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Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 68

DIE EX-PRESS

Berufsinformation des DSV e.V. |

Aktuelles

Phosphorwasserstoff: Ein wichtiger Wirkstoff für

den Vorratsschutz, den es zu erhalten gilt

Der weltweit in vielen Bereichen des

Vorratsschutzes bedeutendste Wirkstoff

zur Bekämpfung von Schadinsekten ist

bis heute das Begasungsmittel Phos-

phorwasserstoff. Aufgrund immer höherer

Anforderungen in Bezug auf Zulassung und

Registrierung von Wirkstoffen und dem

damit verbundenen Verschwinden vieler

Substanzen erscheint es wichtig, eine der

wenigen noch verfügbaren Substanzen zu

erhalten und in ihrer Anwendung fachge-

recht einzusetzen.

Die Vorteile von Phosphorwasserstoff sind sei-

ne ausgezeichnete Durchdringungsfähigkeit und

seine außerordentlich hohe Wirksamkeit gegen-

über allen vorratsschädlichen Insekten. Insofern

ist eine Bekämpfung der Schädlinge und auch

aller Entwicklungsstadien ohne Probleme mög-

lich. Auch versteckt innerhalb der Güter lebende

Entwicklungsstadien werden durch diese Eigen-

schaften sicher erfasst.

Phosphorwasserstoff zeichnet sich auch durch

günstige Eigenschaften hinsichtlich Unschäd-

lichkeit und Rückstandsbildung in behandelten

Lebens- und Futtermitteln aus. Das Gas hat kei-

ne negativen Auswirkungen auf die mit ihm be-

handelten Produkte und verflüchtigt sich nach

der Anwendung sehr schnell. Daher sind keine

Rückstände in begasten Gütern zu befürchten.

Seine positiven Eigenschaften hinsichtlich

Ökotoxizität sprechen zusätzlich für diesen Wirk-

stoff. In der Atmosphäre wird das einfache Gas-

molekül rasch in harmlose Metabolite abgebaut.

Es besteht somit keinerlei Gefahr einer Anrei-

cherung der Substanz in der Umwelt.

Trotz all dieser positiven Aspekte stellen

Phosphorwasserstoff und Phosphorwas-

serstoff-bildende Produkte Gefahrstoffe

dar, die es notwendig machen, dass

bei der Verwendung größte Sorg-

falt auf Anwendersicherheit und

Arbeitsschutz gelegt werden. In-

sofern sollten Phosphorwasser-

stoffprodukte auch nur von aus-

gebildetem und in der Anwendung

geschultem Personal durchgeführt

werden.

Hinsichtlich Anforderungen,

die auf eine gute und ausrei-

chende Wirksamkeit des Gases bei

der praktischen Anwendung zielen,

sind die im Folgenden beschrie-

benen Faktoren zu beachten. Sie

werden in der Praxis sehr häufig

immer noch unzureichend einge-

halten und können den Begasungserfolg nega-

tiv beeinträchtigen.

Ziel einer Begasung muss sein, eine aus-

reichend hohe Gaskonzentration über eine be-

stimmte Einwirkzeit zu erreichen. Nur dann ist

es möglich, dass alle Entwicklungsstadien der

entsprechenden Schädlinge im Vorratsgut sicher

abgetötet werden.

Bezüglich der Gaskonzentration sollte es

selbstverständlich sein, dass die von den Her-

stellern empfohlenen Dosierungen unbedingt

eingehalten werden. Sie sind in aufwändigen

Wirksamkeitsversuchen, die die Effektivität ge-

genüber den Schädlingen nachweisen,geprüft

und gewährleisten eine erfolgreiche Bekämpfung.

Diese Umstände werden oftmals vernachlässigt

und es gibt in der Praxis weiterhin Empfehlungen

von sehr niedrigen Aufwandmengen, ohne dass

ausreichend wissenschaftliche Grundlagen dahin-

terstehen. Untersuchungen mit den Vor-

ratsschädlingen Rotbrauner Reismehl-

käfer (Abb. 1) und Kornkäfer (Abb. 2)

haben allerdings gezeigt, dass bei

derartigen Dosierungen mit gerin-

gen Gaskonzentrationen unter Um-

ständen lediglich die empfindliche-

ren Adultstadien sicher abgetötet

werden können. Gerade bei dem im

Lagergetreide gefürchteten Kornkä-

fer zeigte sich, dass für die sichere

Abtötung aller Entwicklungsstadi-

en, auch der weniger empfindlichen

Eier- und Puppenstadien, unbedingt

die Herstellerempfehlungen hinsicht-

lich Dosierung und Einwirkzeit ein-

gehalten werden müssen.

