Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 67
DIE EX-PRESS
Berufsinformation des DSV e.V. |
Aus dem Verband
Demnächst CMR-Stoffe im Einsatz?
Gesundheitsgefahr. Bald
die Kennzeichnung für
Rodentizide die reproduktions-
toxisch sind.
Solche Produkte mit Cumatetralyl müssen um wirksam zu sein, mehr als 30 ppm Wirkstoff enthalten.
In unserem Newsletter im Mai 2016
hatten wir bereits darauf hingewiesen,
dass als Anpassung an den Stand der
Technik (=ATP) in der Biozidverordnung
(EU528/2012) eine geänderte Einstufung
der Rodentizide erfolgt.
Die Rodentizide
sind konzentrationsabhängig nun bewie-
senermaßen reproduktionstoxisch. Damit
sind Antikoagulantien zunächst CMR-Stoffe
(karzinogen, erbgutschädigend, frucht-
barkeitsschädigend), für die besondere
Vorsichtsmaßnahmen in Deutschland gelten.
Im Rahmen der CLP-Kennzeichnungsverordnung
werden Rodentizide mit einem Antikoagulanz-An-
teil von über 0,003% in Deutschland voraussicht-
lich bereits in 2017 mit dem Gefahrensymbol GHS
08 „Gesundheitsgefahr“ zu kennzeichnen sein.
Auf unsere Nachfrage bei den Herstellern in
diesem Frühjahr und der Antwort, dass man der
o.g. Problematik Rechnung tragen würde, hat-
ten wir im Newsletter Entwarnung gegeben. Nun
verunsichert leider ein Presseartikel der CEPA ein
bisschen unsere Berufskollegen. Deshalb fassen
wir noch mal die Faktenlage zusammen. Die In-
dustrie wird die Wirkstoffe in den Nagerpräpa-
raten voraussichtlich auf 25 ppm (0,0025%)
senken. Die Rodentizide der zweiten Generation
(SGARs) sind dann noch immer wirksam, wie
das Umweltbundesamt bestätigt hat.
Flocoumafen, Brodifacoum, Difethialon wer-
den abgesenkt und bleiben wirksam gegen alle
Nager. Bromadiolon und Difenacoum sind mit
25ppm noch wirksam gegen Wanderratten, aber
nicht mehr gegen Mäuse und Hausratten. Das
wird sich in der Gebrauchsanweisung nieder-
schlagen. Die Rodentizide der ersten Generation
(FGARs) hingegen können im Wirkstoffgehalt je-
doch nicht unter 30ppm gesenkt werden. Sie sind
dann nicht mehr wirksam, was logischer Weise
zum Verlust einer Zulassung führen würde. Also
wird z. B. Schaum mit Cumatetralyl in unver-
änderter Zusammensetzung angeboten und
muss zukünftig gekennzeichnet werden.
Eine Neuzulassung mit anderen Wirk-
stoffen dürfte aus Kostengründen
für dieses wichtige Nischenpro-
dukt jedoch unterbleiben.
Alle dann noch auf dem Markt
angebotenen FGARs werden gemäß Ein-
stufung mit dem Symbol GHS 08 gekenn-
zeichnet. Damit sollte sich bei angepasster
CLP-Verordnung und überarbeiteter ChemVer-
botsV das Angebot dieser Produkte im Einzel-
handel deutlich reduzieren. Die Märkte benötigen
für die Abgabe an den Endverbraucher ausgebil-
dete Sachkundige und müssen, wie etwa auch bei
Pflanzenschutzmitteln, ein Beratungsgespräch
durchführen. Die FGAR Rodentizide stehen dann
dem Endverbraucher nur noch erschwert oder
nicht mehr zur Verfügung. In dem Zusammenhang
seien Kollegen gleich darauf hingewiesen, dass
Sie zwar aufgrund der Ausbildung/Anerkennung
zum Schädlingsbekämpfer nach §5 ChemVerbotsV
sachkundig sind, eine Abgabe von CMR-Stoffen
per Versandhandel (§4) an den Endverbraucher
aber ausdrücklich untersagt ist.
In unseren Augen spricht nichts dagegen,
ein CMR-Produkt zu verwenden, dass in seiner
akuten Toxizität, Bioakkumulation und Persistenz
deutlich besser verhält, als die nicht kennzeich-
nungspflichtigen SGARs. Mit einem Produkt, an
das nicht jeder Kunde so einfach herankommt,
wirken wir auch professionell. Außerdem fallen
GHS 08 gekennzeichnete und gewerblich genutzte
Rodentizidprodukte unter die Sachkunde nach
GefStoffV Anhang I Nr.3 ... endlich.
Wahrscheinlich und leider werden wir eine
Diskussion zur Verwendung dieser Produkte erle-
ben, die uns Gruppen außerhalb unseres Berufes
aufzwingen. Klassisch wären das in der ersten
Reihe etwa Auditoren mit Halbwissen.
Liebe Kollegen, hier die Bitte des Berufsver-
bandes: treffen Sie aufgrund Ihrer Ausbildung
und Erfahrung und unter Abwägung von Um-
weltgefahr, Resistenzbildung und angestrebtem
Erfolg die Mittelwahl und verteidigen Sie ihre
Entscheidung. Natürlich kann es clever sein, von
vorneherein eine solche (neue) Diskussion durch
geänderte Mittelwahl auszuschließen. Aber dann
ist das Ihre fachliche und betriebswirtschaftliche
Entscheidung.
A.B.