Fehlerhafte Gutachten: Haftungsfragen
Unterschiede bei Privatgutachten und
gerichtlich bestellten Gutachten
schließlich, so merkte die ober-
ste Instanz an, hätte dieser auch
den Erwerb der Grundstücke un-
terlassen oder ein ihm einge-
räumtes Rücktrittsrecht nutzen
können.
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
Erweist sich das Gutach-
ten eines Sachverständi-
gen als fehlerhaft, so
stellt sich die Frage, in-
wieweit der Gutachter ver-
pflichtet ist, den daraus
entstehenden Schaden zu
ersetzen. Hierzu sind
grundsätzliche Gerichts-
entscheidungen ergan-
gen:
Zunächst kommt es für die Haf-
tung darauf an, ob ein Sach-
verständiger im Gerichtsauftrag
oder „privat“ tätig wird.
Der Gerichtssach-
verständige
Der Gerichtssachverständi-
ge steht in keinem privaten
Auftragsverhältnis und kann
deshalb nicht aus Vertrag haf-
ten. Die Entscheidung (unten)
des OLG Hamm vom 20.09.1993
erklärt sehr eingängig, welche
Rechtsgrundlagen stattdessen
für eine Verantwortung des Ge-
richtsgutachters in Betracht
kommen. In aller Regel wird ein
Sachverständiger vor Gericht nur
haften, wenn er vorsätzlich ,
also mindestens so leichtfertig
handelt, dass er den Schaden
aus einer fehlerhaften Begut-
achtung auch in Kauf nimmt.
– Unsicher ist allerdings, ob
diese Rechtssprechung auf Dauer
bestand hat. Dazu näher in der
Anmerkung zur ebenfalls mit-
geteilten Entscheidung des LG
Marburg vom 26.08.1998.
Die nachfolgend angeführten Urteile beschäftigen sich vor allem mit Haftungsfragen für den Gut-
achter im Rahmen von gerichtlich bestellten Gutachten. Der Beitrag stammt aus der Zeitschrift
BIS „Der Bau- und Immobiliensachverständige“ Heft 4/2000. Die ebenfalls in diesem Artikel wie-
der gegebenen Urteile zu Haftungsfragen im Rahmen von Privatgutachten werden in der näch-
sten Ausgabe von „Schützen und Erhalten“ wieder gegeben.
„Privatgutachter“
Anders beim „Privatgutach-
ter“. Hier haftet der Sachver-
ständige dem Auftraggeber bei
jedem Verschulden, – in der Re-
gel nach den Vorschriften des
Werkvertragssrechtes (vergleiche
dazu unten [Anmerkung: näch-
ste Ausgabe von „Schützen und
Erhalten“]: BGH vom 10.11.
1994), gegebenenfalls auf Grund
besonderen Auskunftsvertrages
(vgl. dazu OGL Stuttgart IBR
1998, 548; 1999,32, hier nicht
abgedruckt). – Oftmals tritt der
Schaden gar nicht beim Auftrag-
geber des Sachverständigen,
sondern bei demjenigen ein, in
dessen Interesse er letztlich
tätig wird. Um dem Rechnung
zu tragen, hat die Rechtsspre-
chung eine Haftungsausweitung
zugelassen, die auch dem „ver-
traglich geschützten Dritten“
Ansprüche gegen den Gutach-
ter zugesteht. Das ist eingehend
im BGH-Urteil vom 13.11.1997
dargestellt, das gleichzeitig aber
auch die Grenzen der „Dritthaf-
tung“ des Sachverständigen
aufzeigt (vgl. dazu neuerdings
ausführlich: Zugehör in NJW
200, 1601).
Zwei weitere abgedruckte
Urteile [Anmerkung: nächste
Ausgabe von „Schützen und
Erhalten“] befassen sich mit
wichtigen Sonderfragen: der
Möglichkeit einer Haftungsbe-
schränkung beim Privatgutach-
tervertrag (OLG Celle vom
05.01.1995) , der gesteigerten
Sorgfaltspflicht eines Sonder-
fachmannes (OLG Köln vom
06.03.1998). Die leider auch
interessierende Frage, ob ein
Verkäufer – als Auftraggeber des
Gutachters – arglistig veranlas-
stes Fehlgutachten den Sach-
verständigen gleichwohl gegen-
über dem Käufer haftbar machen
kann, ist in dem schon erwähn-
ten BGH-Urteil vom 10.11.1994
ausführlich behandelt.
Haftung des Gerichts-
sachverständigen
Voraussetzung der Haftung
eines Gerichtssachverständigen
für die Erstattung eines unrich-
tigen Gutachtens.
Aus dem Urteil
Eine Schadensersatzpflicht
des Bekl. ergibt sich aus kei-
nem rechtlichen Gesichtspunkt.
I. Der Bekl. haftet insbeson-
dere nicht gem. §826 BGB. Da-
nach ist derjenige, der in ei-
ner gegen die guten Sitten ver-
stoßenden Weise einem anderen
Schaden zufügt, diesem zum
Schadensersatz verpflichtet.
Nach der Rechtsprechung des
BGH (VersR 91, 1413 = NJW 91,
3282) und des Senats (VersR 85,
841 = MDR 83, 933 m. w. V.)
können diese Voraussetzungen
bei einer objektiv fehlerhaften
Begutachtung erfüllt sein, wenn
der Sachverständige leichtfer-
tig im Sinne der Vorschrift ge-
handelt hat und eine Schadens-
zufügung voraussah oder mit
ihrer Möglichkeit rechnete und
dieses Ergebnis in Kauf nahm,
insoweit also zumindest mit
bedingtem Vorsatz gehandelt
hat. Derartiges liegt nach der
Rechtsprechung des BGH (VersR
91. 1413 [1414] = NJW 91,
3282 [3283]) etwa vor wenn
„der Handelnde damit einen
eigenen Vorteil ohne Rücksicht
auf die Belange Dritter sucht,
wenn er sich über bereits gel-
tend gemachte Bedenken hin-
wegsetzt oder es ihm aus son-
stigen Gründen gleichgültig ist,
ob und gegebenenfalls welche
Folgen sein leichtfertiges Ver-
halten hat“. Im Streitfall sind
Umstände die für ein solches
gewissenloses Verhalten des
Bekl. sprechen könnten, weder
dargetan noch ersichtlich...
II. Der Kl. steht gegen den
Bekl. auch aus sonstigen in
Betracht zu ziehenden rechtli-
chen Gesichtspunkten kein
Schadensersatzanspruch zu. Da
der Bekl. Gerichtssachverstän-
diger war, entfallen von vorn-
herein vertragliche Ansprüche
zwischen den Parteien, auch
Ansprüche aus positiver Ver-
tragsverletzung in Verbindung
mit § 328 BGB (vgl. dazu Pa-
landt/Thomas, BGB 52. Aufl.
Rdz. 117 zu § 823; OLG Düs-
seldorf NJW 86, 2891 = VersR
87, 670 L m. w. N.; OLG Hamm
BB 68, 1397). Ebenso entfällt
Schützen & Erhalten · Juni 2001 · Seite 25