Bauteils und
die Nutzbarkeit des Bauwerks ohne weitere
Abdichtung im Sinne dieser Norm gegeben
ist. In diesem Sinne gilt sie auch nicht für
Konstruktionen aus wasserundurchlässigem
Beton.
Die Abdichtung beim Bauen im Bestand wird im
WTA-Merkblatt 4–6/D „Nachträgliches Abdichten
erdberührter Bauteile“ geregelt.
Im Jahre 2000 wurden die kunststoffmodifi-
zierten Bitumendickbeschichtungen (KMB) in die
Teile 2,3,4 und 5 der DIN 18195 integriert.
Dies war der Beginn der Öffnung der Norm
Bauwerksabdichtungen gegenüber den praxis-
bewährten alternativen Baustoffen.
Dieser Schritt erfolgte parallel mit der Ein-
führung eines neuen Lastfalles „Abdichtung ge-
gen zeitweise aufstauendes Wasser“.
Der Begriff „zeitweise drückendes Wasser“
konnte nie zeitlich konkretisiert werden, was
auch immer wieder zu kontroversen Diskussio-
nen führte.
Heute unterscheidet man zwischen stauen-
dem und nicht stauendem Sickerwasser.
Die Aufnahme der kunststoffmodifizierten Bi-
tumendickbeschichtung war mit strengen Aufla-
gen an die Qualitätssicherung verbunden.
Zu erwähnen sind z.B. die bundesweit durch-
geführten Lehrgänge zur Schulung der Verar-
beitungsfirmen, an deren Realisierung sich der
DHBV aktiv beteiligt hat.
Baustoffe für die Bauwerksabdichtung
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