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Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 44

sie auch noch im Herbst/Winter verweht werden

können. Diese Härchen sind die Ursache für eine

Reihe von Krankheitserscheinungen, die als Le-

pidopterismus (von Lepidoptera = Schmetter-

ling) zusammengefasst werden. Die häufigsten

Symptome sind stark juckende Haut-Reaktionen

(Raupenhaar-Dermatitis) und Entzündungen der

Augen/Bindehaut oder der oberen Atemwege.

Das Ausmaß der Symptome ist individuell sehr

verschieden, nimmt aber mit der Häufigkeit und

Stärke der Exposition zu. Bei besonders sensi-

bilisierten Personen können die Brennhaare all-

ergische Schock-Reaktionen auslösen, die sehr

selten sind, aber lebensbedrohlich sein können.

Die Aufnahme der Härchen erfolgt nicht nur durch

den direkten Kontakt mit Raupen oder Nestern,

sondern oftmals durch den bloßen Aufenthalt in

Befallsarealen. Von besonderer Bedeutung sind

deshalb auch Altnester, die viele Monate an den

Bäumen verbleiben können und von denen des-

halb eine anhaltende Gefahr ausgeht.

Um die Auswirkungen von EPS Brennhaaren

auf das private und öffentliche Leben möglichst

gering zu halten, sind Regulierungsmaßnahmen

unumgänglich. Diese Maßnahmen müssen ziel-

gerichtet und möglichst umweltverträglich sein,

gleichzeitig so kostengünstig wie möglich und

dem aktuellen bzw. zu erwartenden Befall gerecht

werden. Nur dann können Betroffene ausreichend

geschützt werden. Zwei verschiedene Maßnah-

menbereiche können unterschieden werden:

1. vorbeugende Behandlungen mit biolo-

gischen/chemischen Insektiziden und

2. mechanische Maßnahmen mit denen be-

reits vorhandene Nester aus den Eichen

entfernt werden.

Welche Bekämpfungsstrategie im Einzelfall zu

nutzen ist, sollte für jeden Einzelfall unter Be-

rücksichtigung der Befallsstärke, der Anzahl zu

behandelnder Bäume, Aspekten der Umweltver-

träglichkeit und den Kosten der Maßnahme ab-

gewogen werden. Bei dieser Abwägung ist zu

berücksichtigen, dass die Nutzung von Insek-

tiziden, egal welcher Art, in der öffentlichen

Diskussion immer kritischer gesehen wird. Lei-

der erfolgt diese Diskussion in den vielen Fällen

ohne die für eine Abwägung der betreffenden

Schutzgüter notwendige Datengrundlage, bzw.

–kenntnis. In der Regel steigt jedoch die Be-

fürwortung vorbeugender Maßnahmen mit dem

Grad der persönlichen Betroffenheit. Denn me-

chanische Maßnahmen sind immer erst zu einem

Zeitpunkt möglich, zu dem die Brennhaare be-

reits ausgebildet sind. Zusätzlich sind sie im Ver-

gleich zur vorbeugenden Behandlung ungleich

aufwendiger und damit teurer.

Bei der Anwendung von Insektiziden ist

rechtlich zwischen Maßnahmen zum Schutz

der Eichen = Pflanzenschutzrecht und solchen

zum Schutz des Menschen = Biozidrecht zu un-

terscheiden. Aus ökotoxikologischen Gründen

werden im urbanen Bereich fast ausschließlich

Bt-, oder Neem-Präparate angewandt. Darüber

hinaus gibt es vielversprechende Ansätze einer

Bekämpfung mit Nematoden. Die Ausbringung

der Produkte erfolgt in der Regel mit schwenk-

baren Sprühkanonen, mit denen eine Applikati-

on bis in Höhen von 25–30 m möglich ist. Auf-

grund der dafür notwendigen Wassermenge und

der feinen Vernebelung ist mit einer erheblichen

Abdrift der Produkte zu rechnen. Bei der orga-

nisatorischen Planung ist dies zum Schutz un-

beteiligter Dritter zwingend zu berücksichtigen.

Zusätzlich gelten für die verschiedenen Produkte

unterschiedlich lange Wiederbetretungsverbote,

die insbesondere im urbanen Bereich bedacht

werden müssen. Für eine erfolgreiche Prophylaxe

sind darüber hinaus der Zeitpunkt der Anwendung

und die vorherrschenden Einsatzbedingungen

von entscheidender Bedeutung. Dafür sind in

Abhängigkeit des gewählten Produkts die Phä-

nologie der Eichen, des EPS und die kommende

Wetterentwicklung zu berücksichtigen. Für In-

formationen zum Schlupfzeitpunkt der Larven

und deren weiteren Entwicklung sollten deshalb

Kontakt zu lokalen Forst- oder Pflanzenschutz-

ämtern bestehen. Da mit den ökotoxikologisch

günstigen Produkten selten eine 100 %-ige Wir-

kung erreicht werden kann, sind Nachkontrollen

und –arbeiten mit anzubieten und in der Kalku-

lation zu berücksichtigen.

Müssen Raupen und Nestern mechanisch

entfernt werden, sind nicht nur Hebebühne und

Hochleistungssauger (Klasse H) notwendig, son-

dern vor allem umfassende Arbeitsschutzmaß-

nahmen. Neben der Erstellung einer Betriebs-

anweisung sind die mit den Arbeiten betrauten

Mitarbeiter zu schulen und auf bestehende Ge-

fährdungen hinzuweisen. Denn trotz des notwen-

digen Vollkörperschutzes, bestehend aus einem

Schutzanzug mit Kopfbedeckung, Atemschutz-

maske (mind. FFP2 mit Ausatemventil), Korb-

brille, Handschuhen und Stiefeln, sind Konta-

minationen mit Brennhaaren nie vollständig zu

vermeiden. Nicht zu unterschätzen ist zudem die

physische Belastung, die zur Sommerszeit mit

dem Tragen der Schutzausrüstung verbunden ist.

Wie bei anderen Bekämpfungsmaßnahmen auch,

ist neben den praktischen Arbeiten bereits vorab

eine umfassende Information und Beratung des

Kunden erforderlich. Um eine Datengrundlage

für Verbesserungen in der nächsten Saison zu

erhalten, sollten nicht nur der Ausgangsbefall,

sondern auch der Erfolg der Maßnahmen ausrei-

chend dokumentiert werden. Denn nach den Er-

fahrungen des letzten Jahrzehnts ist zukünftig

nicht mit einem großflächigen Zusammenbruch,

sondern mit einer weiter anhaltenden Ausbrei-

tung der EPS-Populationen zu rechnen. Insofern

kann deren Bekämpfung als zukunftsträchtiger

Aufgabenbereich durchaus eine Chance sein.

Aufgrund des hohen organisatorischen Aufwands

und der massiven Arbeitsbelastung, insbeson-

dere bei der mechanischen Bekämpfung, ist es

dennoch nicht leicht, damit Geld zu verdienen.

Neben notwendigen Investitionen gilt es auch die

beachtliche Konkurrenz durch GaLaBau-Betriebe

und Baumpflegefirmen als Risiko abzuschätzen.

Kai Gloyna

Dipl.-Biologe/Entomologe

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Landesamt für Gesundheit und Soziales

Mecklenburg-Vorpommern

Abteilung Gesundheit/Fachbereich Prävention

kai.gloyna@lagus.mv-regierung.de

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