Fachbereiche
Schimmelpilze
Mikrobiologische Belastung von
Baustoffen vor/oder kurz nach
deren Einbau
Es schreibt
für Sie:
Dipl. Ing.
Norbert Becker
Fachbereichs-
leiter
Schimmelpilze
Diepeschrather Weg 3
51469 Bergisch Gladbach
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Sachverständige, die in ihrem Alltag mit
Schimmelpilzen und Wohngiften konfron-
tiert werden, müssen sich auch hin und
wieder mit undefinierbaren Gerüchen aus-
einandersetzen. Diese Gerüche führen bei
den Nutzern nicht selten zu körperlichen
Beschwerden, welche bei nicht Nutzung
der betroffenen Räumlichkeiten, z. B. im
Urlaub, abklingen.
Der Fall
In einem Kindergarten wurden an der Nord-
und Südseite zwei Anbauten errichtet, um jeweils
einen zusätzlichen Gruppenraum zur Verfügung
zu stellen. Kurz nach der Fertigstellung kam es
im südlichen Anbau zu zwei Feuchtigkeitsschä-
den. Zum einen im Bereich der Bodenkonstruk-
tion (durch eine nicht ausreichende Anbindung
der Sockelabdichtung an den Bestand) sowie
eine Undichtigkeit im Bereich
der Flachdachkonstruktion (be-
grüntes Dach). Auch bei dieser
Flachdachkonstruktion wurde
die Anbindung der Anbauten
an den Bestand nicht fachge-
recht ausgeführt.
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Zusätzlich wurden undefi-
nierbare Gerüche in den zwei
Anbauten wahrgenommen, wel-
che keinem Baustoff zugeord-
net werden konnten.
Es wurden umgehend Maß-
nahmen eingeleitet, um die Ur-
sache für diesen Feuchtigkeitseintritt nachhaltig
zu beheben. Des Weiteren wurden technische
Trocknungsmaßnahmen in den Räumlichkeiten
durchgeführt. Parallel dazu wurden aus den durch
die Feuchtigkeit geschädigten Bereichen Materi-
alproben entnommen, um einen mikrobiellen Be-
fall ausschließen zu können. Bei der Öffnung der
Dachkonstruktion von innen musste festgestellt
werden, dass sich an der Bestandskonstruktion
der „Echte Hausschwamm“ ausgebreitet hatte.
Auch wurden Schimmelpilze und Bakterien in den
Materialproben durch das Labor festgestellt. Die
Materialproben aus der Bodenkonstruktion waren
hingegen unauffällig.
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Trotz umfangreicher Sanierungsmaßnahmen,
mussten die Nutzer weiterhin einen undefinier-
baren Geruch in den zwei unabhängig voneinan-
der hergestellten Anbauten feststellen. Auffallend
war dabei, dass lediglich der südlich gelegene
Anbau Feuchtigkeitsschäden aufwies. Der nörd-
lich gelegene Anbau wies keinerlei Schäden auf.
Die Geruchsbelästigung war in beiden Anbauten
nach wie vor vorhanden und gleich intensiv.
Daraufhin wurden in den Räumen MVOC-
Messungen durchgeführt.
Es wurden dabei unterschiedliche Werte fest-
gestellt, wobei insbesondere Alkohole nachge-
wiesen wurden, die auf die regelmäßige Anwen-
dung von Desinfektionsmittel schließen ließen.
Da auf der Bodenkonstruktion ein vollverklebter
PCV-Boden verlegt war, wurden die Hersteller des
Klebers und des PVC-Belages zu einem Ortster-
min gebeten. Auffällig war hier, dass bereits zu
diesem Ortstermin Unbedenklichkeitsbeschei-
nigungen hinsichtlich der Entwicklung von Ge-
ruchsstoffen übergeben wurden. Daraufhin wurde
eine Probeentnahme am vorhandenen Bodenbe-
lag durchgeführt und einem chemischen Labor
zur Verfügung gestellt, mit der Bitte um Prüfung
auf „flüchtige Stoffe“. Diese Messungen verliefen
negativ, sodass der Bodenbelag als ursächlich für
diese Geruchsbelästigung ausgeschlossen werden
musste. Bei näherer Betrachtung des Probenma-
terials wurde jedoch festgestellt, dass der PVC-
Belag eine Fasereinlage vorwies.
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Daraufhin wurde diese Fa-
sereinlage freigelegt und mit
dem verwendeten Kleber be-
aufschlagt. Bereits kurze Zeit
später konnten an dieser Pro-
be die gleichen Geruchsstoffe
festgestellt werden, die auch
in den Anbauten vorhanden
waren. Insofern konnte so
nachgewiesen werden, dass
die organische Fasereinlage
des Bodenbelages durch den
Dispersionskleber derart be-
einträchtigt wird, dass daraus
entsprechende Geruchsstoffe in die Umgebungs-
atmosphäre abgegeben wurden. Bei der ersten
Laboranalyse durch das beauftragte chemische
Labor konnten diese flüchtigen Stoffe deshalb
nicht nachgewiesen werden, da lediglich ein nach
oben hin geschlossener Glaszylinder auf das Pro-
bematerial aufgeklebt wurde, um dann die anfal-
lenden Dämpfe zu absorbieren und zu messen.
Nach dieser Feststellung wurde ein ent-
sprechendes Gutachten verfasst und mit den
entsprechenden Laborergebnissen untermau-
ert, sodass die Hersteller des Klebers und des
PVC-Belages sowie die ausführenden Handwer-
ker, die zwei Anbauten mit einem neuen Bo-
denbelag auslegten. Nach Abschluss dieser
Arbeiten waren keine Geruchsbelästigungen
mehr zu verzeichnen. Interessant war, dass der
seinerzeit verlegte Bodenbelag alle Zertifikate
und Unbedenklichkeitsbescheinigungen aufwies,
die eine Verlegung in einem Kindergarten als
sinnvoll erachteten.
Dieses Beispiel soll zeigen, dass es nicht
nur nach Feuchtigkeits- bzw. Wasserschäden
zu einem mikrobiellen Befall bzw. zu einer Ent-
wicklung von Geruchsstoffen, wie z. B. Geosmin
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Schützen & Erhalten · September 2012 · Seite 20