Fachbereiche
Schimmelpilze
zuständigen Landesgesundheitsämter, Landeshy-
gieneinstitute bzw. Landesämter für Gesundheit
und Soziales (LAGUS) vertreten. Diese legen also
die dem Stand der medizinischen Wissenschaft
entsprechenden Maßnahmen fest, überwachsen
diese und nehmen letztendlich auch die Baulei-
stung unter diesem Aspekt ab.
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Dabei gilt auch
hier: sorgsamer und mit den Verantwortlichen
abgesprochener Einsatz von Desinfektionsmit-
teln, eine fachkundig durchgeführte Feinreini-
gung, die Verwendung emissionsarmer Baustoffe
und Schaffung hochglatter, leicht zu reinigender
Oberflächen, welche zudem chemikalien- und
desinfektionsmittelstabil sein müssen.
Auch hier nun die Frage: Wie sieht es denn
mit niedergelassenen Praxen aus? Auch diese ha-
ben einen öffentlichen Versorgungsauftrag und
unterliegen ebenfalls der Krankenhaushygiene-
verordnung, welche dann landesrechtlich umge-
setzt wird. In Mecklenburg Vorpommern unter-
liegen alle niedergelassenen Heilberufe den An-
ordnungen des LAGUS, in NRW der hauseigenen
Hygienekommission. In einem Gespräch mit dem
bereits zitierten Rechtsanwalt Lerch
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habe ich
genau diese Frage gestellt und mir erklären lassen,
wie das denn so läuft mit den niedergelassenen
Praxen: Die Bewertung der Schimmelpilzschäden
hat analog der Begutachtung von Wohnräumen
zu erfolgen (also vergleichbar mit der Situation
in Kindergärten). Damit ergibt sich auch (für den
Sachverständigen oder Ausführenden) keinerlei
Handlungsspielraum, um erkennbare Missstän-
de, z. B. beim Gesundheitsamt, anzuzeigen. Es
bleibt nur die Bedenkenanmeldung beim Auftrag-
geber. Ein Tipp von Herrn Lerch war, ordentlich
mit Anzeige zu drohen, dies aber nicht in die Tat
umzusetzen, weil man damit die sich aus dem
Werkvertrag ergebenen Pflichten verletzt. Eine
äußerst unbefriedigende Situation. Zumal gera-
de in niedergelassenen Praxen (und das scheint
nicht nur meine Erfahrung zu sein) häufig sehr
lax mit Schimmelpilzschäden umgegangen wird.
Eine Möglichkeit, dies zu umschiffen, ist von
vorneherein auf den Auftraggeber einzuwirken,
die Gesundheitsämter etc. mit einzubeziehen.
Sonderfall Lebensmittelindustrie
Jetzt wird’s endlich mal einfach, denn in
diesem Sektor ist alles ganz wunderbar geregelt.
Das fängt auf EU-Ebene an mit der sog. Maschi-
nenrichtlinie: 98/37/EG (vom 22. Juni 1998, ab
29.12.2009: 2006/42/EG) sowie die zugehörigen
Verordnungen (EG) 178/2002 zur Festlegung der
allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des
Lebensmittelrechts, zur Errichtung der europä-
ischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und
der Festlegung der Verfahren zur Lebensmittelsi-
cherheit, Verordnung (EG) 852/2004 über Lebens-
mittelhygiene, Verordnung (EG) Nr. 1935/2004
über Materialien und Gegenstände, die dazu be-
stimmt sind mit Lebensmitteln in Berührung zu
kommen; Gesetz über technische Arbeitsmittel
und Verbraucherprodukte (Geräte- und Produkt-
sicherheitsgesetz – GPSG, 9. Verordnung – Ma-
schinenverordnung) Lebensmittel-, Bedarfsge-
genstände und Futtermittelgesetzbuch (LFGB),
Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV), Le-
bensmittel-Hygieneverordnung (LMHV) sowie
den DIN EN 1672-2: 2005 Nahrungsmittelma-
schinen, Allgemeine Gestaltungsleitsätze, Teil
2: Hygieneanforderungen und DIN ISO 14159:
2008, Sicherheit von Maschinen – Hygienean-
forderungen an die Gestaltung von Maschinen.
Doch, doch: Wir sind noch bei Schimmelpilz-
schäden. Auch wenn bei der Hygienebewertung
und somit auch bei Schimmelpilzbefällen im
Lebensmittelbereich oftmals das Veterinäramt
der behördliche Ansprechpartner ist. Der Vorteil
der ganzen Verordnungen, Normen etc. ist, dass
detailgenau vorgeschrieben ist, wie hygienische
Oberflächen auszusehen haben und zwar gilt dies
für den umhüllenden Baukörper in gleicher Wei-
se wie für die Lebensmittelmaschinen an sich.
