lagert, die vorgegebene a
W
-Werte erzeugen. Die
Messung kann nun entweder zeitaufgelöst erfol-
gen, z. B. Bestimmung des a
W
-Wertes der Probe
im Vergleich zum vorgegebenen Wert nach einer
Stunde usw. oder aber Bestimmung des a
W
-Wer-
tes im Gleichgewichtzustands, wobei zusätzlich
dokumentiert wird, wie lange es gedauert hat,
bis der Gleichgewichtszustand eingetreten ist.
Zusätzlich wird zu jeder a
W
-Messung der Wasser-
gehalt der Probe gravimetrisch bestimmt.
Es war nicht unproblematisch ein praxisrele-
vantes Messprozedere zu finden, zumal es bisher
keine vergleichbaren Untersuchungen gibt. Die
Aufnahme von Sorptionskurven stellt den Ex-
perimentator vor die Herausforderung, dass es
überraschenderweise sehr lange dauert, bis sich
Gleichgewichtszustände einstellen. Üblicherweise
wartet man bis zu 24 Stunden auf einen konstan-
ten Messwert (Gleichgewicht mit dem a
W
-Wert
des Kalibriersalzes). Dann sehen die Kurven auch
nicht wie erwartet aus. Adsorption und Desorp-
tion kreuzen sich, gern auch mehrfach, zappeln
hin und her… Hier spielen die Wechselwirkungen
mit inneren Oberflächen, Kapillaraktivität etc.
eine große Rolle. An realen Baustoffen wird eben
nicht nur der Wasserdampfdruckgradient, sondern
auch dessen Überlagerung durch Van-der-Waals-
Kräfte und ähnliches abgebildet.
Letztendlich hat sich aus praxisrelevanten
Gründen herauskristallisiert, dass als Prüf-
kriterium die „Entlüftbarkeit“ der Baustoffe
herangezogen werden sollte. Entscheidend ist
also nicht so sehr, ob und in welcher Zeit ein
Baustoff bei Feuchtelast einen bestimmten
a
W
-Wert annimmt, sondern wie schnell er bei
Gradientenumkehr den kritischen a
W
-Wert Be-
reich wieder verlässt.
Dies lässt sich sowohl in Einzelmessungen
als auch in Be- und Entlastungszyklen feststel-
len. Entscheidend sind dabei zwei Kriterien:
langsamer a
W
-Anstieg bei Belastung, schneller
a
W
-Abfall bei Entlastung. Wir bezeichnen das
aufgrund der sich ergebenen Sprungfunktion als
„Entlüftungsdelta“.
Belastungszyklen lassen sich derart gestal-
ten, dass extreme Feuchtelasten und Trocknungs-
phasen auftreten, also ein großes Delta vorge-
geben wird. Messtechnisch wird dann überprüft,
wie schnell und wie „gut“ der Baustoff den äu-
ßeren Bedingungen folgt. Praxistaugliche Bau-
stoffe müssen aber auch schnell und effektiv auf
kleine Deltas reagieren. Bezogen auf die Kon-
densatbildung in Innenräumen bedeutet dies
eine Adaption an hohe Luftfeuchtigkeiten bei
nur geringen Entlastungsmöglichkeiten (kurz-
zeitiges Lüften).
Interessant sind hierbei die 1-Stunden-Wer-
te. Dabei konnte festgestellt werden, dass in-
nerhalb der ersten Stunde der Belastung (95%
r.F., 25°C) extrem schnell hohe a
W
-Werte um 0,8
und höher angenommen werden und diese sich
innerhalb der nächsten 24 Stunden nur wenig
ändern. Bei Entlastung (Entlüftung, 45% r. F.)
fallen die a
W
-Werte bei wirksamen Baustoffen
innerhalb der ersten Stunde deutlich unter 0,8.
Nach 24 Stunden war in allen Proben der a
W
-Wert
der Raumluft erreicht (Bild 5, Bild 6).
Anders verhält es sich mit dem Wassergehalt
der Proben. Hier kann bei fast allen Proben fest-
gestellt werden, dass die Rücktrocknung mit der
Zeit immer schlechter wird. Es verbleibt nach je-
dem Belastungszyklus mehr Wasser im Baustoff.
Dieses Wasserrückhalteverhalten ist baustoff-
spezifisch mehr oder weniger stark ausgeprägt,
tendenziell aber bei allen Proben nachweisbar.
Dabei ist für die Rücktrocknung der Zeitfaktor
unerheblich, auch bei Entlastungsphasen länger
als 24 Stunden (z. B. am Wochenende) wurden
keine besseren Ergebnisse erzielt.
Nun sind äquidistant verteilte Be- und Ent-
lastungszyklen nicht gerade wohnraumtypisch.
Daher wurde auch untersucht, ob Baustoffe in
der Lage sind, trotz längerfristiger Belastung
und ohne Entlastungszyklen, den Anstieg der
Wasseraktivität zu verlangsamen. In einem ak-
tuellen Forschungsvorhaben werden experimen-
telle Baustoffe erprobt, die ein derartiges Ver-
halten zeigen und den Gleichgewichtszustand
mit der Umgebungsfeuchte bis zu drei Tage hi-
nauszögern können.
Die bisherigen Untersuchungen stellen einen
ersten Schritt in eine neue Art der Bewertung von
Baustoffeigenschaften dar. Sie sind längst nicht
ausgereift und müssen weiter an bauphysikalische
Belange angepasst werden. Beispielsweise durch
längere Be- und kürzere Entlastungszeiten, wie
es bei erhöhten Innenraumluftfeuchtigkeiten und
nur kurzen Lüftungsereignissen in Wohnräumen
möglich ist. Aber dennoch lässt sich bereits jetzt
ableiten, dass die relative Feuchtigkeit der Raum-
luft (an der Baustoffoberfläche) eben nicht mit
der Wasseraktivität des Baustoffs gleichzusetzen
ist. Beide Werte stehen in enger Korrelation zu-
einander, sind aber nicht identisch. Die Gründe
dafür sind bereits erläutert worden und lassen
sich auch messtechnisch beweisen. In allen (!)
bisher durchgeführten Messungen, ob nach La-
gerung im Klimaschrank oder durch Befeuchtung
in der Probenkammer durch Kalibiersalze – der
a
W
-Wert der Baustoffe lag immer unterhalb der
angebotenen Luftfeuchtigkeit.
Links – Bild 5:
„Entlüftungsdelta“
bei der Be- und
Entlastung: Während
die a
W
-Werte bei
Belastung im Prüfklima
(95% r. F., 25°C)
einen ähnlichen Ver-
lauf zeigen, sind gra-
vierende Unterschiede
in der Gesamtwasser-
aufnahme erkennbar.
Entscheidende Un-
terschiede sind auch
im Entlüftungs-
∆
zu
sehen. Während Sub-
strat 1 bei Entlastung
(60% r. F.) in der
ersten Stunde ei-
nen nur geringfügig
geringeren a
W
zeigt
(
∆
=0,023), sinkt beim
modifizierten Substrat
der a
W
signifikant
(
∆
=0,16) auf einen
Wert unterhalb des
Schimmel-Kriteriums.
Rechts – Bild 6:
Belastungszyklen:
Während der a
W
-Verlauf
im Probekörper deut-
lich unterhalb den
angebotenen Werten
(95% und 45%, um-
hüllende Linie) bleibt,
ist ein tendenzieller
(hier schwacher) An-
stieg der Restfeuchte
im Prüfkörper erkenn-
bar. Daran ändern auch
längere Entlastungs-
phasen nichts.
Schützen & Erhalten · Juni 2013 · Seite 26