Schützen & Erhalten · September 2000 · Seite 23
DIE PRAXIS
Anwendungstechnik
Mit CO
2
gegen den Gewöhnlichen Nagekäfer
Das Deutsche Zentrum für
Handwerk und Denkmal-
pflege (ZHD) bearbei-
tet das Verbundprojekt
„Chorgestühl Kloster
Osek“, das durch folgen-
de Institutionen gefördert
wird: Bundesministerium
des Inneren (BMI), Deut-
sche Bundesstiftung Um-
welt (DBU) sowie die Eu-
ropäische Gemeinschaft
(EU).
Das Gesamtvorhaben soll
einerseits Maßnahmen zur Er-
haltung von Kulturgut mit Ma-
terialien fördern, die den Aspekt
des Umwelt- und Gesundheits-
schutzes intensiver berücksich-
tigen als bisherige Maßnahmen
(Anteil DBU). Andererseits soll
dieses Kulturgut von hoher in-
ternationaler Bedeutung wieder
hergestellt und restauriert wer-
den (Anteil BMI und EU)
Vor diesem Hintergrund ist
das Projektziel, die praktische
Umsetzung umwelt- und ge-
sundheitsschonender Maßnah-
men bei der Bekämpfung von
Holzschädlingen, sowie bei der
Schädlingsvorbeugung unter
Berücksichtigung der großen
Dimensionen und den Auswir-
kungen auf das zu behandeln-
de Kulturgut, zu sehen.
Das Chorgestühl
Das Zisterzienserkloster Osek
(bis 1945 Ossegg) wurde 1196
durch Zisterziensermönche aus
dem oberpfälzischen Kloster
Waldsassen gegründet. 1950
wurde das Kloster in der dama-
ligen CSSR geschlossen und erst
1992 dem Zisterzienserorden
zurückgegeben. Seither leitet
Abt Bernhard Thebes mit ho-
hem Einsatz das Kloster und ist
um Wiederaufbau und Instand-
haltung bemüht.
Eine besondere kunsthand-
werkliche Meisterleistung ist das
barocke Chorgestühl aus dem
beginnenden 18 Jahrhundert,
das noch heute den Mönchen
für das gemeinschaftliche Chor-
gebet dient. Das Chorgestühl
wurde in den Klosterwerkstatt
geschaffen und ist dem Tisch-
lermeister-Intarseur und Holz-
schnitzer J.J.Profft zugeschrie-
ben, der mit seinen Mitarbei-
tern die wertvolle, mit Schnitz-
und Intarsienarbeiten reich ge-
schmückte Anlage schuf.
Die Schäden
Das Chorgestühl, bestehend
aus einem nördlichen und ei-
nem südlichen Teil, wurde zu-
letzt Mitte der 60er-Jahre in
eine Restaurierungsmaßnahme
eingebunden. Danach waren
Teile des südlichen Chorgestühls
ausgebaut und in notdürftig
hergerichteten Räumen der rui-
nösen Klosterbrauerei unter sehr
widrigen Umständen ausgela-
gert. Dort waren umfangreiche
Schädigungen auch durch
Schimmelpilze vorhanden, die
im Wesentlichen den Knochen-
leim unter den Furnieren, so-
wie die Fassungen geschädigt
haben.
Das gesamte Chorgestühl
war weiterhin durch den Ge-
wöhnlichen Nagekäfer (
Anobi-
um punctatum
[De Geer]) be-
fallen.
Eine Aktivitätskontrolle er-
folgte mittels Pheromonfallen,
die 1998 einen Lebendbefall
sicher dokumentierten. Die
höchste Anzahl an gefangenen
Käfern konnte in einem sehr
kurzen Zeitraum von Mitte bis
Ende Juli ermittelt werden. Es
ist daher davon auszugehen,
dass hier die Hauptflugzeit des
Gewöhnlichen Nagekäfers in der
Klosterkirche gewesen ist. Die
Temperaturen lagen in diesem
Zeitraum im Durchschnitt bei
18°C, die relative Luftfeuchtig-
keit bei 70%.
Neben dem zeitlich begrenz-
ten Monitoring mit Pheromon-
fallen wurde und wird zusätz-
lich eine mehrjährige Klimames-
sung an und in der Klosterkirche
durchgeführt. Somit standen für
die Bekämpfungsplanung u.a.
Daten von Temperatur und re-
lativer Luftfeuchtigkeit im In-
nenraum der Kirche zur Verfü-
gung.
Vorbereitungs-
und Abdichtungs-
maßnahmen
Die gasdichte Ausbildung um
bewegliches Kulturgut herum
erscheint mit Zelten, Kammern
oder Foliensäcken noch ver-
gleichsweise einfach ausführbar.
Für größere, unbewegliche Kul-
turgüter und ganze Gebäude
erhöht sich der Aufwand der
Abdichtungsmaßnahmen we-
sentlich. Insbesondere der Be-
reich Fußböden verdient bei
dem, im Vergleich zur Umge-
bungsluft, schwereren Gas CO
2
,
erhöhte Aufmerksamkeit. In den
wenigsten Fällen sind Fußbö-
den in Gebäuden als gasdicht
anzusehen, sodass ein Absak-
ken des Gases durch Fugen und
poröse Materialien erfolgt. Auch
Leitungsschächte, Entwässerun-
gen, Kellerbereiche, Gruft- und
Kanalsysteme bergen die Gefahr,
Nördliches Chorgestühl