Das Ganze nennt sich dann HYGIENIC DESIGN.
Teil des Hygienic Designs ist die Vermeidung
von mikrobiellen Belastungen durch bauliche/
konstruktive, organisatorische und persönliche
Maßnahmen. Genau – das TOP-Prinzip. Unter
organisatorischen Maßnahmen sind hier das
Betriebsregime, Reinigungs- und Wartungsvor-
gaben, Monitoring, aber auch Wege- und Lüf-
tungskonzepte zu verstehen. Die persönlichen
Maßnahmen umfassen die Aus- und Weiterbil-
dung der Mitarbeiter sowie deren persönliche
Hygiene und Schutzausrüstung.
Bleibt der bauliche Teil. Und hier ist dann
alles ganz einfach. Bauteiloberflächen müssen
so konzipiert und gebaut sein, dass
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„sie reinigungsfähig, frei von Defekten wie
Löchern, Falten, Rissen und Spalten sind. Sie müs-
sen leicht reinigbar und erforderlichenfalls desin-
fizierbar und zur Reinigung zugänglich sein. Sie
haben eine glatte Oberfläche, sind durchgehend
oder versiegelt und derart ausgeführt, dass kei-
ne, das Lebensmittel nachteilig beeinflussende
Stoffe (Biofilme und Mikroorganismen), in klei-
nen Spalten oder Vertiefungen verbleiben können,
aus denen sie schwer zu entfernen sind und die so
die Gefährdung einer Kontamination darstellen“.
Die baulichen Anforderungen richten sich
nach der „Sensibilität“ der Produkte, also nach
dem Produktionsprozess und den damit verbun-
denen Bedürfnissen an steriler Umgebung und
keimarmer Luft. Da in der Lebensmittelindustrie
gern bei hohen Temperaturen, extrem hohen
Luftfeuchten und verständlicherweise mit genü-
gend Futterquellen produziert wird, sind Schim-
melpilzbefälle keine Seltenheit. Auch wenn das
Hygienemanagement insgesamt stimmt. Deshalb
kommt den baulichen Gegebenheiten besondere
Bedeutung zu. So ist geregelt, dass Türen, Tore
etc. so zu gestalten sind, dass kein Regenwasser
eindringen kann, also mit einem Gefälle auszu-
statten sind. Das Gebäude selbst muss luftdicht
sein. Um kleinere Undichtigkeiten auszugleichen,
werden hochsensible Bereiche unter Überdruck
gesetzt, damit von außen keine Mikroorganis-
men eindringen können. Also genau entgegen-
gesetzt zur Unterdruckhaltung im Sanierungsfall.
Anforderungen an den Baukörper sind un-
ter anderem glatte, versiegelte bzw. geschlos-
sene Oberflächen. Unverputztes Mauerwerk oder
offenporige Putze sowie Sichtbeton sind nicht
(mehr) zulässig. Gleiche Anforderungen gelten
für Fußböden, diese sind nicht mehr mit Fließen,
sondern mit Industriefußböden auszustatten. Ein
besonderes Problem ist die Kondensatbildung an
Rohrleitungen. Ergo müssen diese isoliert wer-
den. Allerdings dürfen dabei keine aluminium-
kaschierten Mineralwolldämmungen verwendet
werden. Die Rohre müssen vollständig mit Edel-
stahl verkleidet sein bzw. es sollen vakuum-iso-
lierte Doppelrohre eingesetzt werden. Wird ein
Bild 3: Undichtigkeiten in der Gebäudehülle sind häufige Ursache für Schimmelpilzschäden im Lebensmittelbe-
reich. Durch eine leichte Überdruckhaltung soll verhindert werden, dass Mikroorganismen über die Luft in das
Gebäudeinnere eindringen können. Hier konnte dennoch Wasser eindringen und einen großflächigen Schimmel-
pilzschaden verursachen. Dabei ist der Mangel auch dann gegeben, wenn bisher kein Schimmelpilzwachstum
augenscheinlich ist. Es gilt das Hygienerisiko gering zu halten, wie man sieht auch hier mit einer gewissen
Kreativität. Leider nicht zulässig nach der EU-Maschinenrichtlinie.
Schützen & Erhalten · Juni 2014 · Seite 26