Rechtsberatung
Mängelrüge per E-Mail – aktuelle
Gerichtsentscheidungen
Im täglichen Leben ersetzt die E-Mail
zunehmend, ja fast ausschließlich, den
früher üblichen Schriftverkehr. Dies führt
teilweise jedoch zu rechtlichen Schwie-
rigkeiten.
Es gilt am Bau noch immer die Faustregel:
Eine E-Mail ist geeignet zum Austausch von
Informationen, nicht aber zur Abgabe rechtlich
relevanter Erklärungen wie
zum Beispiel Mängelrügen.
Mit einer „einfachen“ E-
Mail kann die Verjährungsfrist
für Mängel nicht wirksam ver-
längert werden.
Exemplarisch werden hier
drei aktuelle Entscheidungen
vorgestellt, die das Problem-
bewusstsein schaffen sollen,
dass eine „normale“ E-Mail
das Schriftformerfordernis des
§13 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B
nicht erfüllt, sofern keine qua-
lifizierte elektronische Signa-
tur vorliegt.
Nach §126 Abs. 1 BGB verlange die Einhal-
tung der Schriftform, dass die Mängelanzeige
eigenhändig durch Namensunterschrift oder
mittels notariell beglaubigten Handzeichens
unterzeichnet wird.
Diese Form könne nach § 126 Abs. 3 BGB
durch die in §126a BGB geregelte elektronische
Form ersetzt werden.
Hiernach müsse der Aussteller der Erklärung
seinen Namen hinzufügen und das elektronische
Dokument mit seiner qualifizierten elektronischen
Signatur versehen.
Hintergrund aller dieser rechtlichen Über-
legungen ist sicherlich auch, dass heutzutage
Firmen mit jeder Menge E-Mails überschüttet
werden.
Um in der Unmenge von E-Mails die recht-
lich Relevanten filtern zu können, erscheint es
angemessen, die rechtlich relevanten E-Mails
zumindest durch eine elektronische Signatur
herauszuheben, um sie der klassischen Schrift-
form rechtlich gleichzustellen.
Als Konsequenz aus den nachfolgenden Ur-
teilen sollten Vertragsparteien gegebenenfalls
eine klarstellende Klausel in die Verträge auf-
nehmen, wonach auch die Mängelanzeige per E-
Mail ausreichend sei, um die Verjährungsfrist für
die angezeigten Mängel wirksam zu verlängern.
1. Mängelrüge per E-Mail nur mit
qualifizierter elektronischer Signatur
Das Versenden einer einfachen E-Mail ohne
qualifizierte elektronische Signatur genügt nicht
den Anforderungen einer „schriftlichen Mängel-
rüge“ nach der VOB/B und kann deshalb auch
die Verjährungsfrist für Baumängel nicht wirk-
sam verlängern.
Sachverhalt:
Die Parteien schlossen einen Bauvertrag un-
ter Einbeziehung der VOB/B. Nachdem die Bau-
leistung bereits im Juni 2005 durch den Bau-
herren abgenommen wurde, verlangte dieser im
März 2009 mit einer einfachen E-Mail die Besei-
tigung von Baumängeln.
Da der Bauunternehmer
diesem Verlangen nicht nach-
kam, klagte der Bauherr im
Jahre 2011 und verlangte
Vorschuss für die Mängelbe-
seitigung. Aufgrund der vom
Beklagten erhobenen Einre-
de der Verjährung wurde die
Klage bereits vom Landgericht
abgewiesen. Auch nach Auf-
fassung des OLG Frankfurt am
Main ist die Klageforderung
verjährt. Gewährleistungs-
ansprüche für Bauleistungen
verjähren ab Abnahme nach
vier Jahren.
Diese Verjährungsfrist war im vorliegenden
Fall bereits Ende Juli 2009 abgelaufen. Nur durch
eine schriftliche Mängelanzeige hätte die Verjäh-
rung um zwei Jahre verlängert werden können.
