Jede Abweichung
von der vereinbarten
Leistung ist ein
Sachmangel
Die Vereinbarung einer bestimmten Natur-
schiefereindeckung ist eine Beschaffenheits-
vereinbarung.
Jede Abweichung von einer Beschaffenheitsver-
einbarung stellt einen Sachmangel dar.
Einen Schadensersatzanspruch auf Ersatz
der Mängelbeseitigungskosten kann nicht ent-
gegengehalten werden. Er sei unverhältnismäßig
hoch, wenn der Unternehmer vorsätzlich vom
Leistungsverzeichnis abgewichen ist.
OLG Koblenz, 1 U 295/09
Sachverhalt:
Eine Kirchengemeinde schrieb die Erneuerung
des Daches auf dem Kirchengebäude aus. Es wur-
de ein bestimmtes Schiefermaterial vereinbart,
welches der Bieter als Fabrikat angegeben hat.
Im Zuge der Ausführung verlegt der Auftragneh-
mer jedoch ein anderes Schiefermaterial, ohne
die Kirchengemeinde darüber zu informieren.
Als der bauleitende Architekt dies entdeckt,
wurde der Auftragnehmer aufgefordert den tat-
sächlich verwendeten Schiefer gegen den ver-
einbarten Schiefer auszutauschen. Als dies nicht
erfolgt, wird der Vertrag gekündigt und im Wege
der
Ersatzvornahme
das Schiefermaterial ausge-
tauscht. Der Auftraggeber rechnet gegen den
Werklohnanspruch mit Mängelbeseitigungsko-
sten, zusätzlichen Architektenaufwendungen
und Gerüstkosten auf.
Entscheidung:
Die Klage des Auftragnehmers wird abgewie-
sen. Die Berufung nach dem Hinweis des OLG
zurückgenommen.
Das OLG verweist ausdrücklich darauf, dass
mit der Vereinbarung einer bestimmten Schiefer-
sorte eine Beschaffenheitsvereinbarung getrof-
fen wurde und der Unternehmer nicht berechtigt
gewesen ist hiervon abzuweichen.
Das Gericht erkennt der Kirchengemeinde
ein objektives Interesse zu, auf eine bestimmte
Schiefersorte zu bestehen, die sich bei Referenz-
objekten bewährt hat.
Weicht der Auftragnehmer trotzdem vorsätz-
lich von der vertraglichen Vereinbarung ab, kann
er sich nicht darauf berufen, dass die Kirchen-
gemeinde mit
hohem Aufwand
das Schieferma-
terial ausgetauscht hat.
Der Auftragnehmer kann sich nicht auf eine
Unverhältnismäßigkeit berufen, da er hier nicht
nur schuldhaft, sondern vorsätzlich von der Ver-
einbarung abgewichen ist.
Die Kirchengemeinde hat daher Anspruch
auf Beseitigung des bereits verlegten Schiefers
und Neuverlegung sowie auf Ersatz der Archi-
tektenkosten, die Kosten der Neuausschreibung
sowie der Gerüstkosten bis zur Beendigung der
Nachbesserungsmaßnahme.
Anmerkung:
Festzuhalten ist, dass
jede
Abweichung,
mag sie noch so unerheblich sein, einen Sach-
mangel darstellt.
Auf die Gleichwertigkeit kommt es nicht an.
Will der Auftragnehmer von der vereinbarten
Beschaffenheitsvereinbarung abweichen, so ist
es unerlässlich, dass sich die Vertragsparteien
über die Leistungsänderungen verständigen. Der
Auftragnehmer muss den Auftraggeber vorher fra-
gen und sein Einverständnis einholen, bevor er
von einer vertraglichen Vereinbarung abweicht.
Anderenfalls riskiert er Mängelbeseitigungs-
kosten, die sogar unverhältnismäßig hoch sein
dürfen.
Zum wiederholten Male:
Die anerkannten Regeln
der Technik
Baufirmen und Planer müssen
auf dem aktuellen Stand liefern
Beim Bauen ist Aktualität ein wesentliches
Qualitätsmerkmal. Die anerkannten Regeln der
Technik beruhen zum einen auf
der bauhandwerklichen Tradi-
tion, zum anderen auch auf
der ständig fortschreitenden
Entwicklung.
