Schützen & Erhalten - page 16

Schützen & Erhalten · Dezember 2011 · Seite 16
Zur
Diskussion…
Mit diesem neuen Forum bieten wir den
Mitgliedern des DHBV-Fachbereichs Sach-
verständige eine Plattform, um sich mit
Fachartikeln einer breiten Öffentlichkeit
zu präsentieren. Dieses Forum bietet
die Möglichkeit Ideen und Lösungen
vorzustellen, die sich vom Alltäglichen
unterscheiden. Gleichzeitig wird in die-
sem Forum die Möglichkeit gegeben, zu
den Fachartikeln Stellung zu beziehen
und hierüber zu diskutieren. All dieses
nicht in den schnellen und teilweise als
oberflächig empfundenen Plattformen der
„Social Networks“ des Internets, sondern
mit ausreichend verfügbarer Zeit für die
Formulierung der Antworten. Hier ist ein
Zeitraum von zwei Monaten zwischen
zwei Ausgaben von „Schützen & Erhalten“
vorgesehen.
Trauen Sie sich… Schreiben Sie …
Diskutieren Sie…
kritische Holzfeuchte (deutlich < 20% ) in den
Balken oder der Schalung festgestellt.
Im Jahre 2006 im Herbst wurde durch einen
Kollegen an einer Stelle das Dach geöffnet (Bild
4). Dabei wurde durchfeuchtete Schalung und an
der Oberseite feuchte Mineralwolle festgestellt.
Messungen wurden nicht durchgeführt.
Auf dem Foto von der Bauteilöffnung im Jahr
2006 zeigt sich, dass die Luftdichtung innensei-
tig ordentlich verlegt wurde. Selbstverständlich
kann das Foto nur als Hinweis gesehen werden,
denn schon 10 cm neben dem Bild kann es ganz
anders aussehen.
Ein Blower-Door-Test, der in einem der Ge-
bäude durchgeführt wurde, wies auf Undichtig-
keiten in der Luftdichtung hin.
Um die vorgefundene Konstruktion einschät-
zen zu können, kann das „Merkblatt der tech-
nischen Kommission Flachdach des SVDW“ so-
wie dem „Spezial Flachdächer in Holzbauweise
vom Informationsdienst Holz vom Oktober 2008“
herangezogen werden. Die SVDW empfiehlt die-
se Dachvariante nur für beschränkte Einsatzge-
biete, weil derartige Ausführungen nur geringe
Fehlertoleranzen aufweisen. Es wird von einer
handwerklichen Baustellenfertigung, wie sie hier
vorliegt, abgeraten.
Schön wäre es natürlich mit einem Blow-
er-Door-Test die tatsächliche Undichtigkeit zu
ermitteln und die Leckagen zu orten. Aber in
einem verkleideten und bewohnten Haus ist
dieses Vorgehen nicht realistisch durchführbar
und scheidet damit aus.
Der Informationsdienst Holz rechnet auf Sei-
te 56 eine vergleichbare Konstruktion beispiel-
haft durch und weist dabei eine ausreichende
Rücktrocknung nach. Der gravierende Unter-
schied der hier bestehenden Konstruktion zur
berechneten Variante ist, dass in der hier vorlie-
genden Ausführung keine Angaben zur Luftdich-
tung innenseitig und dem zugehörigen Sd-Wert
vorliegen und dass erschwerend ein Gründach
die Konstruktion nach oben abschließt. Soweit
so hässlich, aber das vorgefundene Dach wies
in den einsehbaren Bereichen beim Ortstermin
keine Schäden auf, die eine Handlung erforder-
lich gemacht hätten. Was tun?
Es stellt sich in diesem Zusammenhang die
Frage nach der sinnvollen Bewertung der vor-
gefundenen Situation und dem richtigen Vor-
gehen. Es sei an dieser Stelle nochmals an die
deutliche Feuchte von Schalung und Dämmung
bei der ersten Bauteilöffnung erinnert. Für
den Erhalt des Daches sprechen auf alle Fälle,
dass kein gravierender Schaden erkennbar ist.