In diesem Zusammenhang spielt

ein weiterer bedeutender Faktor

eine große Rolle: Abdichtungsmaßnahmen und

deren Qualität. Häufig werden unzureichend

dichte Räumlichkeiten zu Begasungszwecken

genutzt, so dass trotz ausreichender Dosierung

Gas in größerem Maß verloren geht. Wird dann

zusätzlich noch eine niedrige Dosierung ver-

wendet, ist es nicht verwunderlich, dass eine

zu hundert Prozent wirksame Gaskonzentration

nicht erreicht werden kann. Begasungsobjekte

müssen vor einer Begasung auf ihre Dichtigkeit

geprüft und mit geeigneten Maßnahmen abge-

dichtet werden. Hier spielen auch die Eigenschaf-

ten der Abdichtungsmittel eine große Rolle. So

ist beispielsweise darauf zu achten, dass Bega-

sungsfolien die Kriterien einer ausreichenden

Gasdichtigkeit gegenüber Phosphorwasserstoff

erfüllen. Nicht jede scheinbar gasdichte Folie

ist auch zur Abdichtung bei Phosphorwasser-

stoffbegasungen geeignet.

Phosphorwasserstoffbegasungen werden

zum größten Teil mit Produkten durchgeführt,

die aus Aluminium- oder Magnesiumphosphid

bestehen. Diese Produkte in Form von Pellets,

Beuteln oder Platten sind chemische Vorstufen

und entwickeln erst nach der Ausbringung das

wirksame Gas Phosphorwasserstoff (Abb. 3).

Hierzu sind eine ausreichende Luftfeuchte und

eine entsprechende Mindesttemperatur notwen-

dig. Hinsichtlich der Luftfeuchte ist im Allge-

meinen die Warenfeuchte bzw. die allgemeine

relative Luftfeuchte für die Entwicklung des

Gases aus den Metallphosphidformulierungen

ausreichend. Generell ist eher die Temperatur

der limitierende Faktor. Daher lautet die Emp-

fehlung, dass Begasungen bestmöglich in einem

Temperaturbereich zwischen 15 und 30°C durch-

geführt werden sollten. Aufgrund der geringeren

biologischen Aktivität der Schädlinge bei nied-

rigen Temperaturen und der dadurch bedingten

geringeren Aufnahme von Phosphorwasserstoff

werden Begasungen bei Temperaturbedingungen

von unter 10°C im zu behandelnden Vorratsgut

generell nicht empfohlen. Nur in Ausnahmefäl-

len bei speziellen Anwendungsgebieten und mit

besonderen technischen Voraussetzungen kann

davon abgewichen werden.

Ein weiterer wichtiger Faktor für eine erfolg-

reiche Begasung ist die Einwirkzeit. Hinsichtlich

ausreichender Effektivität besteht eine direkte

Beziehung zwischen Gaskonzentration und Dauer

der Einwirkzeit. Eine ausreichend lange Einwirk-

zeit ist daher ebenso von Bedeutung wie eine

ausreichend hohe Gaskonzentration. Insofern ist

auch in diesem Bereich darauf zu achten, unbe-

dingt den Herstellerangaben zu folgen. Generell

sollte die Einwirkzeit des Gases auf die Schäd-

linge so lange wie möglich im vorgegebenen

Rahmen ausgedehnt werden und bei Magnesium-

phosphidbegasungen eine Dauer von 2,5 Tagen,

bei Aluminiumphosphidbegasungen eine Dauer

von 5 Tagen nicht unterschreiten.

Um sicherzustellen, dass eine Begasung

erfolgreich verläuft, ist eine Überwachung der

Gaskonzentration im begasten Gut notwendig.

Hierzu können im Vorfeld einer Begasung vor

der Abdichtung Messleitungen ins Innere des

Begasungsobjekts oder des behandelten Guts

Abb. 1: Rotbrauner

Reismehlkäfer

Abb. 2: Kornkäfer (Sitophilus granarius) von CSIRO