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Schützen & Erhalten · September 2016 · Seite 64

DIE EX-PRESS

Berufsinformation des DSV e.V. |

Aus dem Verband

Deutschland hat garantiert Ahnung

Garantie, Gewährleistung, Erfolg, Mangel,

Nachbesserung, Kulanz, Anspruch, Schuld.

Alles Wörter, die umgangssprachlich

ohne groß nachzudenken gebraucht

werden. Aber all dies sind eindeutig im

BGB(Bürgerliches Gesetzbuch) geregel-

te juristische Begriffe.Hier sollte man

wirklich das bedruckte Papier zur Hand

nehmen. Das BGB ist über 100 Jahre alt

und trotzdem für uns alle verbindlich.

Auch wenn es ursprünglich von Juristen

für Juristen geschrieben wurde, was die

Lesbarkeit etwas erschwert, so ist es aber

letztendlich ein Instrument zur Konflikt-

vermeidung und Konfliktlösung.

Wichtig für uns ist vor allem BGB Buch 2: das

Recht der Schuldverhältnisse. Dort werden alle

diese Begriffe in den richtigen Zusammenhang

gebracht. In letzter Zeit gab es verschiedene

Veröffentlichungen, in denen die Abgabe von

Garantien von Schädlingsbekämpfern, insbe-

sondere bei Bettwanzenbekämpfung, gefordert

wurde. Dies hat zu Verunsicherungen geführt,

die wir mit diesem Artikel gerne aus der Welt

schaffen möchten.

Garantie

ist ein Anspruch einzig und allein

aus dem Kaufvertrag. (BGB §§ 433–480).

Der Begriff

Gewährleistung

(BGB §§434+435)

fällt ebenfalls in den Bereich Kaufrecht.

Wer von uns Schädlingsbekämpfern Kaufver-

träge abschließt, ist natürlich auch an die Be-

dingungen aus diesen Paragraphen gebunden.

Dies könnte z. B. per Shopverkauf, wie ihn eini-

ge Kollegen im Internet betreiben, der Fall sein.

Aber das Gros der Schädlingsbekämpfer ist

Dienstleister und nicht Verkäufer. Daher werden

alle Ansprüche auf der Basis eines Dienstver-

trages oder eines Werkvertrages geltend gemacht.

Der

Dienstvertrag

(BGB §§ 611–630) ver­

pflichtet denjenigen, der Dienste zusagt, diese

zu erbringen und andererseits denjenigen, der

die Dienste beauftragt, die vereinbarte Vergü-

tung zu gewähren.

Ein

Werkvertrag

(BGB §§ 631–651) verpflich­

tet den Unternehmer zur Herstellung eines

versprochenen Werkes und den Besteller zur

Entrichtung der vereinbarten Vergütung.

Die einzige Abgrenzung zwischen Dienst- und

Werkvertrag ist der geschuldete

Erfolg

.

Denn nur der Werkvertrag fordert diesen Er-

folg, der in einem körperlichen Arbeitsprodukt

(eine Sache oder ein greifbares Produkt) oder

einem unkörperlichen Arbeitsergebnis (z. B. ein

Gutachten) besteht. Es handelt sich um eine ein-

malige Leistung und nicht um eine Daueraufga-

be. Der Dienstvertrag hingegen verpflichtet zum

Tätigwerden im vereinbarten Umfang. Abgerech-

net wird benötigtes Material und Aufwand bzw.

gemäß Angebot.

Ein Beispiel für einen solchen Dienstvertrag

kennen wir, wenn wir unser Auto in die Werk-

statt bringen. Anlass ist z. B. ein nicht näher zu

definierenden Geräusch. Nach und nach werden

verschiedene Module getauscht, Verkleidungen

geöffnet und verschraubt oder geheimnisvolle

Messinstrumente ausgelesen. Keiner käme auf die

Idee, seine Werkstatt nicht zu bezahlen, wenn

das Klopfen nicht weg ist. Würde man nun das

Autohaus auf einen Werkvertrag festnageln wol-

len – okay, die lachen einen aus, aber nehmen

wir das nur mal an – würde uns der schlimmst-

mögliche Aufwand in Rechnung gestellt, etwa

weil man kalkuliert, dass ein Kabelbaum, das

Getriebe oder der Zylinder getauscht werden

muss. Wenn dann aber nur eine Schraube lose

war, würden wir trotzdem den vollen Preis des

vereinbarten Werkes „Geräusch weg“ bezahlen.

Das wäre uns auch nicht recht. Da ist es besser,

wenn wir nur für die Leistung bezahlen, die er-

bracht worden ist.

Ein Werk aus dem Werkvertrag kann Mangel

behaftet sein. Dann hat der Auftraggeber einen

Anspruch auf Nachbesserung (also Mängelbe-

seitigung) bis hin zum Schadenersatz wegen

Nichterfüllung!

Beispiel:

Ein AN erhält den Auftrag, einen

Innenhof wegen einer massiven Taubenplage zu

vernetzen. Er bestätigt den Auftrag und führt

die erforderlichen Arbeiten aus. Abnahmetermin

ist der Tag nach der Fertigstellung. Dabei stellt

der Auftraggeber fest, dass es in diesem Netz

eine Fehlstelle von 20 cm² gibt – dort klafft ein

Spalt. Dies ist ein Mangel an einem fertigge-

stellten Werk. Die Abnahme wird durch den

AG verweigert. Der AN wird dann aufgefordert,

nachzubessern.

Aufgrund einer Pflichtverletzung aus dem

Dienstvertrag kann eine Vertragsseite auf Er-

füllung verklagt werden. Der andere Teil kann

währenddessen seine Leistung gem. § 320 BGB

verweigern. Wie im Rahmen anderer Vertrags-

typen liegt eine

Schlechtleistung

vor, wenn die

„Ist-Beschaffenheit“ der erbrachten Leistung

nicht den Anforderungen genügt, die nach der

Vereinbarung der Parteien vorausgesetzt waren.

Bei schuldhaften Verletzungen der vertraglichen

Pflichten kann

Schadenersatz

verlangt werden.

Beispiel:

Der AN erhält den Auftrag eine Rat-

tenbekämpfung auf dem Hof eines Mietshauses

durchzuführen, wo die Ratten viel Abfall finden,

diesen anfressen und im Hof Bauten gegraben

haben. Er stellt mit Ködern versehene Boxen auf,

kontrolliert diese nach 4 Wochen und stellt fest:

Köder sind alle noch da. Daraus schlussfolgert er,

dass kein Rattenbefall vorliegt. Die Maßnahme

ist für ihn durchgeführt und wird beendet, die

Rechnung wird geschrieben. Dieses Prozedere

genügt nicht den Anforderungen und ist eine

Schlechtleistung.

Da kommt mir der geschuldete Erfolg wieder

in den Kopf. Gut – den schuldet der Auftragneh-

mer nicht aus dem Vertrag heraus, ABER: den

schuldet er sich selbst und seinen monetär und

sozial abhängigen Mitarbeitern moralisch in je-

dem einzelnen Fall

Beispiel:

Anruf einer Kundin, sie möchte

dass sofort jemand kommt und ihr Bett behan-

delt, sie hat Bettwanzen. Also wird ein Termin

zur Inspektion in Vorbereitung einer möglichen

Maßnahme vereinbart. Vor Ort stellte sich die-

ses Bett als Designermöbel heraus, gefertigt

aus Wellpappe. Die Mieterin besteht auf sofor-

Die Deutsche Ausgabe des Bettwanzenleitfadens.

Ganz ohne Garantien.