der sich in einem Wertgutach-
ten zu einem etwaigen Abschlag
wegen eines „Reparaturan-
staus“, zum Unterhaltungszu-
stand und zu erforderlichen In-
standsetzungsmaßnahmen ver-
hält, bei der Besichtigung des
Objektes auch den Versuch un-
ternehmen muß, die Beschaf-
fenheit des Dachs und des Dach-
stuhls festzustellen. Diese Aus-
führungen sind ersichtlich dahin
zu verstehen, dass nach Auffas-
sung des BerGer. der Bekl. bzw.
dessen Mitarbeiter bei der Orts-
besichtigung auch den Dach-
spitzboden in Augenschein hät-
ten nehmen müssen oder, wenn
eine solche Besichtigung nicht
möglich oder zu beschwerlich
wäre, ein entsprechender Ver-
merk in das schriftliche Gutach-
ten hätte aufgenommen werden
müssen. Diese Einschätzung der
Pflichten eines Bausachverstän-
digen bei Erstellung eines Wert-
gutachtens durch das Ber- Ger.
ist aus Rechtsgründen nicht zu
beanstanden. Dem läßt sich
auch nicht entgegenhalten, wie
in der Revisionserwiderung erst-
mals vorgebracht wird, indem
der Sohn der Grundstückseigen-
tümerin darauf hingewirkt habe,
dass eine Besichtigung des
Dachspitzbodens unterblieben
sei, seien dahingehende Gutach-
terpflichten stillschweigend ab-
bedungen worden. Eine solche
Auslegung ist fernliegend, da
eine dieser Beschränkung der
Gutachterpflichten entsprechen-
de schriftliche Begutachtung
unvollständig und damit für die
Zwecke des Auftraggebers weit-
gehend unbrauchbar gewesen
wäre. Im übrigen hat der Bekl.
in den Tatsacheninstanzen eine
solche Deutung der Vorgänge bei
der Besichtigung des Hauses nie
in Erwägung gezogen (§ 561 I
ZPO).
Das BerGer. lässt offen, wel-
che Wahrnehmungen bei einer
Besichtigung des Dachspitzbo-
dens im Zeitpunkt der Durch-
führung des Ortstermins hätten
gemacht werden können. Es ist
daher bei der revisionsrechtli-
chen Beurteilung zu unterstel-
len, dass bei einer solchen Be-
sichtigung erhebliche Baumän-
DIE FACHBEREICHE
Sachverständige
gel hätten festgestellt werden
können. Auf der Grundlage die-
ser Sachverhaltsunterstellung ist
davon auszugehen, dass der
Bekl., der sich das Fehlverhal-
ten seiner Mitarbeiter nach
§ 278 BGB zurechnen lassen
muß, seinen Gutachtenauftrag
schlecht ausgeführt und dieser
Pflichtverstoß zur inhaltlichen
Unrichtigkeit des Gutachtens
geführt hat.
Darüber hinaus ist das Ber-
Ger. davon überzeugt, dass ein
„richtiges“ Gutachten die KI.
vom Kauf des Grundstücks ab-
gehalten hätte, das Fehlverhal-
ten des Bekl. mithin für den
geltend gemachten Schaden
kausal ist.
4. Das BerGer. ist gleichwohl
der Auffassung, dass der Bekl.
den KI. nicht nach den Grund-
sätzen der positiven Forderungs-
verletzung zum Schadensersatz
verpflichtet ist.
Es begründet dies damit,
dass – wie unter den Parteien
unstreitig – der Sohn der auf-
traggebenden Verkäuferin, der
den wahren Zustand des Gebälks
gekannt habe, sich gegen- über
den Mitarbeitern des Bekl. die
Schwierigkeiten bezüglich der
Zugänglichkeit des Spitzbodens
zu- nutze gemacht habe, um
diese Mängel zu verheimlichen
und sodann arglistig von dem
Objektiv unrichtigen Gutachten
Gebrauch zu machen. Aufgrund
dieses Verhaltens könne die
Auftraggeberin selbst keine
Ansprüche gegen den Bekl.
wegen schuldhafter Schlechter-
füllung des Gutachtenauftrags
herleiten. Dies könne der Bekl.
entsprechend § 334 BGB auch
den Kl. entgegenhalten (vgl.
auch OLG Köln, NJW-RR
1988,335).
Rüge der Revision
Diese Ausführungen halten,
wie die Revision zu Recht rügt,
der rechtlichen Nachprüfung
nicht stand.
a) Zutreffend geht das Ber-
Ger. davon aus, dass ein Auf-
traggeber, der es bewusst dar-
auf anlegt, dass ein Wertgut-
achten den Erhaltungszustand
des zu begutachtenden Objekts
unrichtig wiedergibt, wegen die-
ses Fehlers keine Schadenser-
satzansprüche gegen den Auf-
tragnehmer geltend machen
kann.
