DHBV INTERN – Schützen & Erhalten · September 2001 · Seite IV
oder ordnungswidrigkeitenrecht-
liche Maßnahmen ergriffen wor-
den sind (§ 6 Abs. 1 Satz 2).
Sofern sich nach der Erteilung
eines öffentlichen Auftrages i. S.
d. Gesetzes herausstellt, dass der
Auftragnehmer oder seine Nach-
unternehmen gegen die in §§ 3,
4 sowie 5 Abs. 2 und 3 enthalte-
nen Anforderungen und Verpflich-
tungen grob fahrlässig oder mehr-
fach verstoßen, berechtigt dies
Schadensberechnung bei
Verurteilung wegen Betru-
ges im Zusammenhang mit
rechtswidrigen Preisabspra-
chen-Urteil des BGH vom
11.07.2001 (Az: 1 StR 576/
00)
Der Bundesgerichtshof hat in ei-
ner Presseerklärung vom 17. Juli
2001 über ein Urteil des 1. Straf-
senates vom 11. Juli 2001 berich-
tet. Demnach umfasst der Betrugs-
schaden bei wettbewerbswidrigen
Absprachen die absprachebeding-
ten Preisaufschläge. Dabei kann
ein Mindestschaden in Höhe der
gegebenenfalls vereinbarten
Schmiergelder und Abstandszah-
lungen angenommen werden. Ob
die fraglichen Preise hierbei den
kaum feststellbaren Wertvorstel-
lungen des Marktes entsprechen,
sei dagegen unerheblich.
Der BGH verwarf die Revision
gegen ein Urteil des Landgerichts
München I vom 30.05.2000. Nach
dessen Feststellungen war der
Angeklagte 1989/90 als Vertreter
des Bauunternehmens Heilit & Wo-
erner AG anlässlich der Vergabe
von Aufträgen der Flughafen Mün-
chen GmbH, die sich zu 100 %
in öffentlicher Hand befindet, an
rechtwidrigen Preisabsprachen
beteiligt. Er hatte, um zu höhe-
ren Preisen große Bauaufträge zu
erhalten, mit Vertretern anderer
Bauunternehmen verabredet, dass
sein Unternehmen „herausgestellt“
werde und das niedrigste Ange-
bot einreichen solle, während die
anderen höhere „Schutzangebo-
te“ abgeben sollten. Als Ausgleich
wurden an die nicht zum Zuge
gekommenen Unternehmen „Ab-
standszahlungen“ entrichtet. Diese
Zahlungen und Zuschläge in Mil-
lionenhöhe wurden verdeckt in die
Angebote „hineingerechnet“.
In seinem Urteil stellt der BGH
klar, dass bereits die bloße An-
gebotsabgabe – vor dem Hinter-
DHBV INTERN – INFORMATIONEN NUR FÜR DHBV-MITGLIEDER
Rechtsberatung
Rechtswidrige Preisabsprachen
grund des gesetzlichen Verbotes
von Preisabsprachen in § 1 GWB
– die stillschweigende Erklärung
enthalte, dass dieses Angebot
ohne eine Absprache zustandege-
kommen sei. Dies gelte nicht nur
– wie bereits mehrfach entschie-
den – bei einer förmlichen öffent-
lichen Ausschreibung, sondern
auch bei einer freihändigen Ver-
gabe durch öffentliche oder pri-
vate Auftraggeber. Auch hier hätte
der Auftraggeber anderenfalls
mehrere Unternehmer zur Ange-
botsabgabe aufgefordert. Daher sei
das Landgericht zu Recht von ei-
ner stillschweigenden Täuschung
der Auftraggeberin ausgegangen.
Der vom Angeklagten vertre-
tenen Ansicht, die vereinbarten
Preise seien nicht überhöht und
ein Schaden auf Seiten der Flug-
hafen München GmbH ohne die
Einholung eines Gutachtens nicht
feststellbar, folgte der BGH nicht.
Der Senat musste sich dabei, so
Das Bundesministerium der
Finanzen (BMF) regelt mit
Schreiben vom 5. Juni 2001,
dass nur noch bis zum 31.
Dezember 2001 der Vorsteu-
erabzug aus Rechnungen, in
denen neben dem Bruttobe-
trag nur der Steuerbetrag
vermerkt ist, vorgenommen
werden kann.