Es sind Regeln, die all-
gemein als richtig anerkannt
sind und feststehen und da-
her bei dem nach neustem Er-
kenntnisstand vorgebildeten
Planer und Bauausführenden
durchweg bekannt sind oder
sich aufgrund andauernder
praktischer Erfahrungen be-
währt haben. Sie stellen ge-
mäß dem aktuellen Werkvertragsrecht einen Mi-
nimalstandard sicher. Bei ihrer Nichteinhaltung
liegt ein Mangel vor, sofern eine Abweichung
nicht zuvor mit dem Auftraggeber ausdrücklich
vereinbart wurde und der Auftraggeber über
die geplanten Abweichungen informiert wur-
de und auf die sich daraus ergebenden Folgen
hingewiesen wurde.
Die allgemein anerkannten Regeln der Tech-
nik sind nicht mit DIN-Normen oder anderen Nor-
men zu verwechseln. Vielmehr gehen sie über die
allgemeinen technischen Vorschriften hinaus.
Dies wurde aktuell wieder von der Recht-
sprechung eingefordert.
So müssen sowohl Planer als auch Bauaus-
führende jederzeit über die laufenden tech-
nischen Entwicklungen informiert sein. Die Bau-
leistungen müssen zum Zeitpunkt der Abnahme
den gerade anerkannten geltenden Regeln der
Technik entsprechen.
Daher ist insbesondere bei Bauvorhaben,
die über einen längeren Zeitraum andauern
eine ständige Überprüfung notwendig, ob es in
der Zwischenzeit zu Änderungen gekommen ist.
Ist dies der Fall, so sind Anpassungen
zwin-
gend erforderlich.
So hat das OLG Dresden (1 U 745/09) deut-
lich gemacht, dass bei der Planung der, zum
Zeitpunkt der Abnahme, aktuelle Stand der an-
erkannten Regeln der Technik als Leistung ge-
schuldet ist. Alle Bauplaner und Bauausführenden
haben ihre Planungs- und Bauarbeiten ständig
dahingehend zu überprüfen, ob sich bezogen auf
die ausgeführten Leistungen die anerkannten
Regeln der Technik verändert haben oder nicht.
Auch die Bauausführenden haben eine Hinweis-
pflicht gegenüber dem Bauherren, um diesem
die Möglichkeit zu geben entsprechend reagie-
ren zu können. Schon aus seinem Eigeninteres-
se heraus muss dies der Auftragnehmer ständig
beachten, um ggf. mit dem Auftraggeber dies-
bezüglich Kontakt aufzunehmen.
In die gleiche Richtung gilt eine Entschei-
dung des Bundesgerichtshofes (BGH, VII ZR
45/07) in dem der BGH entschieden hat, dass der
Erwerber bei einer noch zu errichtenden Eigen-
tumswohnung denjenigen Schallschutz erwarten
kann, der zum Zeitpunkt
der Abnahme
geltenden
anerkannten Regeln der Technik entspricht.
Der BGH hat klar gemacht, dass sofern im
Vertrag eine „Schalldämpfung nach DIN 4109“
vereinbart wurde, nicht davon ausgegangen
werden darf, es seien
nur die
Mindestmaße
der DIN 4109
vereinbart, da diese Werte re-
gelmäßig keine anerkannten
Regeln der Technik für die
Herstellung des Schallschutzes
in Wohnungen darstellen, die
den üblichen Qualitäts- und
Komfortstandards entsprechen.
Der Senat hat ausdrücklich
darauf hingewiesen, dass der
Erwerber nach den Umständen
erwarten kann, dass die Woh-
nung den üblichen Standards
des Schallschutzes entspricht.
Entsprechen die einzubauenden Fenster nicht den
(aktuell) anerkannten Regeln der Technik, ist der
Erwerber deutlich darauf hinzuweisen und insbe-
sondere über die Folgen einer solchen Bauweise
für die Wohnqualität aufzuklären.
Schutzmaßnahmen ge-
gen Regen sind kosten-
lose Nebenleistungen
Greift ein Bauunternehmer bei der Ausfüh-
rung seiner Tätigkeit in eine vorhandene Ent-
wässerungssituation des Baus ein, sind die da-
durch erforderlich werdenden Schutzmaßnahmen
mit der vereinbarten Vergütung abgegolten. Hat
der Architekt des Bauherrn Mitarbeiter des Auf-
tragnehmers zu Schutzmaßnahmen angewiesen,
haftet der Auftragnehmer für Schäden aus der
Nichtbefolgung.
Sachverhalt:
Der Aufraggeber beauftragte den Auftrag-
nehmer mit Aushub- und Rohbauarbeiten für
einen Anbau an einem bestehenden Gebäude.
Es schreibt
für Sie
RA Albrecht W.
Omankowsky
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Schützen & Erhalten · Dezember 2011 · Seite 22