DHBV INTERN – Schützen & Erhalten · September 2000 · Seite VI
Das es immer wieder Unsi-
cherheiten im Umgang mit
Abmahnungen gibt, stellt
der folgende Artikel die ge-
setzlichen Voraussetzungen
einer Abmahnung vor:
Bei einem Verstoß des Arbeit-
nehmers gegen seine arbeitsver-
traglichen Pflichten stellt sich die
verhaltensbedingte Beendigungs-
kündigung nur als äußerstes und
letztes Mittel des Arbeitsrechts
dar. Im Regelfall muss einer ver-
haltensbedingten Kündigung min-
destens eine Abmahnung voraus-
gehen. Die Pflicht zu einer
vorzeitigen Abmahnung beruht auf
der Fürsorge- beziehungsweise
Treuepflicht des Arbeitgebers und
dem Grundsatz der Verhältnismä-
ßigkeit. Das Abmahnerfordernis
besteht bei schuldhaften Verhal-
tensweisen des Arbeitnehmers, die
sich auf sein willensgesteuer-
tes Verhalten im Leistungs-,
Vertrauens- oder Betriebsberei-
ches beziehen. Die Abmahnung
dient dazu, das beanstandete
Fehlverhalten des Arbeitneh-
mers für den Arbeitgeber zu
dokumentieren (Doku-
mentationsfunktion),
den Arbeitnehmer an
die Einhaltung sei-
ner vertraglichen
DHBV INTERN – INFORMATIONEN NUR FÜR DHBV-MITGLIEDER
Arbeits- und Sozialrecht
Arbeitsrechtliche Abmahnungen
Pflichten zu erinnern (Erinnerungs-
und Ermahnungsfunktion) und den
Arbeitnehmer vor Konsequenzen
bei weiteren Fehlverhalten zu war-
nen (Ankündigungs- und Warn-
funktion). Der Arbeitnehmer be-
kommt somit die Möglichkeit, sein
Fehlverhalten zu erkennen und in
Zukunft abzustellen.
Die rechtliche Wirkung einer
ausgesprochenen Abmahnung ist
zeitlich begrenzt. Sie wird in der
Regel nach zwei Jahren wirkungs-
los, so dass sich der Arbeitgeber
zur Rechtfertigung einer Kündi-
gung nicht mehr auf sie berufen
kann. Dies gilt jedoch nicht, wenn
der Arbeitnehmer wegen eines
gleichen oder gleichartigen Pflich-
tenverstoßes innerhalb der zwei
Jahre erneut abgemahnt wurde.
Eine Abmahnung stellt sich so-
mit als Rüge des Vertragsversto-
ßes des Arbeitnehmers durch den
Arbeitgeber unter Androhung ar-
beitsrechtlicher Konsequenzen für
den Wiederholungsfall dar. Vor
Ausspruch einer Abmahnung ist
der Arbeitnehmer zu dem Sach-
verhaltsvorwurf anzuhören.
Es empfiehlt sich, die Anhö-
rung gemeinsam mit Zeugen (Bü-
rokraft, Bauleiter, Vorarbeiter)
durchzuführen und anschließend
ein Protokoll anzufertigen, wel-
ches von dem Zeugen und mög-
lichst auch von dem abzumahnen-
den Arbeitnehmer unterzeichnet
werden soll.
Drei Stufen
Die Abmahnung selbst soll-
te schriftlich erfolgen. Der
Aufbau einer Abmahnung ist
dreistufig:
Bei der Schilderung des Fehl-
verhaltens genügen pauschale
Vorwürfe wie „zu faul, zu gerin-
ge Arbeitsleistung“ und so wei-
ter nicht den Anforderungen der
Darstellung eines konkreten Sach-
verhaltes. Der Arbeitnehmer muss
aus dem dargestellten Sachverhalt
eindeutig entnehmen können,
welches Fehlverhalten ihm vom
Arbeitgeber vorgeworfen wird, um
dieses in der Zukunft abzustellen.
Insoweit ist das Fehlverhalten
genau zu benennen. Das Abmah-
nungsschreiben muss von einem
Berechtigten (Vorgesetzten) un-
terzeichnet, dem Arbeitnehmer
zugestellt und zur Kenntnis ge-
bracht werden. Der Zugang der Ab-
mahnung soll aus Beweissich-
rungszwecken
durch Übergabe
des Schreibens
unter Zeugen,
durch Quittierung
des Erhaltes durch den
Arbeitnehmer oder durch
einen eingeschriebenen
a)
Hinweis, dass der Arbeitneh-
mer seine Vertragspflichten
verletzt hat
b)
Konkrete, genaue und aus-
führliche Schilderung des
vorgeworfenen Sachverhalts/
Fehlverhaltens
c)
Androhung der einseitigen
Beendigung des Arbeits-
verhältnisses im Wieder-
holungsfall
Brief erfolgen. Eine ganz bestimm-
te Anzahl von Abmahnungen muss
einer verhaltensbedingten Kündi-
gung nicht vorausgehen. Als
Faustformel kann gelten: Je
schwerwiegender und kürzer die
Wiederholungen der Arbeitsver-
tragverletzung durch den Arbeit-
nehmer erfolgte, desto eher kann
eine verhaltensbedingte Kündi-
gung begründet sein.