Das BMF reagierte mit seinem
Schreiben vom 5. Juni 2001 – IV
Arbeits- und Sozialrecht
Vorsteuerabzug aus Rechnungen
ohne Entgeltausweis
B 7 - S 7280 - 18/01 – auf ein
Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH)
vom 27. Juli 2000 (V R 55/99).
Darin hatte der BFH entschieden,
dass eine Rechnung nicht zum Vor-
steuerabzug berechtigt, wenn das
Entgelt (Nettorechnungsbetrag)
nicht ausgewiesen ist.
Das BMF-Schreiben regelt, dass
das Urteil des BFH allgemeinver-
bindlich anzuwenden ist. Danach
ist der leistende Unternehmer
gemäß § 14 Absatz 1 Satz 1 und
2 Umsatzsteuergesetz (UStG) auf
Verlangen des Leistungsempfän-
gers verpflichtet, Rechnungen aus-
zustellen, die den Bruttobetrag,
das Entgelt und die Umsatzsteu-
er ausweisen. Es wird ferner klar-
gestellt, dass hinsichtlich des
Entgeltausweises und dem damit
verbundenen Vorsteuerabzug die
Vereinfachungsregelung gemäß
Abschnitt 202 Abs. 4 Satz 2 Um-
satzsteuerrichtlinie (UStR) bis zum
31.12.2001 gilt. Diese hat zum
Inhalt, dass ein Vorsteuerabzug
auch vorgenommen werden kann,
wenn neben dem Bruttobetrag
(Angabe des Entgeltes zuzüglich
Umsatzsteuer) noch der Steuer-
betrag vermerkt ist. Ab 1.1.2002
ist ein Vorsteuerabzug nur dann
möglich, wenn die Rechnungen
den Bruttobetrag, das Entgelt und
die Umsatzsteuer ausweisen.
den öffentlichen Auftraggeber zur
fristlosen Kündigung des Vertra-
ges aus wichtigem Grunde.
§ 6 Abs. 3 ermächtigt den
Auftraggeber, Unternehmen, die
nachweislich mindestens grob
fahrlässig oder mehrfach gegen
Verpflichtungen dieses Gesetzes
verstoßen haben, für die Dauer
von bis zu 3 Jahren von der öf-
fentlichen Auftragsvergabe aus-
zuschließen.
Es ist darüber hinaus vorge-
sehen, in einem Runderlass Grund-
sätze zum Ausschluss unangemes-
sen niedriger und hoher Angebote
bei der Vergabe öffentlicher Auf-
träge zu regeln. Hierbei wird im
Wesentlichen vorgeschrieben wer-
den, dass bei einer Abweichung
von 10. v. H. und mehr zum
nächsthöheren Angebot die Ver-
gabestelle gehalten ist, sich mit
der Kalkulation des billigsten An-
gebotes auseinanderzusetzen. Dem
Bieter soll dabei aufgegeben wer-
den, die ordnungsgemäße Kalku-
lation seines Angebotes schlüs-
sig nachzuweisen.
Zwar scheidet ein automati-
scher Ausschluss dieses Angebo-
tes aus. Allerdings ist ein Ange-
bot dann auszuschließen, wenn
der Bieter dem Aufklärungsverlan-
gen des Auftraggebers nicht nach-
kommt.
die Presseerklärung weiter, mit
juristischen Lehrmeinungen aus-
einander setzen, die bei der Scha-
dendsberechnung eine Ermittlung
des Wertes der erbrachten Leistun-
gen für erforderlich halten, was
in der Praxis zu nahezu unüber-
windlichen Schwierigkeiten füh-
ren würde.
Hier stellt der BGH nunmehr
klar, dass bei wettbewerbswidri-
gen Absprachen der Betrugscha-
den die absprachebedingten Preis-
aufschläge umfasse. Dabei kön-
ne ein Mindestschaden in Höhe
der ggf. vereinbarten Schmiergel-
der und Abstandszahlungen an-
genommen werden. Ob die frag-
lichen Preise dabei den kaum fest-
stellbaren Wertvorstellungen des
Marktes entsprächen sei dagegen
unerheblich. Insofern geht der
BGH also von den bisherigen
(strengeren) Anforderungen an den
Nachweis des Betrugsschadens ab.