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Die Ex-Press

Berufsinformation des DSV e.V. |

Wissenswertes

Krankheitsübertragung via Schadnager –

andauernde Brisanz

Wenn eine Krankheit, die bei Wirbeltieren

vorkommt, auf den Menschen übertragen

wird, spricht der Arzt von einer Infektion

oder einer Zoonose. Ob Tollwut, oder

Salmonelleninfektion, Toxoplasmose

oder Leptospirose, die Krankheitsverläufe

können sehr ernst werden. Sogar einen

Fischbandwurm gibt es!

Zwar essen wir in Europa Fisch, üblicherweise

aber keine Ratten oder Mäuse. Im Gegensatz zu

Fischen ist die Übertragung bei Schadnagern

besonders dadurch wahrscheinlich, weil Ratten

und Mäuse dem Menschen mit ihren Krankheiten

im Gepäck folgen, und damit zusätzlich zur Ver-

breitung beitragen.

Übertragungswege

Klassisch spricht man von direkter und indi-

rekter Übertragung. Der direkte Infektionsweg

läuft über einen Kontakt mit Ausscheidungen

von Nagern oder durch einen Biss. Indirekt

kann die Übertragung über Parasiten als Vek-

toren stattfinden, also über Arthropoden, wel-

che beim Wirtswechsel die Keime übertragen.

Die Indirekte Übertragung kann man noch wei-

ter unterteilen (Meerburg et Al., 2009). Es wird

letztlich als dritte Möglichkeit der Umweg über

Nutztiere beschrieben. Wenn infizierte Nager

von Nutztieren gefressen werden, könnten die

Erreger nach Schlachtung des Nutztieres und un-

vollständiger Garung zusammen mit dem Fleisch

auf dem Teller landen!

Während sich der dritte Übertragungsweg

in seiner Bedeutung nicht so leicht einordnen

lässt, sind die ersten beiden Wege einleuchtend.

Die beiden Hauptübertragungswege und die Re-

levanz der Nager-bürtigen Krankheiten seien an

drei Beispielen mit aktuellem Bezug geschildert.

Bartonella-Infektion

Ratten haben Flöhe, das ist bekannt. In New

York wurden kürzlich Ratten auf die Häufigkeit

und Arten der auftretenden Ektoparasiten unter-

sucht. Gefunden wurden die Rattenlaus, verschie-

dene Milben und der Rattenfloh. Durchschnittlich

waren die Ratten mit 1,7 Spezies besiedelt. Der

Floh-Index lag bei 4,1. Das bedeutet im Mittel

vier Flöhe pro Ratte. Dies muss nicht heißen,

dass jede Ratte vier Flöhe mit sich trägt, der

Durchschnitt kann sich theoretisch auch daraus

ergeben, dass eine von 10 ansonsten Floh-freien

Ratten 40 Flöhe hat. Mit solch einem Individuum

steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass einmal

einer der Flöhe daneben hüpft – auf den Men-

schen – und Keime überträgt. Im Falle der New

Yorker Rattenflöhe waren es Bakterien der Gat-

tung Bartonella, welche in den Flöhen nachge-

wiesen wurden. Insgesamt gelten Nager als Re-

servoir an unterschiedlichen Bartonella Arten.

Zum Ausmaß der Übertragung auf den Menschen

ist noch nicht allzu viel bekannt, denkbar ist die

indirekte Übertragung durch die Ektoparasiten.

Bartonella Infektionen können einen schweren

Verlauf mit Endokarditis (Entzündung am Herzen)

als Folge nehmen. Am bedeutendsten ist beim

Menschen die sogenannte Katzenkratz-Krankheit,

verursacht durch Bartonella henselae.

Beispiel Leptospirose

Unsere französischen Verbands-Kollegen ha-

ben zur Thematik bereits vor einiger Zeit in ei-

ner Pressekonferenz informiert. Aber auch das

Bundesinstitut für Risikobewertung, BfR, sah

sich Ende 2014 aufgrund der Fallzahlen zu einer

Mitteilung veranlasst.

Es wird von einer zunehmenden Erkrankungs-

häufigkeit gesprochen. Offiziellen Zahlen zufol-

ge gab es in 2013 72 vollstationär behandelte

Fälle, dabei auch zwei Todesfälle. Die Krankheit

kann einen fatalen Verlauf nehmen. Ohne medi-

zinische Behandlung liegt die Sterblichkeitsrate

bei 2–10%. Die Symptome sind unspezifisch. Oft

steht ein grippeähnliches Erscheinungsbild am

Anfang. Die sichere Diagnose gelingt meist erst

über die Laborwerte. Hier liegt der direkte Über-

tragungsweg vor. Ausscheidungen, insbesondere

der Urin von infizierten Nagern, sind infektiös. Es

reicht bei verletzter Haut/Schleimhaut oder der

Bindehaut der Kontakt mit verseuchtem Wasser.

Beispiel Hantavirus

Gemäß der Statistik des Robert Koch-Institut

war in Deutschland im vergangenen Jahr 2014

eine hohe Zahl an Hantaviruserkrankungen er-

fasst worden. Im laufenden Jahr sind bis Ende

April bereits 137 Fälle gemeldet worden. Dabei

scheint sich erneut als regionaler Schwerpunkt

der Raum Stuttgart herauszukristallisieren. Man

spricht von Endemiegebieten.

Infizierte Patienten können sehr schwer er-

kranken. Weltweit gibt es weitere Virus-Typen,

wobei die Krankheitsbilder mit dem Begriff HFRS

(Haemorhagic Fever with Renal Syndrom) als

Foto: ©Erni – Fotolia.com

Creative Commons 3.0.

CDC/NCID/HIP/Janice Carr

Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 64