Das OLG stellte jedoch erneut fest, dass das
Mängelbeseitigungsverlangen des Klägers per
E-Mail die Verjährung nicht um zwei Jahre ver-
längern konnte, da die E-Mail nicht den gesetz-
lichen Schriftformerfordernissen entsprach und
diese daher keine fristverlängernde Wirkung
entfalten konnte (OLG Frankfurt am Main, 4
U 269/11).
2. Ist eine Mängelrüge per E-Mail
geeignet, die Verjährungsfrist für
Mängelansprüche zu verlängern?
Sachverhalt:
Der Eigentümer eines Bürogebäudes beauf-
tragte ein Bauunternehmen mit dem Einbau
von Kältemaschinen. Die Abnahme der Leistung
erfolgte im August 2010. Vereinbart war eine
Verjährungsfrist für Mängelansprüche von zwei
Jahren. Der Auftraggeber verschickte im August
2011 eine E-Mail an den Auftragnehmer mit einer
Störungsmeldung. Der Auftragnehmer beseitigte
die Störung nicht.
Mit Schreiben vom Mai 2013, also mehr nach
zwei Jahren nach der Abnahme, wandte sich der
Auftraggeber an den Auftragnehmer und forderte
diesen auf, die Mängel zu beseitigen. Der Auf-
tragnehmer berief sich unter anderem auf die
Einrede der Verjährung. Der Auftraggeber be-
auftragte daraufhin ein Drittunternehmen mit
den Arbeiten. Es entstanden Kosten von mehr
als 40.000,00€, die der Auftraggeber mit seiner
Klage vom Auftragnehmer verlangt.
Der Auftragnehmer verteidigt sich hiergegen
mit der Einrede der Verjährung.
Die Entscheidung:
Die Klage wird abgewiesen, da etwaige For-
derungen jedenfalls verjährt wären. Das Gericht
verweist unter anderem darauf, dass die Mängel-
anzeige nur per E-Mail erfolgte.
Gemäß VOB/B hat jedoch nur eine schrift-
liche Mängelanzeige eine verjährungsverlän-
gernde Wirkung. Die schriftliche Form kann nur
durch die elektronische Form ersetzt werden,
wenn das elektronische Dokument mit einer qua-
lifizierten elektronischen Signatur ausgestattet
wäre, was hier nicht der Fall war.
LG Frankfurt am Main, 2 – 20 O 229/13
3. Mängelrüge per E-Mail:
Verjährungsfrist für Mängelansprüche
wird nicht verlängert
Leitsatz:
Die Verlängerung der Verjährungsfrist von
Mängelansprüchen im VOB-Vertrag setzt eine
Aufforderung zur Mängelbeseitigung durch den
Auftraggeber voraus.
Eine Mängelrüge per E-Mail erfüllt das
Schriftformerfordernis der VOB/B nicht, sofern
keine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt.
Mit einer „einfachen“ E-Mail kann deshalb
die Verjährungsfrist für Mängel nicht wirksam
verlängert werden.
OLG Jena, 1 U 201/15
Es schreibt
für Sie
RA Albrecht W.
Omankowsky
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Schützen & Erhalten · März 2016 · Seite 31
Exkurs: Die elektro-
nische Signatur
Unter einer elektronischen Signatur ver-
steht man mit elektronischen Informationen
verknüpfte Daten, mit denen man den Unter-
zeichner bzw. Signaturersteller identifizieren
und die Integrität der signierten elektronischen
Informationen prüfen kann.
In der Regel handelt es sich bei den elek-
tronischen Informationen um elektronische
Dokumente. Die elektronische Signatur erfüllt
somit technisch gesehen den gleichen Zweck
wie eine eigenhändige Unterschrift auf Papier-
dokumenten. Sie ist eine Umsetzung des elek-
tronischen Identitätsnachweises.
In Deutschland erfüllen nur qualifizierte
elektronische Signaturen gemäß §2 Nr. 3 Sig
naturgesetz die Anforderungen an die elektro-
nische Form gemäß §126 a BGB, die die ge-
setzlich vorgeschriebene Schriftform ersetzen
kann. Auch erhalten nur mit einer qualifizierten
elektronischen Signatur versehen elektronische
Dokumente den gleichen Beweiswert wie Pa-
pierurkunden im Sinne der Zivilprozessordnung.