Die Erkenntnisse aus der Literatur und Erfah-
rungen aus anderen Projekten sprechen dafür,
dass es hier früher oder später zum Schaden
kommen kann. Aber berechtigt die Erwartung
eines Schadens zur Zerstörung einer vorhan-
denen Bausubstanz?
Fachbereiche
Sachverständige
Pultdächer sehen modern aus und scheinen
auch in der Herstellung einfach und kosten-
günstig. Ein Gründach sorgt für sommerliche
Kühle und hält auch im Winter die größte Kälte
ab, sodass im Dach immer ein mittleres Klima
herrscht. Natürlich sieht ein Gründach hübsch
aus, wenn man es sehen kann und verbessert
das lokale Klima. Leider können sich auch bei
solchen Konstruktionen Schäden zeigen, die ich
hier beispielhaft behandeln möchte. Besonders
scheint mir dieses Beispiel geeignet, den Zusam-
menhang zwischen scheinbar einfachem Detail
und den daraus entstehenden Schwierigkeiten
darzustellen.
Bei dem untersuchten Objekt handelt es
sich um eine 4 Spänner-Reihenhauszeile (Bild
1). Unter dem auskragenden Dach des Dachge-
schosses waren an mehreren Stellen schwarze
Fahnen festgestellt worden. Das Gebäude wur-
de aus Porenbeton errichtet. Die Fassade wur-
de im Obergeschoß mit Mineralwolle gedämmt
und mit Wellblech verkleidet. Der Dachaufbau
besteht von oben wie folgt:
– Gründach mit ca. 8 cm Substrat,
– Wurzelfeste Folie,
– Bitumen Unterdach
– Holzschalung 25mm
– Mineralwolle zwischen den Sparren
– Luftdichtungsfolie
– Lattung
– Gipskartondecke
Die Sparrenzwischenräume wurden an den First-
und Traufseiten mit einem ausgeschnittenen
Blech verkleidet (Bilder 2 und 3).
Bei genauerer Untersuchung konnte festge-
stellt werden, dass die schwarzen Fahnen haupt-
sächlich nordseitig und in Bereichen von nicht
sauber anliegendem Abdeckblech zwischen den
Sparren auftreten. Je größer die Fuge, umso
größer ist auch die Fahne. Die Fahnen konnten
als mikrobieller Befall aufgrund von Feuchtig-
keit identifiziert werden. Es muss also zeitweise
in diesen Bereichen eine erhebliche Feuchtig-
keit vorliegen.
Es wurde eine Blechverkleidung, die über ca.
vier Sparrenfelder reicht, demontiert. Dabei be-
stätigte sich der Zusammenhang von schwarzem
mikriobiellem Befall und unsauber gearbeiteten
Blechen bzw. nicht dicht am Holz anliegender
Dämmung auch innerhalb der Blechverkleidung.
Mikrobieller Befall konnte bis ca. 50 cm tief in
den Dachraum festgestellt werden (Bild 5). Die-
ser war nur in Bereichen, die nicht sorgfältig mit
Dämmstoff ausgefüllt waren, sichtbar. Somit wäre
die Lösung zur Frage nach den schwarzen Fahnen
ein winddichter Verschluss der Gefache im Trauf
und Firstbereich. Aber reicht das?
Im Rahmen des Ortstermins, der an einem
warmen Sommertag stattfand, wurde in der
Dämmung keine nennenswerte Erhöhung der
Luftfeuchtigkeit gegenüber außen und keine
Schimmel unterm Gründach − wie
viel Sanierung ergibt Sinn?
Von Dipl.-Ing. FH Bernhard Kopff,
Architekt und Sachverständiger für Schäden
an Gebäuden, Fachrichtung Holzschutz
Telefon (089) 88999988
E-Mail:
1...,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24,25,26,...40
Powered by FlippingBook