Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 63
DIE EX-PRESS
Berufsinformation des DSV e.V. |
Aus dem Verband
wendung von Leimflächen zur Nagerbekämpfung.
Bei Schutzgüterabwägung (Krankenhaus, offene
Produktion u.ä.) kann dies in Abstimmung mit
der Behörde und unter Auflagen eine sehr sinn-
volle Anwendung sein. Aber nicht so wie in die-
sem Fall, insbesondere da dem Ausführenden
(wie auch dokumentiert) völlig unklar war, um
welches Tier es sich handelte. Damit hat er bil-
ligend in Kauf genommen, dass ein Marder (im
Sommer) in die Klebeflächen getappt wäre. Da
hat auch das Jagdrecht verschiedene Einwände.
Gegen den Wucher und das verlorene Geld
konnten wir nichts unternehmen und dazu ha-
ben wir auch kein Mandat. Uns interessierte aber
die Vermittlungsplattform und ob diese auch in
anderen Fällen ähnlich handelndes Personal ver-
mitteln würde. Die Internetseite zeigte sofort
mehrere Verstöße gegen das Gesetz gegen den
unlauteren Wettbewerb (UWG). Unter anderem
wurde der Eindruck erweckt, dass der vermit-
telte SBK aus dem Umfeld des Anrufers kommen
wurde und dass es sich um eigene Mitarbeiter
handeln würde. Außerdem wurde bereits in der
Domainadresse und dann wieder auf den Seiten
der Homepage behauptet, in unserem Berufs-
feld die Nummer Eins zu sein. Wie leichtsinnig.
Nach Erörterung der Faktenlage und Aufzei-
gen der Verstöße, empfahl uns ein Anwalt, den
Geschäftsführer der Vermittlerfirma abzumahnen.
Bis hierhin war der ganze Fall irgendwie noch
Standard und hätte es nicht in unsere ExPress
geschafft. Aber unter der angegebenen Adresse
im Impressum war unser Abmahnungsschreiben
nicht zustellfähig. Weitere Recherche ergab, dass
die im Impressum angegebene GmbH bereits
seit zwei Jahren in der Insolvenzabwicklung
ist. Offensichtlich gehörten weder die über die
Bundesnetzagentur geschaltete 0800-Nummer
noch die Internetdomain zum Firmenvermögen
der in Abwicklung befindlichen GmbH. Dem In-
solvenzverwalter war von der aktiven Geschäfts-
tätigkeit der Pleitefirma nichts bekannt und er
sah auch nichts von den Einnahmen die im Auf-
trag der Firma abgewickelt wurden.
Nun versuchten wir die Privatperson zu er-
mitteln, die hinter der GmbH steckte, bzw. die
die Internetseite betreibt, da diese für falsche
Angaben im Impressum haftet. Der angegebene
Handelsregistereintrag von einem Herrn T.M. aus
Regensburg führte allerdings zu einer zweiten
Firma, zu einem Schlüsseldienst. Geschäfts-
führer auch hier Herr T.M.. Nun wurde auch so
langsam klar, warum mitten in der Nacht ein
„Schädlingsbekämpfer“ für Einsätze zur Verfü-
gung steht. Wurden die SBK-Anfragen wahllos
über die Notrufzentrale eines Schlüsseldienstes
an (irgendwelche) „Handwerker“ ohne Ahnung
vermittelt? Eine weitere Überraschung ergab die
Überprüfung bei der Denic (Genossenschaft die
in Deutschland die Top-Level Domains verwal-
tet), dass dort als Registrar der Homepage eine
dritte Firma eingetragen war. Es handelte sich
um eine Handwerkervermittlungsplattform (klingt
ähnlich wie Der freundliche Handwerker) in de-
ren Impressum wiederum der bekannte Herr T.M.
aus Regensburg genannt war. Mit einer Anschrift
in Berlin. Die dortigen LV-Kollegen versicherten
uns aber, dass es sich bei der Anschrift um ein
Militärgelände handle, wo sich kein Firmensitz
befinden könnte. Und richtig. Auch von dort kam
unsere Post als unzustellbar zurück.
Da wir für solche Verfahren einen pauschalen
Betrag gemäß Gebührenverordnung bezahlen,
haben wir unseren Anwalt weiter gequält und
gebeten, über die mittlerweile eingeschalteten
Ermittlungsbehörden, wir befinden uns inzwi-
schen im Strafrecht (!), weitere Informationen
einzuholen. Wir selber haben ein ausführliches
Gespräch mit der zuständigen Aufsichtsbehörde
für das TierSchG geführt. Dort haben wir darauf
hingewiesen, dass bei allen Scheinfirmen doch
eine echte Handelsbeziehung zwischen der aus-
führenden Firma beim Endverbraucher und der
angeblichen Pleitefirma bestehen muss, die via
Internet die Aufträge einsammelt und vermittelt.
Jedoch ist das Problem, dass in unserem Beruf
so viel verschiedene Aufsichtsbehörden zusam-
menkommen, dass keine einen ganzheitlichen
Ansatz verfolgt. Auch werden die Zuständigkeiten
der Straftatermittlungen gegen beide Einzelfir-
men nicht zusammengeführt.. Zumindest nicht,
so lange nicht systematischer und organisierter
Betrug vermutet wird.
Dennoch haben wir herausbekommen, dass
der „Kollege“ sein Gewerbe erst frisch in die-
sem Jahr angemeldet hat. Eine Erlaubnis zur
Schädlingsbekämpfung hat er beim Veterinäramt
nicht beantragt, eine Anzeige gemäß GefStoffV
erfolgte ebenfalls nicht. Er besitzt keine Qua-
lifikation (Sachkunde) zum Töten von Nagern.
Verschiedene Ermittlungsverfahren wegen Ver-
stoß gegen das Tierschutzgesetz und gegen das
Landesjagdgesetz wurden eingeleitet. Eine Ver-
folgung der Verstöße gegen die Biozidverordnung
(Gebrauchsanweisung) und die Gefahrstoffver-
ordnung werden noch untersucht.
Von dem Veterinäramt wurde inzwischen be-
stätigt, dass sie dem auffälligen Handwerker auch
nicht in Zukunft eine Erlaubnis für die Schäd-
lingsbekämpfung erteilen würden. Die Auftragge-
berin wurde inzwischen vom Ausführenden unter
Druck gesetzt, die Anzeige zurückzuziehen, um
ihr Geld wieder zu bekommen.
Überraschend hat vor wenigen Wochen
T.M. aus Regensburg eine vierte Firma in
das Impressum seiner Vermittlungsplattform
eingetragen. Vielleicht hatte er einen Anruf
von seinem Insolvenzverwalter. Oder von der
Steuerbehörde. Oder, wer weiß? Diesmal war
die neue Anschrift zustellfähig. Kurz danach ist
die Domain vom Netz genommen worden und
im Internet nicht mehr erreichbar. Ein kleiner
Sieg für unseren Beruf.
Viele Fragen bleiben offen. Wie bekommt
eine solche Plattform ihre ausführenden Gewer-
ke? Wie finden die sich? Man benötigt schon ein
großes Netzwerk, um die über eine generische
Internetseite gesammelten Aufträge auch los-
zuwerden. Rufen die dann einfach irgendwelche
Schädlingsbekämpfer an? Werden Sie ab und zu
oder sogar häufig angerufen, Aufträge zu über-
nehmen? Teilen Sie uns ihre Erfahrungen mit.
Autor: A.B.
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