Das Bundesarbeitsgericht
(BAG) hat sich mit der Fra-
ge befasst, ob Zeiten für
Waschen und Umkleiden als
Arbeitszeit zu vergüten sind
(5 AZR 122/99 Urteil vom
11. Oktober 2000).
Dem Urteil lag folgender Sachver-
halt zugrunde: Der klagende
Arbeitnehmer ist nach seinem
Arbeitsvertrag verpflichtet, „die
vorgeschrieben Arbeits- und
Schutzkleidung“ zu tragen. Die-
se Schutzkleidung wird vom Klä-
ger vor der Arbeit in einem da-
für vorgesehenen Umkleideraum
angezogen, nach Arbeitsende
wechselt er die Kleidung nebst
Waschen und Duschen wieder aus.
Der Kläger verlangt für die Zei-
ten der Umkleidevorgänge und
Körperreinigung Überstundenver-
gütung.
Vom BAG sind unter anderem
folgende Leitsätze hierzu aufge-
stellt worden:
– Waschen und Umkleiden sind
in der Regel, sofern nichts an-
deres vereinbart ist, keine
Hauptleistungspflichten des Ar-
beitnehmers, für die der Arbeit-
geber nach § 611 BGB eine
Vergütung zu gewähren hätte.
– Werden diese Tätigkeiten vom
Arbeitnehmer verlangt, kann
es sich zwar um Dienstleistun-
gen nach § 612 Abs. 1 BGB
handeln, diese sind regelmä-
ßig aber nicht nur gegen eine
Vergütung zu erwarten.
Das BAG hat entschieden, dass das
Waschen und Umkleiden nicht als
Teil der „versprochenen Dienste“
bewertet werden kann und daher
keine vergütungspflichtige Haupt-
leistungspflicht des Klägers nach
§ 611 BGB darstelle. Vielmehr han-
dele es sich dabei um notwendi-
ge Vor- und Nachbereitungshand-
lungen, die von der eigentlichen
Tätigkeit des Arbeitnehmers zu un-
terscheiden seien. Im vorliegen-
den Fall sei weder eine anders lau-
tende vertragliche Vereinbarung
vorhanden, noch enthalte die Ar-
beitsordnung der Beklagten eine
entsprechende Vergütungsregelung.
Das BAG ist der Ansicht, ein An-
spruch auf Vergütung der Wasch-
und Umkleidezeiten ergebe sich
auch nicht aus § 612 Abs. 1 BGB.
Zwar stelle das Umkleiden und
Waschen des Klägers Arbeit im Sin-
ne von § 612 BGB dar, da diese
Tätigkeiten der Befriedigung eines
fremden Bedürfnisses dienten.
Die Fremdnützigkeit ergebe
sich daraus, dass der Kläger ar-
beitsvertraglich und arbeitsschutz-
rechtlich verpflichtet sei, während
seiner Arbeit genau vorgeschrie-
bene Schutzkleidung zu tragen,
diese nur im Umkleideraum
des Betriebes anzulegen,
sie nach Tätigkeitsen-
de dort zurückzulas-
sen und sich selbst
aus hygienischen
Gründen einer
gründlichen
Körperreinigung
zu unterziehen.
Dennoch fehle es
an der weiteren Vor-
aussetzung des § 612
Abs. 1 BGB, denn
das Umkleiden und
Waschen sei den Um-
ständen nach nicht
nur gegen eine Ver-
gütung zu erwarten:
Zum einen fehle es
dazu an einer tarifver-
traglichen Regelung,
nach der die notwen-
digen Umkleide- und
Waschzeiten als vergü-
tungspflichtige Arbeits-
zeit einzustufen seien.
Zum anderen bestehe auch keine
entsprechende Verkehrssitte, da
betrieblich notwendige Umkleide-
und Waschzeiten regelmäßig nicht
vergütet würden, soweit dies nicht
ausdrücklich vereinbart sei.
