

Ausbildung
Studierende am
Wasserschloss Senden
Praxis hautnah
Im Rahmen des Semesterprojektes im
Fach Bauaufnahme und Bausanierung
befasste sich das 4. Semester des Studi-
engangs Bauen im Bestand der Akademie
Bauhandwerk in Münster mit der Bauauf-
nahme und den Schäden am historischen
Wasserschloss in Senden.
Das erste Gebäude des Schlosses wurde im 15.
Jahrhundert erbaut. Bis ins 18. Jahrhundert
wurde es stetig erneuert und ergänzt. Nachdem
der älteste Teil des Wasserschlosses Ende des
19. Jahrhunderts durch einen Brand zerstört
worden war, wurde an dieser Stelle 1899 – durch
Ferdinand Aloysius Freiherr Droste zu Senden
und seiner Frau Maria Freiin von Romberg – der
Rombergtrakt errichtet, den die Studenten für ihr
Projekt betrachteten. Der Rombergtrakt war bis
zur Mitte des 20. Jahrhunderts der Familiensitz
der Droste zu Senden. Mit dem Ende des Zweiten
Weltkrieges nutzte zunächst die amerikanische
Besatzungsarmee das Gebäude als Quartier,
dann wurde es Auffanglager und Sammelpunkt
für entlassene Kriegsgefangene und Zwangsar-
beiter aus Russland, Polen und Frankreich. In
dieser Zeit wurde das Gebäude stark beschädigt
und teilweise seines Inventars beraubt. Im Jahre
1957 verkaufte der letzte Besitzer der Familie,
Clemens Droste zu Senden, das Schloss an den
Leiter der in Münster bekannten Funnemann-
Schulen, Ewald Funnemann. Es wurde seitdem
zunächst als Privatschule mit Internat, später
auch als Altenpension und zuletzt bis ins Jahr
1999 als Hotel und Restaurant genutzt. Da weite
Teile des Schlosses seit Ende der 1990er-Jahre
leer stehen, verfielen die Gebäudeteile zuneh-
mend und es kam zu Vandalismus und Diebstäh-
len. Das bislang im Eigentum der Funnemann-
Erben befindliche Schloss wurde kürzlich durch
den 2014 gegründeten Förderverein Schloss
Senden e.V. auf dem Schenkungswege übernom-
men und soll stufenweise von Grund auf saniert
und gemeinnützig kulturell und sozial genutzt
werden. Eine Reihe von Handwerkern, Sponsoren
und Institutionen unterstützen das Vorhaben.
Um das Schloss vor Übergriffen und weiterem
Verfall zu schützen, wurde eine Videoüberwa-
chung installiert und mit der Dachsanierung
begonnen. Vor dem Winter 2015/16 sollen zer-
brochene Fenster im Rahmen einer Notsicherung
verglast und so gegen eindringende Feuchtigkeit
geschützt werden.
Die Studenten nahmen sich in Zweiergrup-
pen jeweils einen Raum im EG, 1. OG oder 2. OG
und einen Kellerraum des Rombergtraktes zur
Bauaufnahme und Schadensanalyse vor, wobei
sich eine Gruppe ausschließlich mit der Außen-
fassade beschäftigte. Zunächst erstellten die
angehenden Bauingenieure ein genaues Auf-
maß, unter anderem durch Zuhilfenahme des
3D-Laserscanners der Akademie Bau, aber auch
klassisch mit Distanzmessgeräten, Nivellierge-
räten, Tachymetern und Zollstock. Die nun er-
fassten Räume sind im EG zwei Küchenräume
(vor der Restaurantnutzung zwei Wohnräume),
Speisezimmer (später Reiterstübl) verbunden
über einen Speiseaufzug mit dem Keller, Salon
mit einer Gräftenterrasse und einer erhaltenen
Stuckdecke, Wohnraum mit kleinem Bad, Flur,
im 1. OG ein Schlafraum mit Bad und im
2.OGdie Hochzeitssuite mit Bad. Zusätzlich wurde
die Fassade des Rombergtraktes mit dem 1865
errichteten Treppenturm aufgenommen.
Daraus wurden zweidimensionale CAD-Zeich-
nungen (Grundrisse und Ansichten) erstellt. Die
Studenten erlernten so den vertieften Umgang
mit Nivelliergeräten und Tachymetern, um die
Verformungen des Fußbodens und der Decke
sowie mittels Tachymeter die Verformungen
der Wände zu erfassen und auf dieser Grundla-
ge Ansichten der Räume zu zeichnen. Ergänzt
wurden die Messungen mittels Zollstöcken und
Distanzmessgeräten. Die Fassade wurde über
Photogrammetrie, sprich entzerrte Fotos, ge-
zeichnet, während die Stuckdecke des Salons
im EG über ein Orthofoto, das aus dem Scan
stammt, aufgezeichnet wurde. Der Laserscanner
generiert Punktwolken, die zusammengefügt,
ein dreidimensionales Abbild des Gesamtbe-
standes liefern. Auch um die Räume anschlie-
ßend gemeinsam in einen Grundriss einzufügen
und die Verformung des Außengrundrisses zu
erfassen, griffen die Studierenden auf die La-
serscantechnik zurück. Dabei wurden fest de-
finierte Passpunkte in den Bauaufnahmen der
Studenten miterfasst. Diese konnten dann in
der Gesamtpunktwolke enthaltenen Passpunk-
ten zugeordnet werden und somit ist es mög-
lich, dass aus vielen einzelnen Arbeiten eine
Gemeinsame entstand.
Das Aufmaß im Keller wurde dann an die
Gutachterpraxis angepasst, hier wurde nur mit
Distanzmessgeräten Länge, Breite und Höhe
erfasst, um später Flächen zur Instandsetzung
zu errechnen.
Im nächsten Schritt befassten sich die Stu-
denten mit den Schäden in den ihnen zugewie-
senen Räumen. Hierbei wurden hauptsächlich
Feuchteschäden, deren Ursachen defekte Lei-
tungen oder Schäden im Dach waren, sowie
Risse, Salzausblühungen und Pilzbefall ent-
deckt. Viele Holzbauteile, insbesondere Türen
und Holzbalkendecken, sind vom Eichenporling
befallen. Deshalb wurden grundsätzlich vor dem
Betreten der Räume die tragenden Decken von
unten gesichtet, um eine gefahrlose Betretung
der Räume im OG sicherzustellen.
Pilz- und Insektenbefall des
Fußbodens in der Hochzeitssuite.
Foto: ©Kirsten Liesner
Rombergtrakt, Außenansicht.
Foto: ©Daniela Hohenlöchter