Neues zum Umgang mit Schimmel auf Holz – das
neue DHBV-Merkblatt ist da!
Status quo in Sachen Schimmel
Schimmelpilzbefälle auf Holz sind in den
letzten Jahren vermehrt in den Fokus
der Aufmerksamkeit gerückt. Die Anzahl
der (dokumentierten) Schadensfälle
steigt, wie auch mehrfach durch meinen
geschätzten Vorgänger Norbert Becker
(4,5)
in Schützen & Erhalten dargestellt wurde.
BHG-Urteile werden gefällt, nicht zu-
letzt 2006, aber auch mit neuer Lesart
im Jahre 2013, veröffentlicht 2014.
(13)
Schimmelpilzfachleute laufen Sturm und
die Holzschützer verstehen nicht, warum
ein solcher Aufriss gemacht wird. Was
durchaus nachvollziehbar ist, denn Schim-
melpilze verursachen keine nennenswerten
Schäden am Holz.
Dennoch sind Schimmelpilze ein Problem, denn
übermäßiges Wachstum kann durch Freisetzung
von Sporen, Stoffwechselprodukten und Toxi-
nen zu Beeinträchtigungen der Gesundheit der
Nutzer führen. Wann und wie das im Einzelnen
passiert, entzieht sich bisher einer erkennbaren
Gesetzmäßigkeit. Daher muss das Vorsorgeprin-
zip gelten. Schimmelpilzschäden sind prophylak-
tisch aus Gründen der Wohnhygiene zu entfernen.
(1,2)
Dabei spielen Vorgaben zur Bewertung und
Handlungshilfen bei der Sanierung eine große
Rolle. Leider kann festgestellt werden, dass die
relevanten Holznormen Schimmelpilze vernach-
lässigen. Entweder, weil diese im Geltungsbereich
der Norm direkt ausgeschlossen sind oder aber,
was viel schlimmer ist, Schimmelpilze in ihren
Lebensbedingungen einfach mit den holzzerstö-
renden Pilzen in einen Topf geworfen werden.
Was zwangsläufig bedeutet, dass die Lebensbe-
dingungen der Schimmelpilze in den Normen
falsch eingeschätzt und im Besonderen unter-
schätzt werden und z.B. Einbaubedingungen oder
Innenraumklimata als zulässig gelten, welche aus
Sicht der Vermeidung von Schimmelpilzschäden
bereits einen mehr als kritischen Bereich dar-
stellen und z.B. völlig mit dem Schimmelpilz-
Kriterium der DIN 4108-2 bzw. dem Fachbericht
4108-8 kollidieren.
Merkblätter zum Thema Schimmel auf Holz
befassten sich hierbei im Wesentlichen mit Dach-
überständen und beschichteten Hölzern und Holz-
baustoffen. Eine Bewertungs- und Sanierungs-
hilfe für den Innenbereich fehlte bisher jedoch.
Diese Lücke wird nun geschlossen durch das neue
Merkblatt des Deutschen Holz- und Bautenschutz-
verbands e. V.,
(14)
welches neben den Ursachen
für die Entstehung von Schimmelpilzen auf Holz
und Holzbaustoffen einen Schwerpunkt auf die
Sanierung und geeignete Sanierungsverfahren
legt. Erstmals auf dem Verbandstag 2014 in Bad
Wildungen durch Mario Hänseler vorgestellt,
(12)
liegt nun die abschließende Bearbeitung mit
Stand Januar 2015 dank zahlreicher Rückmel-
dungen vor. Damit haben Schimmelpilzfachleu-
te, Holzschützer und auch ausführende Betriebe
eine Handlungshilfe zur Hand, um Schimmelpilz-
schäden sachkundig zu bewerten, fachgerecht
zu beseitigen und auch zukünftig vermeiden zu
können. Am sog. Dachstuhl-Merkblatt haben mit-
gearbeitet: Norbert Becker, Wolfgang Böttcher,
Georg Brückner, Dr. Dr. Silke Hagner-Holler, Ma-
rio Hänseler, Stephan Keppeler, Judith Meider,
Martin Merkel, Dr. Constanze Messal, Dr. Fried-
rich W. Remes, Michael Resch, Wolfgang Seifert
und Heiko Teutenberg!
1 Schimmelpilze auf Holz und
Holzwerkstoffen
Schimmelpilzbefälle sind ein natürliches Phä-
nomen und Teil des mikrobiologischen Stoffkreis-
laufs, auch mikrobielle Schleife (Loop) genannt.
Als Reduzenten räumen sie quasi als mikrobielle
Müllabfuhr organischen Dreck
weg. Viele Pilze sind als Sa-
prophyten auf die Verwertung
abgestorbener organischer
Materialien spezialisiert. An-
dere können als Pathogene
oder fakultativ pathogene Er-
reger vitale Pflanzen, Tiere
aber auch Menschen befallen.
