Schützen & Erhalten · Dezember 2014 · Seite 42
Resistente Riesenratten in
Nordeuropa? – Meinung
Das Thema zu vermeintlich resistenten Rie-
senratten hielt sich 2014 hartnäckig in den Me-
dien. Angefangen hat es mit einer gefangenen
angeblichen Riesenratte in Schweden. Später
wurde auch ein DSV e.V.-Mitglied zur Situati-
on in Deutschland befragt und Fragmente der
Aussage neben eine Meldung über „Riesenrat-
ten“ gestellt.
Sowohl in der englischen Presse als auch
im Fernsehbeitrag eines deutschen Nachrich-
tensenders kam im Sommer dieses Jahres dann
ein Maximum an Schlagwörtern zusammen. Das
Auftreten von Super- oder Monster-Ratten in
Großbritannien wurde bildreich thematisiert.
Im Fernsehbeitrag waren die Tiere festgestell-
termaßen nicht nur fetter, sondern gleichzei-
tig auch resistent. Gefragt wurde, ob dieses
eine Gefahr für den europäischen Kontinent
bedeutet. Die Möglichkeit einer ungehemmten
Rattenvermehrung wurde angesprochen. Die
britischen Wissenschaftler seien alarmiert. Zu
sehen ist im Kurzfilm auch eine Gruppe flüch
tender Ratten, die zwischen den Gittern eines
Gullys verschwindet. (Dafür sind die Tiere of-
fenbar aber noch schlank genug.) Die Angaben
hinsichtlich der Größe der Tiere waren dann
doch vage, zwischen Länge und Gewicht wurde
kaum ein Unterschied gemacht. Aus der Anima-
tion im erwähnten Fernsehbeitrag entnehmen
wir eine Länge (gemessen von Kopf bis zum
Schwanz) von 60 cm.
Da sogar das Umweltbundesamt im Rah-
men der genannten Fernsehreportage intervie-
wt wurde, haben wir noch einmal nachgehackt
und Herrn Dr. Erik Schmolz zu Ende reden lassen:
Seiner Aussage zufolge ist die Situation für
Deutschland zu relativieren. In Deutschland sei
die Ausbreitung einer Resistenz nicht vergleich-
bar zu den Verhältnissen auf der britischen Insel.
Für die Lage der Rodentizid-Resistenz las-
sen sich die ausführlichen Veröffentlichungen
des Julius Kühn-Instituts in Münster heran-
ziehen. Resistente Individuen der Wanderrat-
te eines bestimmten Genotyps finden nur im
Nordwesten Deutschlands Verbreitung. Für die
Hausmaus ist die Verbreitung resistenter Vari-
anten an unterschiedlichen Fundorten in ganz
Deutschland belegt. Die Berichterstattung hin-
sichtlich der Größe ist als unsachlich zu werten.
Eine überdurchschnittlich große Ratte sei nur in
Schweden gesichtet worden, unklar ist, ob es
sich überhaupt um ein Individuum der Art Rat-
tus norvegicus gehandelt hat. Resistente Wan-
derratten seien zudem definitiv nicht größer als
ihre normal empfindlichen Artgenossen. Selbst
zur Frage, warum gerade in Großbritannien die
Rattenproblematik vergleichsweise ausgeprägter
ist, kann nur vermutet werden. Zum Beispiel
könnte als Ursache die Dichte an Viehhaltungs-
betrieben diskutiert werden.
In der Tat gab es Pressemeldungen britischer
Wissenschaftler zu deren Forschung. Der Begriff
„super rat“ wurde dort nur im Kontext zur Ro-
dentizidresistenz verwendet. Vielleicht gehen
die Gerüchte auf ein Missverständnis bei der
Interpretation der Begriffe Superratte, Monster-
ratte etc. zurück. Dies wird sich sicherlich nicht
klären lassen. Muss es auch nicht, wir wussten
ohnehin, dass an „resistenten Riesenratten“
nichts ’dran ist.
Die Ex-Press
Berufsinformation des DSV e.V.
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Nagetierbekämpfung
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Vorratsschutz
„Aktionsplan
Vorratsschutz &
Leitlinien IPS“
Workshop Berlin
Auf gemeinsame Einladung durch das Julius
Kühn-Institut (JKI) und den Bundesverband der
Agrargewerblichen Wirtschaft e.V. kamen am 1./2
Oktober 2014 etwa 50 Experten aus der Wissen-
schaft, Praktiker sowie Vertreter von Verbänden
zu einem fachlichen Austausch zusammen. Es
war Gelegenheit, sich an der Diskussion zu den
Inhalten eines Aktionsplanes zur Verbesserung
der Situation im Vorratsschutz sowie zu Leitli-
nien des integrierten Pflanzenschutzes im Vor-
ratsschutz zu beteiligen. Grundlage hierfür wa-
ren Arbeitsentwürfe des JKI.
Im Vorratsschutz stehen nur wenige Pflan-
zenschutzmittel zur Verfügung. Daher sind be-
troffene Verbände aufgerufen, oben genannten
Aktionsplan mit ins Leben zu rufen.
Der Auftrag zur Erstellung von Leitlinien für
den integrierten Pflanzenschutz (IPS) generiert
sich allein schon aus der sogenannten Pflanzen-
schutz-Rahmen-Richtlinie, 2009/128/EG. Er rich-
tet sich dabei in erster Linie an behördliche Ein-
richtungen und Organisationen der betroffenen
Berufsstände. Die Erstellung der Leitlinien ge-
schieht auf freiwilliger Basis. Ebenso ist natür-
lich die spätere Beachtung von Leitlinien bei der
Anwendung von Pflanzenschutzmitteln erklärtes
Ziel, sie bleibt aber freiwillig. Angeregt durch
die interessanten Workshop-Beiträge wurden an
zwei aufeinander folgenden Tagen zentrale The-
men des Integrierten Pflanzenschutzes im Vor-
ratsschutz herausgearbeitet. Die Bildung von Ar-
beitsgruppen und die weitere Vorgehensweise für
Aktionsplan und Leitlinien wurden beschlossen.
Die Schädlingsbekämpfer waren durch den
DSV e.V. wie auch durch den VFöS e.V. aktiv ver-
treten. Die Entwicklungen werden durch den
DSV e.V. beobachtet und begleitet.
Ebenfalls ist geplant, sich bei den Leitlinien
für den integrierten Vorratsschutz zu beteiligen
und die Expertise einfließen zu lassen.
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