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DIE Ex-PRESS

Berufsinformation des DSV e.V.

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Wissenswertes

Chancen: RNA-Interferenz schützt Kartoffelpflanzen

Wissenschaftler des Max-Plank-Instituts

erforschen die Grundlage für zukunfts-

weisende neue Strategien in der Schäd-

lingsbekämpfung. Da Insekten zunehmend

Resistenzen gegenüber chemischen Pesti-

ziden und auch biologischen Mitteln wie

Bt-Toxinen entwickeln, stellt die RNAi-

Technologie eine zukunftsweisende Stra-

tegie in der Schädlingsbekämpfung dar.

Die Methode ermöglicht gezielten Schutz

ohne Chemikalien und ohne die Produktion

fremder Proteine in der Pflanze.

In der Vergangenheit haben Wissenschaftler be-

reits Pflanzen so verändert, dass sie dsRNAs ge-

gen bestimmte Insekten produzierten. „Dies hat

die Pflanzen aber nicht vollständig geschützt“,

erklärt Ralph Bock vom Max-Planck-Institut für

molekulare Pflanzenphysiologie. „Schuld daran

ist das pflanzeneigene RNAi-System, das die An-

sammlung größerer Mengen fremder dsRNA ver-

hindert. Als mögliche Lösung dieses Problems

erschien uns die Produktion von dsRNA in den

Chloroplasten.“ Diese Zellorganellen stammen

von ursprünglich frei lebenden Cyanobakterien

ab, einer Gruppe von Einzellern, die kein RNAi-

System besitzen.

Die Forscher um Ralph Bock entschieden sich

deshalb dafür, sogenannte transplastomische

Pflanzen herzustellen. Das sind Pflanzen, bei

denen nicht das Kerngenom, sondern das Ge-

nom der Chloroplasten gentechnisch verändert

wird. Als Zielorganismus für die dsRNA wählten

die Wissenschaftler den Kartoffelkäfer aus. „Mit

Hilfe der Chloroplastentransformation ist es uns

gelungen, Kartoffelpflanzen herzustellen, die

große Mengen langer dsRNAs stabil in den Chlo-

roplasten anreichern“, so Ralph Bock.

„Fressen Larven transplastomische Kartof-

felblätter, deren dsRNA gegen das Aktin-Gen des

Käfers gerichtet ist, sterben sie innerhalb von

fünf Tagen zu 100 Prozent“, erklärt Sher Afzal

Khan aus Jena. Das Aktin-Gen codiert die In-

formation für ein Strukturprotein, das für die

Stabilität der Zellen unverzichtbar ist. Die ak-

tuellen Ergebnisse zeigen, dass der Wechsel von

der Transformation des Kerngenoms zur Trans-

formation des Chloroplastengenoms die bisher

bestehenden Hürden beim Einsatz von RNAi im

Pflanzenschutz überwindet.

Nach Auskunft von Prof. Ralph Bock ist da-

von auszugehen, dass die neue Methode auch

für viele andere Schädlinge anwendbar ist. Die-

ser neue Ansatz wäre nun mit dem Kartoffelkä-

fer getestet, theoretisch gäbe es zunächst kei-

ne Beschränkungen in der Übertragbarkeit auf

weitere Schädlinge, auch Schadpilze oder Schne-

cken, wie uns Prof. Ralph Bock darüber hinaus

auf unsere Nachfrage hin erklärte.

Details finden sich unter:

www.mpimp-golm.mpg.de/

Fotos: ©MPI f. chemische Ökologie/Sher Afzal Khan

Fütterungsexperiment

mit abgetrennten

Kartoffelblättern:

Dargestellt sind Wild-

typ-Blätter im

Vergleich mit Blättern

einer Pflanze, bei der

die DNA der Chloro-

plasten verändert

wurde. Auf diesen

Blättern, die täglich

durch neue ersetzt

wurden, hatten Kar-

toffelkäferlarven im

ersten Larvenstadium

an drei aufeinander-

folgenden Tagen

jeweils 24 Stunden

lang gefressen.

Schützen & Erhalten · Juni 2015 · Seite 67