Möchte man dies auf den Be-
reich Holzschutz übertragen,
so wäre dies vergleichbar mit
der Unterscheidung von Nass-
holzpilzen als Pflanzenpatho-
gene und Trockenholzpilzen als typische Resor-
benten zum Abbau toter (geschnittener Holz-)
Biomasse. Auch Schimmelpilze können vereinzelt
pflanzenpathogen sein. Das spielt jedoch auf
Bauholz keine Rolle. Schimmelpilze sind nicht
in der Lage, Holzbiomasse abzubauen, auch
wenn oberflächliche Schäden möglich sind. Da-
mit fallen sie auch als Reduzenten aus. Warum
sollte man sich dann mit ihnen beschäftigen,
wenn sie halt mal eben auf Holz- und Holzwerk-
stoffen auftreten? Schimmelpilze auf Holz sind
also, was die Statik des Holzes betrifft, kein
Problem. Warum dieser Hype um schimmelpilz-
befallene Dachstühle?
Dass sich Schimmelpilzfachleute so intensiv
um diese Schadensfälle bemühen, hat jedoch
einen ganz anderen Hintergrund. Selbst wenn
holzzerstörende Pilze auftreten sollten, haben
diese keinen oder nur geringen Einfluss auf das
Befinden der Nutzer. Infektiöse oder allergene
Wirkungen sind nicht bekannt. Daher ist es nicht
verwunderlich, dass der Aspekt der Wohnhygiene
im Holzschutz eben nicht die große Rolle spielt.
Bei einem Schimmelpilzbefall hingegen ergibt
sich ein hygienisches Problem, vor allem dann,
wenn die verbauten Hölzer direkt im Innenraum
zugänglich sind oder aber aus dem verschimmel-
ten Dachstuhl Sporen und flüchtige Metabolite
in die bewohnten Innenräume gelangen. Dabei
ist es nicht der Pilzbefall an sich, sondern die
Tendenz zur Massenentwicklung, sprich Rasen-
wachstum, verbunden mit hohen Zellzahlen,
hohen Konzentrationen an Sporen, Toxinen und
Allergenen, die zu einer Gefährdung der mensch-
lichen Gesundheit,
(1,3)
aber auch zu Schäden an
den eingesetzten Holzwerkstoffen führen kön-
nen. Schimmelpilze auf Holz sind also nicht in
erster Linie eine Frage des Holzschutzes, son-
dern eine Frage der Wohnhygiene. Daher sind zur
Bewertung von Schimmelpilzschäden auf Holz
die gleichen Grundsätze anzuwenden wie bei
Schimmelpilzschäden in Innenräumen.
(1,2,3,12,13)
Schimmelpilze sind ubiquitär verbreitet und
gelangen mit der Umgebungsluft, als Kontami-
nation von Baustoffen, mit der Kleidung und
Schuhen – kurz mit allen Ge-
genständen, die wir benutzen,
in den Innenraum.
(6,8,13,14)
Da-
bei handelt es sich um eine
natürliche Kontamination,
die im Wesentlichen aus klei-
nen Myzelbruchstücken sowie
Sporen besteht. Ob sich daraus
ein Schimmelpilzbefall entwi-
ckeln kann, ist von zwei Fak-
toren abhängig. Es muss aus-
reichend Feuchtigkeit in Form
von freiem Wasser vorhanden
sein. Dies wird auch als Wasser-
aktivität a
W
des Substrates (besiedeltes Material)
bezeichnet, die Wasseraktivität wird einheitenlos
mit Werten kleiner 1 (1 – flüssiges Wasser) an-
gegeben. Stellen sich Wasseraktivitäten größer
0,8 ein, können Schimmelpilze einen aktiven
Befall ausbilden.
(1,3)
Das steht in einem krassen
Gegensatz zu den Bedürfnissen von holzzerstö-
renden Pilzen. Diese benötigen deutlich höhere
Wasseraktivitäten um 0,97. Daher kann Schim-
melpilzwachstum bereits bei Holzfeuchten auf-
treten, die für holzzerstörende Pilze als unattrak-
tiv gelten. Liegt die Wasseraktivität bei 1, ist es
für Schimmelpilzwachstum i. d. R. zu nass, hier
finden Bakterien geeignete Lebensbedingungen.
Zum Zweiten muss eine Nährstoffquelle gegeben
sein. Schimmelpilze benötigen eine organische
Kohlenstoffquelle und Sauerstoff, aber auch
Vitamine und Spurenelemente. Eine optimale
Temperatur fördert schnelles Wachstum, jedoch
ist die Temperatur kein limitierender Faktor (es
schimmelt ja auch im Kühlschrank – es dauert
nur länger, bis der Befall sichtbar ist). Schim-
melpilze wachsen also auf jeglichem Substrat,
solange eine ausreichende Feuchte- und Nähr-
stoffversorgung gegeben ist. Auch Holz wird be-
Es schreibt
für Sie:
Dr. rer. nat.
Constanze
Messal
Fachbereichs-
leiterin
Schimmelpilze
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18055 Rostock
Telefon: (0381) 637-28280
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Schimmelpilze
Schützen & Erhalten · März 2015 · Seite 22