Die Entscheidung des
BAG hat zur Folge, dass den
Betriebs- beziehungsweise
Tarifpartnern sowie den
Arbeitsvertragsparteien
weiterhin eine Entschei-
dung darüber obliegt,
ob sie die in der
Praxis unterschied-
lich gehandhabten
Zeiten für Umklei-
den und Waschen
als vergütungs-
rechtliche Arbeits-
zeit bewerten
möchten.
DHBV INTERN – INFORMATIONEN NUR FÜR DHBV-MITGLIEDER
Arbeits-, Sozial- und Tarifrecht
Waschen und Umkleiden als Arbeitszeit
Verzugszinsen auf den Bruttolohn
Der Große Senat des Bun-
desarbeitsgerichts hat ent-
schieden, dass dem Arbeit-
nehmer, der mit Erfolg eine
Entgeltforderung gegen sei-
ne Arbeitgeber gerichtlich
geltend macht, die gesetz-
lichen Verzugszinsen auf
den sogenannten Bruttobe-
trag und nicht etwa nur auf
den auszuzahlenden Netto-
betrag zustehen.
In dem entschiedenen Fall ver-
langte der Kläger von seinem Ar-
beitgeber unter Fristsetzung die
Zahlung restlicher Arbeitsvergü-
tung. Das Landesarbeitsgericht
hatte ihm die Bruttovergütung
nebst 4 Prozent Zinsen aus dem
sich ergebenden Nettobetrag zu-
gesprochen. In der Revisionsin-
stanz ging es dann nur noch um
die Frage, ob der Kläger die Zin-
sen auch auf dem ihm zuerkann-
ten Bruttobetrag verlangen konn-
te. Der Große Senat des BAG hat
dies mit folgenden Erwägungen
bejaht: Nach der Vorschrift des §
288 Abs. 1 Satz 1 BGB sei die Zins-
pflicht der eingeklagten Forderung
allein vom Vorliegen einer Geld-
schuld und vom Verzug des Schuld-
ners abhängig. Zwar habe der Ar-
beitgeber bei jeder Lohnzahlung
die Lohnsteuer vom Arbeitslohn
einzubehalten und den vom Ar-
beitnehmer zu tragenden Teil des
Gesamtsozialversicherungsbei-
trages abzuziehen. Die Geldschuld
des Arbeitgebers umfasse aber
nicht nur die Nettovergütung,
sondern die Bruttovergütung un-
abhängig davon, ob diese an das
Finanzamt bzw. an die sozialver-
sicherungsrechtliche Einzugsstelle
abzuführen sei. Der Arbeitgeber
gerate deshalb mit dem Gesamt-
betrag des Lohnes in Verzug. Zu-
dem sehe § 288 BGB einen pau-
schalierten Schadenersatz vor. Ob
im konkreten Fall tatsächlich ein
Zinsschaden entstanden sei, ist
demgegenüber unerheblich.
Die Pauschalierung betreffe die
gesamte Forderung. Dem Schuld-
ner – hier also dem Arbeitgeber
– solle durch die Vorenthaltung
der Zahlung kein Anreiz zur Ge-
winnung eines Zinsvorteils ent-
stehen. Daher seien die Zinsen auf
den Bruttobetrag zu leisten. Für
die Praxis bedeutet dies, dass zu-
künftig die Arbeitsgerichte flä-
chendeckend Zinsen auf den Brut-
tobetrag zuerkennen werden. Wird
also der Arbeitgeber zu einer Zah-
lung verurteilt, und wird dabei
auch ein Zinsanspruch ausgeur-
teilt, so sind die Zinsen auf den
Bruttobetrag und nicht nur auf den
ohne Steuern und Sozialversiche-
rungsabgaben geminderten Betrag
zu zahlen.
Waschen und
Umkleiden –
Bestandteil
der regulären
Arbeitszeit?
DHBV INTERN – Schützen & Erhalten · Juni 2001 · Seite VII