Gutachtervertrag i. d. R.
Werkvertrag
Gutachtenverträge der vor-
liegen- den Art sind als Werk-
verträge gem. § 631 BGB ein-
zuordnen mit der Folge, dass ein
Auftraggeber bei einer schuld-
haft unrichtigen Bewertung des
Grundstücks einen Schadenser-
satzanspruch aus § 635 BGB
oder – wenn der eingetretene
Schaden als (weiterer) Mangel-
folgeschaden einzustufen ist –
wegen positiver Vertragsverlet-
zung herleiten kann (vgl. nur
BGHZ 67, 1 = NJW 1976, 1502
= LM § 638 BGB Nr. 30). Zwar
stünde einem solchen Schadens-
ersatzanspruch die bloße Kennt-
nis der Mangelhaftigkeit des
Gutachtens nicht entgegen, da
§ 640 II BGB in diesem Falle
nur wegen der in den §§ 633,
634 BGB bestimmten Ansprü-
che einen Vorbehalt der Rech-
te des Auftraggebers bei der Ab-
nahme verlangt; auf Schadens-
ersatzansprüche ist diese
Bestimmung nicht anwendbar
(BGHZ77, 134 = NJW 1980,1952
= LM § 13 [A] VOB/B 1973 Nr.
8). Ein Auftraggeber, der die
Mangelhaftigkeit des Gutachtens
gezielt herbeiführt, setzt sich
jedoch dem Einwand der unzu-
lässigen Rechtsausübung aus
(venire contra factum propri-
um), wenn er wegen dieses
Mangels nachträglich Schadens-
ersatzansprüche erhebt (vgl.
Glanzmann
in: RGRK, 12. Aufl.,
§ 640 Rdnr.26). Diesem Arglist-
einwand ist er auch dann aus-
gesetzt, wenn der Vorwurf des
widersprüchlichen Verhaltens
auf ein Tätigwerden seines Ver-
treters zurückzuführen ist (§ 166
I BGB; vgl. hinsichtlich der Zu-
rechnung der Arglist des Ver-
treters im Falle des § 463 BGB
BGHZ 117,104).
Arglist des Bestellers (Ver-
käufers) Schutz des Dritten
(Käufers)
b) Weiterhin befindet sich
das BerGer. im Ansatzpunkt in
Übereinstimmung mit der Recht-
sprechung des BGH, wonach
dem geschützten Dritten, der
seine Rechte aus den Vertrags-
beziehungen der unmittelbaren
Vertragspartner herleitet, grund-
sätzlich keine weitergehenden
Rechte zustehen als dem un-
mittelbaren Vertragspartner des
Schädigers. Daraus hat die
Rechtsprechung gefolgert, dass
sich der durch den Schutzpflich-
tigen schuldhaft geschädigte
Dritte ein Mitverschulden des
Vertragspartners seines Schädi-
gers nach § 254 BGB auch dann
entgegenhalten lassen muß,
wenn dieser Vertragspartner
nicht der gesetzliche Vertreter
oder Erfüllungsgehilfe des Drit-
ten i. S. des § 278 BGB ist
(BGHZ 33, 247 [250] = NJW
1965, 1757 [1759]). Gleiches
gilt für eine vertragliche Frei-
zeichnung (BGHZ 56, 269 [272]
= NJW 1971, 1931). Diese Be-
grenzung des Drittschutzes wird
dabei sowohl dem Rechtsgedan-
ken des § 334 BGB als auch dem
Grundsatz von Treu und Glau-
ben (§ 242 BGB) entnommen.
Beide Begründungen zeigen,
daß es sich hierbei nur um ei-
nen Grundsatz (so ausdrücklich
auch BGHZ 56, 269 [272]), nicht
aber um ein unverrückbares
Prinzip handelt. Das versteht
sich, soweit der Grundsatz von
Treu und Glauben herangezogen
wird, von selbst. Aber auch aus
dem Rechtsgedanken oder – so
das BerGer. – der entsprechen-
den Anwendung des § 334 BGB
ergibt sich nichts anderes.
Die den echten Vertrag zu-
gunsten Dritter betreffende
Bestimmung des § 334 BGB,
wonach dem Versprechenden die
Einwendungen aus dem Vertrage
auch gegenüber dem Dritten
zustehen, ist dispositives Recht.
Diese Vorschrift kann – auch
stillschweigend – abbedungen
werden, was sich insbesondere
aus der Natur des Deckungsver-
hältnisses ergeben kann (BGHZ
93, 271 [275 f. ] = NJW 1985,
1457 = LM § 328 BGB Nr.79).
Wenn es – wie hier – bei der
Ermittlung des Inhalts und der
Reichweite des Drittschutzes
durch Auslegung des Vertrages
darum geht, diese Bestimmung
Schützen & Erhalten · September 2001 · Seite 12