DHBV INTERN – INFORMATIONEN NUR FÜR DHBV-MITGLIEDER
Arbeits- und Sozialrecht
Ordnungsgemäßes Arbeitszeugnis
Einem Urteil vom 21. Sep-
tember 1999 – 9 AZR 893/
98 – können folgende Leit-
sätze entnommen werden:
– Der Arbeitgeber erfüllt den
Anspruch des Arbeitnehmers
auf Erteilung eines Arbeits-
zeugnisses auch mit einem
Zeugnis, das er zwei Mal fal-
tet, um den Zeugnisbogen
in einen Geschäftsumschlag
üblicher Größe unterzubrin-
gen, wenn das Originalzeug-
nis kopierfähig ist und die
Knicke im Zeugnisbogen sich
nicht auf den Kopien ab-
zeichnen, zum Beispiel
durch Schwärzungen.
– Schließt das Arbeitszeugnis
mit dem in Maschinenschrift
angegebenen Namen des
Ausstellers und seiner Funk-
tion, so muss es von diesem
persönlich unterzeichnet
werden.
In den Entscheidungsgründen
führt das BAG aus, dass das Ar-
beitszeugnis auch nach seiner
äußeren Form den Anforderungen
entsprechen muss, die im Ge-
schäftsleben an ein Arbeitszeugnis
gestellt werden und deren Einhal-
tung vom Leser als selbstverständ-
lich erwartet wird. Auch durch die
äußere Form könne der Eindruck
erweckt werden, dass der Arbeit-
geber sich vom buchstäblichen
Wortlaut seiner Erklärungen di-
stanzieren wolle. Auch ist der Ar-
beitgeber regelmäßig nicht ver-
pflichtet, dem Arbeitnehmer das
Arbeitszeugnis zuzusenden. Sei-
ne Pflicht beschränkt sich darauf,
das Arbeitszeugnis im Betrieb für
den Arbeitnehmer zum Abholen
bereitzuhalten. Insoweit ist das
Arbeitszeugnis eine Holschuld, aus
der für den Arbeitgeber keine be-
sondere Verpflichtung abgeleitet
werden kann, das Zeugnis offen
auszuhändigen oder nur in einem
DIN-A4-Umschlag oder in sonsti-
ger Weise ungefaltet vor Beschä-
digung oder Verschmutzung bis zur
Aushändigung zu schützen.
Im Einzelfall kann der Arbeit-
geber im Interesse des Arbeitneh-
mers auch verpflichtet sein, das
Zeugnis dem Arbeitnehmer zu
schicken. Dies kann sogar dem
ausdrücklichen Wunsch des Arbeit-
nehmers entsprechen, der auf
Grund großer Entfernung, wegen
Umzugs oder wegen Inanspruch-
nahme von Resturlaub gehindert
ist, das Arbeitszeugnis persönlich
abzuholen. Teilweise wird im
Schrifttum vertreten, das Falten
eines Zeugnisses sei nicht nur eine
grobe Ungehörigkeit, sondern
verletze die Fürsorgepflicht des
Arbeitgebers. Die Stellensuche
Arbeits- und Sozialrecht
Verzicht auf Einhaltung der tariflichen
Kündigungsfrist unwirksam
In einem Urteil vom 18.
November 1999 – 2 AZR
147/99 – hat das BAG fest-
gestellt, dass auf die Einhal-
tung der Kündigungsfrist
des allgemeinverbindlichen
§ 12 Ziff. 1.2 BRTV-Bau sei-
tens des Arbeitnehmers
grundsätzlich nicht wirksam
einseitig verzichtet werden
kann.
In dem Rechtsstreit ging es
um einen Klageverzichtsvertrag,
mit dem der Kläger auf die Ein-
haltung der nach § 12 Ziff. 1.2
BRTV-Bau verbindlichen Kündi-
gungsfrist verzichtet hatte. Ein
solcher Verzicht ist nach Auffas-
sung des BAG wegen § 4 Abs. 4
Tarifvertragsgesetz (TVG) unwirk-
sam. Nach § 4 Abs. 4 TVG ist ein
Verzicht auf entstandene tarifli-
che Rechte nur in einem von den
Tarifvertragsparteien gebilligten
Vergleich zulässig.
Der Bundesrahmentarifvertrag
Bau gilt kraft Allgemeinverbind-
lichkeit für alle gewerblichen Ar-
beitnehmer im Baugewerbe. Für
ältere Arbeitnehmer mit längerer
Betriebszugehörigkeit enthält § 12
Ziff. 1.2 BRTV-Bau verlängerte
Kündigungsfristen.
In dem entschiedenen Fall
betrug die für den Kläger einschlä-
gige Kündigungsfrist auf Grund
seines Alters nach mehr als fünf-
jähriger Betriebszugehörigkeit
zwei Monate zum Monatsende. Die
Formulierung, auf die Erhebung
einer Kündigungsschutzklage zu
verzichten, habe nicht zur Folge,
dass damit auch auf die Einhal-
tung der tariflichen Kündigungs-
frist wirksam verzichtet worden ist.
Angesichts der eindeutigen gesetz-
lichen Regelung könne der Arbeit-
nehmer auf die Schutzwirkung der
verlängerten tariflichen Kündi-
gungsfrist, sofern im Falle der All-
gemeinverbindlichkeit ein Verzicht
überhaupt möglich ist, nur unter
den Voraussetzungen des § 4 Abs.
4 TVG (Billigung durch die Tarif-
vertragsparteien) wirksam verzich-
ten.
Auch ein Vergleich mit der ge-
setzlichen Regelung bestätige
diese Auffassung. Der § 12 Ziff.
1.2 BRTV-Bau enthalte in modi-
fizierter Form die gesetzliche Rege
lung des § 622 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
Auch nach der gesetzlichen Re-
gelung gelte für den Kläger eine
Kündigungsfrist von zwei Mona-
ten zum Monatsende.
Damit würde die Abmachung
der Vertragsparteien im Ergebnis
eine gesetzliche Mindestarbeits-
bedingung abbedingen, was ge-
mäß § 622 Abs. 5 BGB unzuläs-
sig ist.
mittels eines „geknickten“ Zeug-
nisses vermittele den Eindruck des
sorglosen Umgangs des Arbeitneh-
mers mit wichtigen Dokumenten.
Das Bundesarbeitsgericht verweist
jedoch darauf, dass der Arbeit-
nehmer diesen Eindruck selbst
vermeiden könne, indem er die
entfaltete Urkunde in einer Do-
kumentenhülle verwahrt und das
Zeugnis bei Bewerbungsgesprä-
chen präsentiert.
Kündigungsschreiben
mit Zeugen einwerfen
Kündigungen von Mitarbeitern
als Einschreiben mit Rückschein
zu verschicken, kann oft ins Leere
greifen. Denn ausgebuffte Arbeit-
nehmer, die Böses ahnen, holen
das Einschreiben nicht von der
Post ab und 14 Tage später schickt
die Post das Einschreiben an den
Betrieb zurück. Meistens ist dann
der Kündigungsgrund, der nicht
länger als 14 Tage zurückliegen
darf, verstrichen. Deshalb der Rat
an den Chef: Er soll mit einem
Zeugen (nicht verwandt) zum Haus
des Gekündigten fahren, den Zeu-
gen die Kündigung lesen lassen
und dann in den Briefkasten des
Empfängers werfen. Zeugen und
Zugang der Kündigung notieren.
DHBV INTERN – Schützen & Erhalten · September 2000 · Seite V