Kapitel 6:
Da sind wir nun bei dem, was
für uns Ausführende besonders relevant ist.
Maßnahmen im Schadensfall. Hier wird neben
der Bewertung der Fläche die Dringlichkeit nun
auch die Nutzungsklasse des Raumes definiert.
Die Nutzungsklassen sind in Bild 9 dargestellt.
Spezielle Anforderungen, wie sie für das Wohn-
umfeld immunsupprimierter Personen und ande-
ren Patienten erforderlich sind, werden in der
Nutzungsklasse I erfasst und sind nicht Gegen-
stand des Leitfades. Wir finden demnach im nor-
malen Wohnumfeld, in Schulen oder Büros mit
der Nutzungsklasse II normale Anforderungen
an die Innenraumhygiene, wobei diese Anfor-
derungen auch für angeschlossene Nebenräume
gelten. Nebenräume, die keinen direkten Zugang
zu Räumen der Nutzungsklasse II haben, sind
der Nutzungsklasse III zugeordnet und sind so-
wohl in der Dringlichkeit der Sanierung als auch
in den Anforderungen an die Wiederherstellung
deutlich zurückgesetzt, wobei im Text nicht er-
kennbar ist, was das nun eigentlich heißen soll
mit der geringeren Dringlichkeit und den redu-
zierten Anforderungen in der Sanierung… Bleibt
noch die Nutzungsklasse IV, hier wird erstmals
von Abschottung der Bauteile gesprochen, was
hier aber meint, dass die Bauteile bereits durch
die Konstruktion vom Innenraum abgeschottet
sind bzw. sein sollten. Leider wird auch hierzu
im Text nicht ausreichend erläutert, was darun-
ter zu verstehen ist. Daher ist es auch nicht
verwunderlich, dass gerade das neue Raumkon-
zept für Irritation und auch Verärgerung sorgt.
Wie bei der Maßnahmenplanung vorzugehen
ist, kann dem altbekannten Fließschema „kleine
Schäden – große Schäden“ entnommen werden.
Kleine Schäden der Kategorie 1 und 2 liegen wie
gehabt im Do-It-Yourself-Bereich, wenn nicht
schon hier Ausnahmen für die Beauftragung
einer Fachfirma sprechen. Da kann der Nutzer
also selbst Hand anlegen. Hier hat sich nichts
Wesentliches geändert.
Bei großen Schäden ist dann die Fachfir-
ma dran. In Grundzügen werden die Schritte
der Schimmelschadensanierung beschrieben
und auf den Arbeitsschutz verwiesen. Hier wur-
de bezüglich der Ausführungen von 2002 und
2005 am meisten aktualisiert (die BGI 858 gab
es damals noch nicht) und doch ist der Leit-
faden hier schon wieder veraltet, da auch die
BGI 858 gerade grundüberholt wird. Der neue
Name – DGUV I 201-028 − hat zwar Eingang in
den neuen Leitfaden gefunden, allerdings wird
mit der neuen DGUV-I auch die Exposition neu
bewertet und nicht mehr in „Schwach – Mittel
– Stark“, sondern nach „Erhöht – Hoch – Sehr
Hoch“ bewertet. Auch erfolgt eine Neubezeich-
nung der Gefährdungsklassen in Gefährdungs-
klasse 1 (ehemals ohne Gefährdung), 2a und
2b (hoch, kleiner bzw. länger 2 Stunden ) und
3 (sehr hoch) (7).
Beschrieben werden zudem Erstmaßnahmen,
die für die professionelle Schimmelschadenbe-
seitigung sehr ausführlich ausfällt. Anschlie-
ßend wird noch einmal kurz auf die Erfassung
des Schadensausmaßes verwiesen und als Aus-
gangspunkt der Sanierung die Beseitigung der
Schadensursachen ausgemacht. Dazu zählen ne-
ben der Beseitigung von Baumängeln, Undichtig-
keiten und Lecks, Maßnahmen wie Injektionsver-
fahren, Innenabdichtung- und Außenabdichtung
sowie Verpressen von Arbeitsfugen und Rissen.
Dann geht es um den Ausbau schimmelbe-
fallener Materialien, der hier plötzlich als De-
kontamination bezeichnet wird. Nun hat man
sich im Kapitel 1 ausführlich mit dem Unter-
schied zwischen Befall und Kontamination be-
fasst, dass es aus Sicht der Autorin schon etwas
seltsam erscheint, nun von dieser Begriffsklä-
rung wieder abweichen zu wollen. Warum darf
es nicht Ausbau heißen, wenn es um das Ent-
fernen schimmelbelasteten Materials geht und
Dekontamination bei der Reinigung kontami-
nierter aber nicht befallener Oberflächen? Um
zu entscheiden, welche Sanierungsmaßnahmen
notwendig sind, soll wiederum das Raumkon-
zept herangezogen werden. Leider ist dies nicht
ausreichend erklärt, sodass der Satz aus Bild
10:
„Sanierungsentscheidungen bleiben deswe
gen auch immer eine Einzelfallentscheidung des
Sachverständigen vor Ort. Der Schimmelleitfaden
kann hierbei lediglich Hilfestellung geben.“
fast
schon ein bisschen zynisch klingt.
Fachbereiche
Schimmelpilze
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Nutzungs
klasse
Anforderungen an die
Innenraumhygiene
Beispiel
Anmerkungen
I
Spezielle, sehr hohe Anforde-
rungen wegen individueller
Disposition
Räume für Patienten mit
Immunsuppression
Nicht in diesem Leitfaden
behandelt; die Anforde
rungen bedürfen gesonderter
Vereinbarung
II
Normale Anforderungen
Innenräume zum nicht nur
vorübergehenden Aufenthalt
von Menschen: Wohn- oder
Büroräume, Schulen etc. ein-
schließlich dazu gehörender
Nebenräume
Es gelten die gleichen
Anforderungen für alle
genutzten Räume (bei
Wohnungen alle Räume ein-
schließlich in der Wohnung
liegender Nebenräume)
III
Reduzierte Anforderungen Nicht dauerhaft genutzte
Nebenräume außerhalb von
Wohnungen, Büros, Schulen
etc., z. B. Kellerräume und
Abstellräume (ohne direkten
Zugang zur Wohnung), nicht
ausgebaute Dachböden sowie
Garagen oder Treppenhäuser
Verringertes Anforderungs
niveau für Sanierung und
Instandsetzung; geringere
Dringlichkeit (vgl. Kap.G)
IV
Abgestufte Maßnahmen
möglich
luftdicht abgeschottete
Bauteile und Hohlräume in
Bauteilen oder Räumen,
die nach Anforderung der
DIN 4108-7 mit geeigneten
Stoffen gegenüber Innen
räumen abgeschottet sind
Bestimmungsgemäß trockene
Bauteile hinter der
Abschottung sollen trocken
bzw. dürfen nicht
regelmäßig oder dauerhaft
feucht sein (vgl. Kap. 6)
Schützen & Erhalten · März 2016 · Seite 28
Bild 9: Darstellung der Nutzungsklassen für Innen- und Nebenräume.